Ausblick 30.07.2015, 10:00 Uhr

Das kommt nach Windows 10

Windows 10 markiert aus heutiger Sicht das Ende der grossen Betriebssystem-Releases. Aber: Ist Windows 10 wirklich Microsofts letztes Windows? Computerworld glaubt nicht daran.
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(Quelle: Microsoft)
Mit Windows 10 führt Microsoft das Liefermodell «Windows as a Service» ein. Künftige Updates werden einfach eingespielt, Sicherheits-Patches für die am weitesten verbreitete Software der Welt kommen ebenfalls automatisch. Vorerst ist der «Service» kostenlos -- zumindest für Benutzer von Windows 7 und Windows 8. Bis anhin hat sich Microsoft noch nicht dazu geäussert, was nach dem einen Jahr kostenloser Updates geschehen wird.
Ein (naheliegender) Gedanke ist: Windows folgt dem Beispiel Office. Das Büropaket vertreibt Microsoft schon heute bevorzugt als «Service» ? als Office 365. Die Anwender zahlen eine vergleichsweise geringere Abo-Gebühr und dürfen die Software auf diversen Geräten nutzen. Neben PC und Notebook zählen auch das Android-Smartphone oder das iPad dazu. Dieses Modell bietet sich ebenfalls für Windows an. Der User kann auf allen seinen Devices Windows nutzen und zahlt einen jährlichen Betrag für den Betrieb und die Updates. Nach einem Jahr dürfte die Zahl der Nutzer von Windows (10) so gross sein, dass sich selbst ein Abo-Vertrag mit einem Bruchteil der Anwender schon für Microsoft rechnet. Alle Verweigerer werden anderweitig monetarisiert, beispielsweise mit Werbe-Einblendungen. Diese Praxis gibt es heute schon ? bei Office und den Hotmail/Microsoft/Live-Konten.

Windows soll (muss) besser werden

Um maximal viele Abo-Kunden zu gewinnen, muss Microsoft den (vorübergehend) nicht-zahlenden Usern das Windows (10) schmackhaft machen. Das funktioniert einerseits mit einem attraktiven und grossen Funktionsumfang, den schon Windows 10 heute mitbringt. Die Spracherkennung Cortana, der schnelle Web-Browser Edge, die Option für mehrere virtuelle Desktops und das einheitliche Bedienkonzept über Plattformgrenzen hinweg sind schon jetzt gute Argumente.
Quelle: Microsoft
Die Spracherkennungs-Algorithmen von Cortana, die Performance von Edge und auch die Unterstützung multipler Plattformen können aber heute erst so gut sein, wie die Microsoft-Programmierer sie sich ausgedacht haben. Bei der Optimierung half ihnen zwar die Rückmeldung von Millionen Beta-Testern, nun kommen aber Milliarden Feedbacks. Von den Geräte- und Software-Herstellern folgen weitere Vorschläge, wie Microsoft die «Kinderkrankheiten» seines jüngsten Windows-Sprosses kurieren kann.
Daneben haben die Entwickler auch noch eigene Ideen: US-amerikanische Redaktoren wie Mary Jo Foley kolportieren Pläne, nach denen schon im Herbst das erste grössere Update («Threshold 2») ansteht. Dann folgen Funktionen wie «Enterprise Data Protection» zum Trennen von geschäftlichen und privaten Daten auf PCs, der «Business Store» zum Verteilen von Apps innerhalb von Unternehmensnetzwerken sowie eine tiefere Integration von Skype in die Kommunikationskanäle Chat, Telefonie sowie Video.

Smartphone als PC-Ersatz

Microsoft ist auf dem Desktop nach wie vor eine Macht. Allerdings schrumpft der PC-Markt seit Jahren. Tablets und insbesondere Smartphones gelten als die neuen Bestseller. Auf beiden Plattformen ist Windows eher unterrepräsentiert, wenn nicht gar ein Exot. Bis anhin versuchte Microsoft, die aufstrebenden Märkte in Afrika, Asien und Südamerika für Windows Phone zu begeistern. Diese Strategie wird angesichts von neuen Smartphones mit Dual-Sim offenbar auch weiterverfolgt. Viele Smartphone-Besitzer in den Emerging Markets besitzen zwei Sim-Karten -- um die schlechte Netzabdeckung durch mehrere Provider wett zu machen. In den gut ausgebauten Märkten Zentraleuropas wird die zweite Sim-Karte kaum benötigt, entsprechend ist der Doppeleinschub kein echtes Kaufargument. So sind Märkte wie die Schweiz auch nicht das erste Verkaufsziel dieser Geräte (abzulesen an der verzögerten Markteinführung von Neuheiten hierzulande).
Interessant wird Windows Phone auch in der Schweiz, wenn es Funktionen für das Business mitbringt. Eine ist bereits vorhanden: Die zentrale Verwaltung von Geschäfts-Handys durch die Firmen-IT. Wer wie viele Unternehmen hierzulande auf Microsofts System Center als Client-Management setzt, kann Windows Phone wie andere Endgeräte verwalten. In Zukunft wird unter anderem auch das Ausrollen von (Universal) Apps auf die Handys möglich sein.
Quelle: Microsoft

