Computerworld vor 30 Jahren
28.12.2018, 12:00 Uhr
Smarte IT in der Schweiz – schon 1988
Das Jahr 1988 war geprägt vom Wettstreit der IT-Konzerne um die PC-Vorherrschaft. Am CERN traf Tim Berners-Lee den smarten Entscheid: Der erste Web-Server lief auf NeXT.
Microsoft Windows war Ende der 1980er-Jahre ein Nischenprodukt, wie es heute macOS ist. In den Unternehmen und insbesondere in der Wissenschaft dominierten Unix-Betriebssysteme. Auf den vergleichsweise wenigen Desktops lief ebenfalls Unix oder das klassische Mac OS oder MS-DOS – teils mit Windows als grafischer Bedienoberfläche.
Die Ähnlichkeit zwischen den Bedienkonzepten von Apple und Microsoft Windows war frappant. Fenster repräsentierten Programme, überlappende Fenster parallel arbeitende Programme, Fenster liessen sich minimieren und maximieren. Apple wähnte sein geistiges Eigentum am Bedienkonzept in 189 Fällen verletzt und zettelte im März 1988 einen Rechtsstreit gegen Microsoft und Hewlett-Packard an (die NewWave-Oberfläche basierte auf Windows).
Der Streit sollte erst vier Jahre später entschieden werden: Zunächst liess das Gericht im Juli 1989 nur 10 der ursprünglichen 189 Anklagepunkte für das Verfahren zu. Im April 1992 entschied das Gericht schliesslich, dass die übrigen Elemente nicht durch das Urheberrecht geschützt werden könnten. Alle nachgängigen Versuche Apples, das Urteil anzufechten oder weiterzuziehen, blieben erfolglos.
Abgesang auf Apple
Die Computerworld stimmte schon im Jahr 1988 einen Abgesang auf Apple an. Das Unternehmen habe seine «grosse Stunde verpasst», titelten die Kollegen in der Ausgabe vom 28. November 1988. Die grafischen Benutzeroberflächen seien noch nie so verbreitet gewesen und Apple könnte sich als Schöpfer selbst auf die Schulter klopfen. Allerdings gäbe es neu diverse Nachahmer: Microsoft hatte gerade Windows 2.0 lanciert und IBM den «Presentation Manager» angekündigt. Angesichts der neuen Situation stellte Computerworld die Frage, ob Apple selbst mit der Entwicklung noch Schritt halten könne. «Der wahre Gewinner der neunziger Jahre wird das Unternehmen sein, das die Standards setzt. Die führenden Entwickler und Anwender werden nämlich in einer standardisierten Umgebung arbeiten wollen», wurde Jonathan Seybold, Herausgeber des Seybold Computing Reports, zitiert. Hätte Apple seine Benutzeroberfläche lizenziert, wäre daraus allenfalls ein Industriestandard geworden. Die Gelegenheit habe Apple nun aber vermutlich verpasst.
Einen Hauptgrund sah Computerworld in der «Zwangsjacke», die Apple den Programmierern überstreifte. Sie mussten ihre Applikationen gemäss bestimmten Richtlinien entwickeln, wodurch die Anwender alle Applikationen ohne langes Lernen einsetzen konnten. Die Geschichte lehrt uns: Apples «Zwangsjacke» war zu eng. Microsoft liess den Entwicklern mehr Freiheiten – und den Unternehmen mit den ersten Versionen von Excel sowie Word gute Argumente für den Einsatz von Windows. Hinzu kam, dass die vielversprechende Gemeinschaftsentwicklung von IBM und Microsoft, OS/2, ebenfalls das Windows-GUI nutzte (Presentation Manager). Den Durchbruch schaffte Redmond allerdings erst mit Windows 3.0, das im Mai 1990 veröffentlicht wurde.