Datenschutz 15.06.2023, 09:33 Uhr

SBB braucht nun doch keine Gesichtsüberwachung an Bahnhöfen

Die Schweizerischen Bundesbahnen schreiben den Auftrag für das umstrittene IT-System neu aus. Der EDÖB soll die Angebote im Hinblick auf das Datenschutzgesetz prüfen.
Symbolbild
(Quelle: SBB)
Im Februar dieses Jahres wurde durch eine Recherche des Magazins K-Tipp bekannt (Bezahlartikel), dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB plante, ab kommendem Herbst an grösseren Bahnhöfen dutzende Kameras zu installieren. Beispielsweise möchte die SBB wissen, welche Wege Reisende im Bahnhof wählen, wie lange sie sich dort aufhalten, welche Läden besucht werden oder was dort gekauft wird. Was die Gemüter erregte: Zudem möchte die SBB aber auch Alter, Geschlecht, Grösse und mitgeführtes Gepäck erfassen – mit Gesichtserfassung. Diese Daten hätten möglicherweise mit den Fahrgastdaten verknüpft werden können, was eine beinahe umfassende Überwachung der Reisenden ermöglichen könnte. Nach zahlreichen negativen Reaktionen, relativierte die SBB ihre Pläne, es sei keine Gesichtsüberwachung geplant.
Jetzt wurden die Kamera-Pläne offenbar nochmals grundlegend überdacht. Denn wie SRF News berichtet, schreiben die Schweizerischen Bundesbahnen den Kamera-Auftrag neu aus.
Ein Erkennen von Alter oder Geschlecht ist jetzt nicht mehr nötig: «(...)  verzichtet die SBB in der Ausschreibung für ein neues Kundenfrequenzmesssystem nach einer Nutzenabwägung auf die Option, Kundensegmente nach Alter, Geschlecht oder Grösse zu erfassen». Der Datenschutz sei für die SBB zentral.
Dem Bericht zufolge wurde der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) dazugeholt. Dieser soll die eingereichten Angebote datenschutztechnisch überprüfen. «Erst nach Konsultation des EDÖB wird sich die SBB für ein Angebot entscheiden. Der Zuschlag wird nur erteilt, wenn der Datenschutz vollumfassend eingehalten wird», schreibt die SBB.
Die Vergabe erfolgt voraussichtlich im vierten Quartal 2023; ein Einsatz ist ab Anfang 2025 geplant.

Computerworld meint

Dieser Schritt ist sehr zu begrüssen. Auch wenn es angeblich nicht geplant war, die Gesichtserkennung zu nutzen, allein die Möglichkeit, diese Daten für Analysen zu nutzen, wäre wohl zu verführerisch gewesen. Die SBB sammelt, wie grosse Techkonzerne, fleissig Daten über die Reisenden (Stichwort: SwissPass). Der Gedanke an eine mögliche umfassende Überwachung während des Reisens ist einfach nur gruselig. Dass der EDÖB jetzt (endlich) ins Boot geholt wird, ist die richtige Entscheidung - schade wurde dies nicht gleich zu Beginn gemacht.



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