Mit dem Handy auf Geschäftsreise

Die zweite Business-Funktionalität steckt noch in den Kinderschuhen: Windows Phone lässt sich zum Beispiel auf Reisen als abgespeckter Client verwenden. Dafür bringt das System Support für externe Tastaturen und Monitore mit. Mit aktueller Hard- und Software benötigen die User noch ein spezielles Keyboard und einen Miracast-Adapter für den Display-Anschluss. In Windows Phone 10 will Microsoft diese Technologie noch ausbauen. Entspricht heute die Darstellung auf dem Bildschirm derjenigen auf dem Telefon, soll künftig die Anzeige je nach Display optimiert (vergrössert) werden. Der Geschäftsreisende würde dann nur noch sein Smartphone benötigen, wenn er für eine Präsentation zum Kunden fährt. Dann könnten das iPad, der Laptop und auch der Projektor im Büro bleiben. Selbstverständlich bleibt auch Apple (iOS) und Google (Android) die weitergehende Nutzung der Smartphones nicht verborgen. Beide haben oder werden eigene Lösungen für Mobile-Szenarien bringen.

Wachstumsmärkte für Windows

Das grösste Wachstum der nächsten Jahre erwarten Marktforscher wie Gartner, IDC und Ovum im Internet of Things. Das Vernetzen von Alltagsgegenständen und Industrieprodukten sei ein Milliardengeschäft. Juniper Research prognostizierte jüngst, dass in diesem Jahr 13,4 Milliarden Dinge ans Internet angeschlossen sein werden. 2020 sollen es 38,5 Milliarden sein (Wachstum: 285 Prozent). Mit drei IoT-Versionen von Windows 10 will Microsoft diesen Markt bedienen: Eine Software arbeitet ohne grafische Bedienoberfläche, eine zweite nur mit Kommandozeile und die dritte besitzt Fenster-Interface. Die Anwendungen sind so mannigfaltig wie die Geräte, auf denen Windows künftig laufen kann: Autos, Drohnen, Fernseher, Funksender, Haussteuerung, Kühlschränke, Velos und Waschmaschinen.

Windows-Apps ersetzen das Heimkino

Ausserdem soll Windows in der virtuellen Welt präsent sein. Dafür entwickelt Microsoft die Datenbrille HoloLens. Das Wearable besitzt halbdurchsichtige Linsen, Bewegungssensoren und Lautsprecher. In ein Fenster im Inneren der Brille projiziert ein Grafikprozessor das virtuelle Bild einer Applikation, etwa eine Bedienoberfläche einer App oder einen Videochat. Mit der Projektion kann der Brillenträger interagieren, etwa durch einen Fingerzeig einen Mausklick simulieren.
Quelle: Microsoft
Die Projektionen in der virtuellen Welt lassen sich an einem Ort fest platzieren oder auch im «Follow me»-Modus relativ vom Brillenträger lokalisieren. Diese Option bietet sich an, wenn zum Beispiel ein Skype-Gespräch in einem anderen Raum fortgesetzt werden soll. Dabei ist die App-Darstellung beliebig skalierbar -- von der Briefmarkengrösse zur wandfüllenden Projektion.
Statt eines Beamers oder 90-Zoll-Fernsehers kann der Heimkino-Fan in Zukunft eine Microsoft-Brille nutzen. Auf einen dedizierten Raum ist er dann nicht mehr angewiesen, liefert HoloLens doch auch dreidimensionalen Klang. Windows liefert die notwendige Software-Plattform für HoloLens. Microsoft verspricht, dass Entwickler schon heute Apps für die Datenbrille schreiben können. Alle «Universal Apps» (plattformübergreifenden Programme) sollen sich ohne eine zusätzliche Zeile Programmcode auch für die virtuelle Darstellung mit HoloLens nutzen lassen.



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