22.02.2008, 09:09 Uhr

«Künftig weniger Patches»

Parallel zu Windows Server 2008 lanciert Microsoft dieses Jahr zahlreiche Softwareneuheiten. Für Microsoft-Schweiz-Chef Peter Waser ergibt sich daraus eine Stärkung der gesamten Microsoft-Business-Plattform.
Microsoft-Schweiz-Chef Peter Waser: «Windows Server 2008 ist ein grosser Schritt vorwärts.»
Microsoft hat in den nächsten zwei Monaten einiges vor: Windows Server 2008 (Longhorn) kommt auf den Markt. Daneben wird SQL Server 2008 und Visual Studio 2008, aber auch das Service Pack 1 von Vista ausgeliefert. Computerworld sprach mit Peter Waser, Chef von -Microsoft Schweiz, über die Produkteflut.
Computerworld: Herr Waser - welche Bedeutung hat Windows Server 2008? Handelt es sich um ein reines Update, eine Modellpflege?
Peter Waser: Auf keine Fall! Windows Server 2008 ist ein sehr wichtiger, grosser Release für Microsoft, unsere Partner und Kunden. Und zwar in zeitlicher wie technologischer Hinsicht. Die Lancierung der Vorgängerversion Windows Server 2003 liegt bereits fünf Jahre zurück. Und dies ist die Zeitspanne, in der Microsoft mit seinen Produkten auch jeweils technologisch einen Sprung nach vorne macht. Nach unseren Erfahrungen entspricht dieser Rhythmus auch dem Zyklus, in dem viele Firmen ihre Programme erneuern. Auch technologisch ist Windows Server 2008 klar ein Meilenstein. Dabei wurde massgeblich in fünf -Bereiche investiert: Web, Sicherheit, Virtualisierung, Verwaltbarkeit und Zuverlässigkeit.
Zentral sind etwa die neuen Sicherheits-Funktionen wie Network Access Protection (NAP), das den Netzwerkzugriff regelt. Damit reagieren wir auf das Bedürfnis vieler Firmen, Mitarbeiter mit mobilen Geräten auszustatten. Kommen sie vom Aussendienst zurück, sorgt NAP dafür, dass sie sich nur in die Firmen-IT einklinken können, wenn ihr Gerät den neusten Sicherheitsrichtlinien entspricht. Sonst wird sein Gerät auf den aktuellsten Stand gebracht.
Eine weitere Schlüsseltechnologie ist Hyper-V, die in Windows Server 2008 integrierte Server-Virtualisierungslösung. Sie ist elementarer Bestandteil unserer Virtualisierungsstrategie. Diese geht jedoch weit über reine Server-Virtualisierung hinaus.

Wie haben Sie Ihre Distributoren und Partner vor dem Tag X informiert und gebrieft?

Es gibt in diesem Sinne keinen Tag X für die Lancierung eines Produktes wie Windows Server 2008. So etwas ist ein längerer Prozess der Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Diese sind um einiges früher involviert, haben bereits Beta- und Vorversionen implementiert und erhalten vor dem allgemeinen Rollout die fertigen Versionen. Unsere Partner sind für uns wichtige Multiplikatoren. Daher ist es uns sehr wichtig, dass sie optimal auf die kommenden Projekte vorbereitet sind. Breite Unterstützung erhalten wir auch lokal von Industriegrössen wie Hewlett-Packard, Citrix, Sogeti, Trivadis und vielen anderen.

Richtet sich Windows Server 2008 primär an ihre bestehende Kundschaft? Oder wollen sie auch Unix- und Linux-Kunden gewinnen?

Es ist natürlich immer auch unser Ziel, den Kundenkreis zu vergrössern. Aber primär richtet sich Windows Server 2008 an Firmen, die Windows Server 2003 einsetzen und besonders auch an jene, die noch mit Windows Server 2000 operieren und - warum auch immer - nicht auf Windows 2003 migriert sind. Der Umstiegswille dürfte dort am grössten sein. Wir sind aber auch pragmatisch und bleiben realistisch: Es gibt Firmen, die erst vor einem oder eineinhalb Jahren ein Upgrade durchgeführt haben. Diese werden natürlich nicht gleich eine weitere Migration in Angriff nehmen, sondern ihren Upgrade-Zyklus beibehalten.

