Hausmesse «Dreamforce»
20.11.2019, 15:14 Uhr
Salesforce setzt auf Sprachsteuerung
Der SaaS-Anbieter Salesforce hat an der jüngste Hausmesse «Dreamforce» gezeigt, dass sie der Marktführer bei CRM sind. Künftig sollen Anwender auch mit der Software reden können.
Salesforce' Marc Benioff: «Mit Trailhead Go im App-Store wollen wir mehr Personen für den IT-Sektor begeistern»
(Quelle: Harald Weiss)
«Diese Dreamforce ist die grösste Dreamforce aller Zeiten», sagte Salesforce-Co-CEO Keith Block zu Beginn seiner Eröffnungsrede in San Francisco. Mit 171'000 registrierten Gästen und 2700 Vorträgen gab es erneut einen Teilnehmer- und Präsentations-Rekord. Auch sonst konnte Block noch mit einigen beeindruckenden Zahlen aufwarten. Laut IDC hatte Salesforce im ersten Halbjahr mit 17,3 Prozent den grössten Marktanteil unter allen CRM-Anbietern. Oracle und SAP lagen mit 5,5 beziehungsweise 5,3 Prozent abgeschlagen auf den Plätzen zwei und drei. Das heisst, der Marktanteil von Salesforce ist mehr als dreimal so hoch wie der von Oracle oder SAP.
Insbesondere gegenüber SAP scheint sich Salesforce fortlaufend besser zu positionieren. In einem Gespräch mit der Computerworld berichtete Dirk Ramhorst, CIO der deutschen Wacker Chemie, über seine Entscheidung zu Gunsten von Salesforce. «Wir hatten drei Anbieter in der engeren Wahl: Microsoft, Salesforce und SAP. Die Entscheidung der Mitarbeiter fiel eindeutig zugunsten von Salesforce aus. Und das, obwohl wir SAP seit langem im Back Office einsetzen», sagte er. Seit Januar nutzt man dort die Salesforce-Cloud und der Einsatz der Service-Cloud und Marketing-Cloud stehen schon auf der To-do-Liste.
Apple als strategischer Partner
Marc Benioff, zweiter Co-CEO und Chairman von Salesforce, lobte anschliessend vor allem eine neue intensive Kooperation mit Apple. «Unsere Salesforce-Plattform war eine der ersten Business-Apps im App Store und jetzt erweitern wir diese Zusammenarbeit mit Trailhead Go, das ab sofort exklusiv im App Store bereitsteht», sagte er während seiner Rede. Trailhead Go ist Teil von Salesforce' Aus- und Weiterbildungsprogramm, zu dem von einfachen Admin-Kenntnissen bis hin zu College-ähnlichen Informatik-Abschlüssen alles angeboten wird, um das Wissen der IT-Fachkräfte auf dem neuesten Stand zu halten und um deren Anzahl auszuweiten.
Im Anschluss an seine Keynote traf sich Benioff mit Apple-CEO Tim Cook zu einem Smalltalk auf der Bühne. Neben viel Nostalgie über die Leistungen und Fähigkeiten von Apple-Mitgründer Steve Jobs, sprach Cook auch über seine Gründe für die Kooperation mit Salesforce. «Anfangs ging es beim mobilen Computing nur um E-Mails und andere Formen der Kommunikation, doch mehr und mehr werden diese Endgeräte auch als Plattform für komplexe Geschäftsanwendungen genutzt. Darauf liegt jetzt unser Augenmerk», sagte er.
Analytics mit Sprachabfrage
Einen breiten Raum nahmen in diesem Jahr die Analytics-Angebote des neu erworbenen Anbieters Tableau ein. Deren Lösungen zeichnen sich vor allem mit ihren intuitiven User-Interfaces und durch vielseitige Self-Service-Möglichkeiten aus. «Wir wollen erreichen, dass mit unserer Technologie Millionen von Nicht-Experten ebenfalls Daten auf eine einfache Art analysieren und nutzen können», sagte Tableau-CEO Adam Selipsky. Ein weiterer Vorzug der Tableau-Software sind die vielen Integrationsmöglichkeiten mit anderen Software-Lösungen – vor allem auch mit Individual-Software, für die viele APIs angeboten werden. Dazu gehören unter anderem Zugriffe auf KI- und Machine-Learning-Modelle von Drittanbietern wie Google oder Microsoft.
