«Domino setzt auf Kooperation statt Konfrontation»
Altlasten beseitigt, Kunden kehren zurück
Computerworld: Welche Rückmeldung haben Sie von den Schweizer Kunden bekommen?
Jefts: Eine Reihe von Ansprechpartnern bei den Schweizer Kunden lobte uns für die Transparenz. Sie schätzten, dass wir aktiv an die Herausforderungen herangehen. Und sie betonten, dass wir mit den Versionen 10 und 11 von Domino sowie Notes ein positives Signal zur Zukunft der Software gesendet haben. Nun gibt es aber auch die Erwartung, dass wir mit Version 12 adäquat nachlegen. Ich ziehe hier gern als Vergleich den Gewinn des Superbowls heran: Es ist schon schwierig genug, den Final einmal zu gewinnen. Ein zweites Mal ist aber noch ungleich schwieriger.
Computerworld: Hoffentlich sind Sie kein Patriots-Fan. . .
Jefts: Doch selbstverständlich, denn ich stamme aus Boston [lacht]. Leider haben sie nun nicht mehr die Chance, den Superbowl erneut zu gewinnen. Wirklich schade!
Doch zurück zum Geschäft: Einige negative Rückmeldungen haben wir bekommen wegen unseres Entscheids, die bisherigen Cloud-Instanzen nicht mehr weiter zu betreiben. Der Grund war, dass die Instanzen komplett aus IBM-Komponenten bestanden. DB 2, SoftLayer und WebSphere kamen unter anderem zum Einsatz. Die Architektur war zehn Jahre alt. Mit modernen Technologien hätte man die Plattform vollkommen anders aufgesetzt. Im Ist-Zustand gab es aber keine Option, die Lösungen aus IBM herauszulösen. Die Plattform hätte uns zu eng an Big Blue gebunden.
Nun ist der Entscheid getroffen. Die Uralt-Cloud wird abgestellt, die Kunden bekommen die Wahl der Cloud-Plattform. Wir unterstützen sowohl eine Private Cloud, eine Hybrid Cloud als auch eine Public Cloud. Weiter können die Kunden wählen, ob die Daten innerhalb der Schweiz gehostet werden sollen. Unser Partner Belsoft aus Zürich hat ein passendes Angebot für Kunden, die auf der lokalen Datenhaltung bestehen.
Computerworld: Gibt es Kunden, die nicht auf der Datenhaltung in ihrem Land bestehen?
Jefts: Ja, viele Unternehmen in den USA. Sie kümmert es weit weniger als die europäischen Firmen, wo ihre Daten abgelegt sind und wer Zugriff auf die Inhalte hat. Sie können auch von den Angeboten aus der HCL-Cloud profitieren, die derzeit in der Entwicklung sind: beispielsweise Domino Apps in der Cloud und Connections in der Cloud.
Bewusst verzichten werden wir als Hersteller hingegen auf einen Dienst für E-Mail aus der Cloud. In dem Verzicht spiegelt sich die aktuelle Marktentwicklung wider. Und die vergleichsweise hohen Kosten für die Implementierung sowie den Betrieb. Aus unserer Sicht ist mit E-Mail aus der Cloud kein Geschäft zu machen. Unsere Partner sehen das anders und bieten auf Basis unserer Software durchaus E-Mail aus der Cloud an – und wir unterstützen sie in der Software-Entwicklung dafür.
Computerworld: Bleiben Ihnen die Kunden bis anhin bei der Stange?
Jefts: Für unsere Marktbearbeitung haben wir drei Phasen definiert: Innerhalb der ersten Phase, die anderthalb Jahre angedauert hat, haben wir die bestehenden Kunden versucht zu halten. Unsere Argumente waren: HCL hat Domino und Notes neues Leben eingehaucht, liefert jetzt stetig und schnell Updates sowie auch neue Features aus. Diese Aussagen wurden gehört. Schrumpfte das Geschäft zuvor im zweistelligen Prozentbereich, schrumpft es mittlerweile nur noch einstellig.
In der zweiten Phase versuchen wir, Kunden zurück zu gewinnen, die sich während des Stillstands der vergangenen fünf bis sechs Jahre aus der Wartung verabschiedet haben. Sie verwenden die Software zwar weiterhin, zahlen aber keine Support-Gebühren mehr. Binnen Jahresfrist wuchs die Anzahl der Rückkehrer in die Wartungsverträge um 60 Prozent.
Für die dritte Phase mit der Lancierung von Version 12 von Domino erwarte ich dann echte Neukunden. Die Produktinnovation plus die Ergänzung von Microsoft-Lösungen dürften auf viel Interesse bei den Anwendern stossen. Hier werden wir auch neue Unternehmen für zum Beispiel Domino und Connections gewinnen.
Computerworld: Welche Bedeutung hat der Schweizer Markt für HCL Software?
Jefts: Die detaillierten Zahlen kann ich nicht nennen. Aber ich kann sagen, dass nach den USA der deutschsprachige Raum für HCL der zweitgrösste Markt überhaupt ist. Innerhalb der DACH-Region hat die Schweiz einen grösseren Anteil als man annehmen möchte. Unsere Kunden kommen aus dem Bereich der Behörden, Finanzdienstleistungen und Healthcare. In allen drei Branchen ist die Schweiz stark vertreten.