Wie sieht die Verteilung derzeit aus zwischen den Serversystemen in der Schweiz?

Bei gut zwei Drittel der Installationen in der Schweiz läuft Windows Server 2003, rund ein Fünftel ist noch mit Windows Server 2000 bestückt. Der Rest verteilt sich auf die älteren Ausgaben.

Mit welcher Adaptionsrate rechnen Sie in der Schweiz? Wieviele Windows-Server-2008-Installationen werden Sie in einem Jahr haben?

Wir gehen davon aus, dass hierzulande bis zum Ende dieses Jahres bereits mehr als zehn Prozent der installierten Basis mit Windows Server 2008 betrieben werden.

Und welche Adaptionsrate erwarten Sie weltweit?

Die Schweizer Anwender agieren nach unserer Erfahrung eher konservativ. Weltweit dürfte die Adaptionsrate klar höher sein.

Vista ist ein Jahr auf dem Markt, nach wie vor ist die Akzeptanz bei den Anwendern gering. Viele lassen sich noch XP beim PC-Kauf installieren. Wie wird Windows Server 2008 dazu beitragen, dass Vista grössere Anteile ergattern kann?

Hier muss ich Ihnen widersprechen. Windows Vista wurde bereits über 100 Millionen Mal verkauft und verbreitet sich schneller als jedes Betriebssystem zuvor. In der Schweiz hat etwa erst neulich die Stadt Zürich entschieden, alle 15000 PC-Arbeitsplätze mit Vista auszurüsten. Auch die Bundesverwaltung will auf Vista migrieren. Windows Server 2008 wird diesen Trend sicher unterstützen, da sich erst im Zusammenspiel beider Betriebssysteme die Vorteile voll ausschöpfen lassen. Windows Server ist das Fundament der Microsoft-Lösungsplattform. Darauf sind alle anderen Komponenten abgestimmt.

Umgekehrt gefragt: Braucht es Vista-Clients, um auf Windows Server 2008 zugreifen zu können oder läuft alles auch mit XP-Clients?

Windows Server 2008 benötigt nicht zwingend Vista als Client. Wir legen grossen Wert auf Rückwärtskompatibilität.

Sie lancieren ja mit Windows Server 2008 auch noch SQL Server 2008 und Visual Studio 2008. Müssen bei einem Update auf Windows Server 2008 auch alle Umsysteme migriert werden?

Auch hier gilt dasselbe wie bei Vista und Windows Server 2008: Die Programme spielen ihr wahres Potenzial am besten aus, wenn sie alle auf dem neusten Level sind. Eine grundsätzliche Voraussetzung ist dies aber natürlich nicht. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass wir durch die Lancierung der verschiedenen Updates in einem so kurzen Zeitraum versuchen, so viele Firmen wie möglich dazu zu bewegen, mit Windows Server 2008 beispielsweise auch den Datenbankserver SQL Server 2008 einzusetzen.

Zurück zur Security und Stabilität: Windows Server 2008 ist nach dem Secure Development Model entwickelt. Gibt es künftig weniger Patches?

(Lacht) Wir unternehmen fortlaufend enorme Entwicklungsanstrengungen zur Verbesserung unserer Produkte. Und diese Anstrengungen haben sich bereits ausgezahlt denn die Anzahl unsere Patches hat abgenommen. Dieser positive Trend wird sich mit Windows Server 2008 auf jeden Fall fortsetzen und ist direkte Folge von SDM und dem Trustworthy Computing, bei dem wir unsere Programmiermethoden umgestellt und Sicherheit und Stabilität zum vorrangigen Kriterium erhoben haben. Auch reduzieren neue, auf Rollen basierte Installationsoptionen wie «Server Core» den Patchaufwand massgeblich.

