Jubiläum
19.05.2015, 18:51 Uhr
20 Jahre Java - eine steile Karriere
Heute ist Java - mit neun Millionen Entwicklern - die Weltprogrammiersprache Nummer eins. Danach sah es vor 20 Jahren gar nicht aus. Was hat Java so beliebt gemacht? Ein Gespräch mit Java-Pionier Georges Saab.
Vor 20 Jahren nahm keiner Java so richtig ernst. Die heute extrem beliebte Programmiersprache erblickte unter schwierigen Geburtswehen das Licht der Welt. Eine steile Karriere wart ihr nicht in die Wiege gelegt. Die Hardcore-Anhänger der echten Compilersprachen (namentlich C/C++/Fortran) rümpften die Nase über den tolpatschigen Winzling, der bald auch noch ein kleines Brüderchen - JavaScript - zur Seite gestellt bekam. Und sie hatten recht mit ihrer Kritik: Java begann als sogenannte Interpretersprache, die erst noch kompiliert, also in Nullen und Einsen übersetzt, werden muss, damit der Computer/Prozessor sie auch versteht. Dieser notwendige Übersetzungsprozess drückte massiv auf die Performance. Für business-kritische Projekt war deshalb Java - anfangs - nicht zu gebrauchen. Zu langsam, zu leicht, ein Leichtgewicht.
Georges Saab, Java-Pionier
Heute gehört das plattformunabhängige Java zum Pflichtprogramm eines jeden Informatikstudenten. Auch performance-kritische Systemroutinen im Backend werden - von neun Millionen Entwicklern weltweit - vorzugsweise in Java entwickelt, von Anwendungen gar nicht zu reden. Ermöglicht haben das extrem grosse Performance-Gewinne bei Prozessoren, Servern, Laptops und Mobiles. Der Zeitaufwand fürs Kompilieren des Sourcecodes fiel irgendwann dann gar nicht mehr ins Gewicht. «Java ist sehr schnell sehr erwachsen geworden», sagte Georges Saab, der die Karriere des Programmiersprösslings von Anfang an aktiv begleitet hat, anlässlich eines telefonischen Geburtstagsständchens. Im Popularittsindex-Index TIOBE, der seit 2001 erhoben wird, landete Java regelmässig zusammen mit «C» auf Platz eins oder zwei. Im aktuellen Ranking (Mai 2015) verteidigte Java ganz knapp vor «C» den goldenen ersten Platz. Mit grossen Abstand folgen «C++» (Bjarne Strousstrup), «Objective-C» (Apple), «C sharp» (Microsoft), «Python» und «JavaScript».
Georges Saab, Java-Pionier
Java ist ein Slang-Ausdruck für «Kaffee». Erfunden hat die Sprache der damaligen Chef von Sun Microsystems Scott McNealy, der mit der Namensgebung in weiser Vorausschau der inspirierenden Wirkung Worte verlieh, die Java auf die Entwicklergemeinden weltweit ausüben sollte. McNealy selbst hat vom Welterfolg seines (kostenlosen) Java nicht viel gehabt. 2010 wurde Sun Microsystems von Oracle aufgekauft. Haupt-Asset war allerdings die Hardware. Java nahm der damalige Oracle Chef Larry Ellison (heute Oracle CTO) praktisch im Vorbeigehen mit. Suns Hardware setzte Ellison in die beneidenswerte Lage, den gesamten Stack von Hardware bis Business-Apps aus einer Hand anbieten zu können. Java, obwohl 2010 schon längst Weltprogrammiersprache Nummer eins, spielte dabei nur eine Nebenrolle.
Saab: «Wir denken sehr sorgfältig über neue Features nach»
«Wir sind hier alle Sprachen-Nerds», sagte Saab, der als Vice President of Development die Java Platform Group bei Oracle leitet, zu Computerworld. Saab begann seine Karriere als Java-Programmierer noch bei Sun Microsystems. Seine Java Platform Group ist verantwortlich für die Weiterentwicklung der Java Standard-Edition, der Kern-Bibliotheken und der Java Virtual Machine. Saab ist seit mehr als 25 Jahren dabei. Als Kurator einer Programmiersprache müsse man sehr sorgfältig über die Einführung neuer Features nachdenken, warnt er. Vieles, was kurzfristig sehr gut aussehe, sorge langfristig bei Entwicklern und Kunden für Probleme, erzählt Saab. Keinesfalls dürfe man unüberlegt die Komplexität erhöhen, nur weil die Software-Entwickler von den neuen Optionen begeistert sind. So hat sich zum Beispiel das Programmierkonzept der Pointer langfristig nicht bewährt: zwar sehr elegant, aber in der Praxis zu fehleranfällig. Mit dem Resultat: Viele der hochgelobten Pointer zeigten am Ende ins Nirgendwo. Die Weiterentwicklung einer Programmiersprache ähnelt in dieser Hinsicht der Evolution einer biologischen Spezies. Nur das, was sich in der Praxis - sozusagen im IT-Überlebenskampf - bewährt, bleibt auf lange Sicht erhalten.
Microsoft Edge spricht kein Java
Heutzutage ist das objektorientierte Java eine gestande Entwicklersprache auch für anspruchsvollste Projekte. Saab sieht - auch getrieben durch mobile Geräte - ein Revival der funktionalen Programmierung, nachdem jahrzehntelang die objektorientierte Entwicklung dominiert hat. Die Zukunft, so der Java-Veteran, gehöre einem dynamischen, interaktiven Programmierstil, der während des Codings die produzierten Zeilen - auch nach Best Practices in der Crowd - auf Sicherheit überprüft und erst danach in den Hauptcode übernimmt. Im Frontend, wo Javas Karriere begann, machen mittlerweile jüngere, noch leichter bedienbare Sprachen das Rennen. Dafür ist das vor 20 Jahren als Leichtgewicht verspottete Java schon zu Know-how-lastig und zu kompliziert. Microsofts neuer Browser «Edge» etwa, der den Internet Explorer demnächst ablösen soll, ist für Java gar nicht ausgelegt.