21.07.2005, 13:17 Uhr

Kamera schaut um die Ecke

US-Forscher haben ein Kamera- und Projektionssystem gebaut, mit dem die Rückseite von Objekten rekonstruiert werden kann.
Das System der Forscher berechnet anhand der Reflexionen der Karte auf die Buchseite deren Aussehen. (Bild: pd)
Es könnte als billiger Gauklertrick missverstanden werden, was Forscher der US-Universitäten Stanford und Cornell in einem Bericht anlässlich der Grafikmesse Siggraph 2005 vorführen. Sie können nämlich den Wert einer Jasskarte erkennen, obwohl nur die Rückseite sichtbar ist. Der anscheinend billige Taschenspielertrick basiert auf einem Verfahren, das die Forscher «Duale Fotografie» nennen. Es nutzt das physikalische Phänomen der Umkehrbarkeit des Lichtwegs, das auch nach dessen En tdecker Helmholtz Reziprozität genannt wird. Dabei bleiben die Eigenschaften der Lichtstrahlen erhalten, wenn diese Kehrt machen.
Das System der Forscher besteht nun aus einer digitalen Kamera und einem digitalen Projektor. Der Strahler schickt eine Reihe schwarzer und weisser Bildpunkte auf ein Objekt und die Kamera nimmt die Reflexionen auf. Das Herz des Systems ist ein Computer, der aus den Veränderungen der Lichtinformationen berechnet, was der Projektor sehen würde.
Beim Kartentrick wird Licht von der Kamera registriert, das von einer mehrheitlich weissen Buchseite im Hintergrund reflektiert wird. «Wenn der Projektor also einen roten Teil der Karte, wie etwa das Herz, bescheint, färbt sich das Papier an einer bestimmten Stelle leicht rot», erklärt Pradeep Sen von der Stanford-Universität. «Diese Informationen beobachtet die Kamera und unsere Algorithmen bestimmen, dass die Kamera an der bestimmten Stelle der Karte etwas Rotes gesehen haben muss», so Sen weiter. Auf diese Weise setze man das Bild Pixel für Pixel zusammen.
Dieses System mussten die Forscher allerdings optimieren. Denn die Berechnung von 800000 Pixeln, die der Projektor ausspuckt, hätte sieben Tage gedauert. Durch die Bestrahlung der Objekte mit Schwarzweiss-Mustern konnte die Zeit auf 14 Minuten reduziert werden. Zudem mussten sie einen Weg finden, um das optische Rauschen zu korrigieren.
Sen und seine Kollegen wollen nun aber nicht mit ihrem System über die Jahrmärkte tingeln. Als eines der ersten Anwendungsgebiete der Technik wird die Filmindustrie anvisiert. Hier könnten etwa Schauspieler separat aufgenommen und danach in eine Szene eingepasst werden, und zwar so, dass es nicht mehr unnatürlich aussieht, sondern dass etwa Farbreflexionen der Umgebung auf dem Gesicht sichtbar werden.
«Stellt man einen Schauspieler in eine Dschungelszene, würde sein Antlitz einen grünen Schimmer sowie entsprechende Schattenwürfe der Pflanzen erhalten», meint Sen. Der Forscher schätzt, dass etwa in fünf Jahren der erste Hollywood-Streifen mit seiner Technik versehen werden könnte.



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