Sie haben bereits Virtualisierung als zentrales Thema in Windows Server 2008 erwähnt. Nun fehlt aber Hyper-V bei der Lancierung des Hauptprodukts. Vergeben Sie sich dadurch nicht die Chance, gegenüber VMware Boden gut zu machen?

Natürlich wäre es angenehmer für uns und unsere Kunden, wenn Hyper-V gleichzeitig mit Windows Server 2008 ausgeliefert würde. Andererseits ist es wichtig, dass wir das Produkt erst ausliefern, wenn es wirklich fertig ist. In diesem Zusammenhang sind die gut 180 Tage Differenz verkraftbar. Was die Konkurrenz anbelangt, so sehe ich Hyper-V sehr gut aufgestellt, nicht zuletzt, weil wir unsere Lösung für Servervirtualisierung im Gegensatz zu Mitbewerbern ohne Aufpreis mitliefern.

Sie sprechen vom Preis. Ändern Sie mit Windows Server 2008 ihr Lizenzierungsmodell?

Nein. Wir werden die jetzige Lizenzstruktur beibehalten.

Ich frage dies auch im Hinblick auf ein derzeit heiss diskutiertes Thema, nämlich Software as a Service. Microsoft hat ja auf Client-Seite bereits erste Annäherungsversuche unternommen, aber das Konzept nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Wie sieht es auf der Server-Seite aus?

Microsoft hat sich «Software und Service» auf die Fahnen geschrieben. Wir meinen, dass es für bestimmte Aufgaben am besten ist, Software auf dem eigenen Rechner installiert zu haben. Dann gibt es aber auch Situationen, bei denen SaaS Sinn macht, etwa wenn Sie unterwegs mit mobilen Geräten operieren. Wir wollen das jeweils Beste aus beiden Welten anbieten. Daher auch die Betonung auf dem «und» zwischen Software und Service. Dabei sind wir übrigens nicht die einzigen. Selbst Google, auf die sie mit ihrer Frage auch abzielen, bietet nicht nur Onlineapplikationen an, sondern verkauft im Firmenumfeld Software.

Bill Gates zieht sich aus dem Geschäft zurück. Wie wird das die Weiterentwicklung der Produkte beeinflussen? Fehlt jetzt nicht der Visionär?

Zum einen bleibt Bill Gates der Firma als Chairman erhalten und kümmert sich vermehrt um seine Stiftung - was ich eine gute Sache finde. Auch hat er seinen Rückzug von langer Hand vorbereitet und das operative Geschäft schon vor einiger Zeit abgegeben. Zudem hat er mit Ray Ozzie und Craig Mundie äusserst fähige Leute, welche die Entwicklung der Firma und der Software vorantreiben. Statt nur einem hat Microsoft nun mehrere Visionäre.

Nach der Produktlancierung ist ja auch vor der Produktlancierung. Wohin geht die Reise bei der Softwareentwicklung von Microsoft?

Lassen Sie uns doch zunächst die Fertigstellung der jetzigen Generation feiern! Aber klar, unsere Software wird sich künftig weiter in Richtung Bereitstellung von Services auch im Internet entwickeln. Besonders wichtig dabei ist, wie effizient und passend Werbung von den Dienstleistern bereitgestellt werden kann. In diesem Sinne ist auch Microsofts Kauf von aQuantive zu sehen.

Diese Bemühungen richten sich gegen Google. Gerade bei der Websuche sehe ich aber Defizite bei Microsoft. Persönlich lande ich jedenfalls immer wieder bei Google...

Wir haben bereits viel in die Verbesserung unserer Suchverfahren und -algorithmen gesteckt. Und wir testen die Fortschritte regelmässig. Dabei stellen wir fest, dass sich unsere Bemühungen beginnen auszuzahlen. Gerade für lokale Suchanfragen, also für die Schweiz, sind die Ergebnisse mit Live besser und relevanter als jene der Konkurrenz.



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