In jüngerer Zeit hat sich Tableau auf Abfragen in natürlicher Sprache fokussiert. Das zugehörige Modul heisst Ask Data und geht auf die Akquisition des Start-ups ClearGraph im Jahr 2017 zurück. Anwendungsseitig schliesst sich damit der Bogen zu Salesforce' Einstein, bei dem jetzt auch der Schwerpunkt bei der Kommunikation in natürlicher Sprache liegt. Hierzu gab es eine Live-Demo bei der man per Telefon mit einem Chat-Roboter kommuniziert, um ein Auto anzumieten.
Lamborghini auf der Blockchain
Zu den neueren Angeboten von Salesforce gehört deren Blockchain-Lösung. Diese wurde im Mai an der Entwicklerkonferenz «TrailheaDX» vorgestellt und basiert auf dem Open Source Hyperledger Sawtooth. «Unserer Blockchain-Technologie erlaubt es den Kunden und Partnern, kritische Business-Daten im CRM-Umfeld sicher und vertrauenswürdig auszutauschen», sagte damals Ramya Subramani, Chef-Ingenieur der Blockchain-Plattform.
An der Dreamforce konnte man dazu bereits erste Anwender präsentieren. Dazu gehört unter anderen der Sportwagenhersteller Lamborghini, der damit die Authentizität und Historie von seinen Gebrauchtfahrzeugen sicherstellen will. «Beim Verkauf eines gebrauchten Lamborghinis fallen bis zu 1000 Einzelprüfungen an, um sicherzustellen, dass es sich bei jedem Teil um ein Originalteil handelt. Die zugehörige Dokumentation ist immens und bedarf dringend einer effizienten Automatisierung», sagt Paolo Gabrielli, Chef des After-Sales-Bereichs über die Gründe für die Einführung der Dokumentations-Technologie.
Den Kunden 360 Grad im Blick
Alle einzelnen Angebotsmodule wie Einstein, Tableau oder Blockchain fasst man bei Salesforce unter dem Begriff «Customer 360» zusammen. Das ist aber keine integrierte Suite, sondern nur ein lockerer Verbund einzelner Lösungen. Das einzige verbindende Element ist das neue «Customer 360 Truth». Hierbei handelt es sich um ein Modul, das auf alle Daten der einzelnen Programme zugreifen kann, egal in welcher Anwendung und in welcher Infrastruktur sie abgelegt sind – sozusagen eine übergeordnete Ausgabeplattform. Dazu gehört auch deren Multicloud-Integrations-Feature CIM (Cloud Information Standard), an dem nicht nur die führenden Cloud-Provider wie AWS, Google und Microsoft beteiligt sind, sondern auch ergänzende Anbieter, wie die Cisco, Dokusign, Linux Foundation und Twilio.
Für die engere Integration der einzelnen Anwendungsbereiche will man mit Hilfe der eigenen Integrations-Tools aus der Mulesoft-Akquisition die Einzellösungen auch inhaltlich vereinen. «Wir bieten schon jetzt eine einzigartige API-basierte Integrationslösung an, mit deren Hilfe sich alle im System bestehenden APIs aufspüren, katalogisieren und nutzen lassen», sagte Lindsey Irvine, Marketing-Chefin bei Mulesoft in ihrer Keynote. Im Gespräch bestätigte dann Chief Product Officer Marc Dao, dass man die neuen Tools nicht nur den Kunden anbietet, sondern verstärkt auch intern nutzen will.
Demonstranten stören Keynote
Benioffs Keynote verlief nicht so reibungslos, wie man es sonst von solchen Veranstaltungen gewohnt ist. Zu Beginn wurde er lautstark von drei Demonstranten wegen einer Lieferung an den US-Grenzschutz beschimpft. Benioff reagierte gelassen und gewährte einem der Demonstranten 30 Sekunden Redezeit, bevor dieser von Sicherheitskräften aus dem Saal geführt wurde. Weitere Proteste gab es ausserhalb des Dreamforce-Geländes. «Salesforce profitiert vom Einsperren der Kinder!», hiess es auf einem der Transparente.
Welches Volumen der fragliche Auftrag der US-Behörden hat, ist nicht bekannt. Veröffentlicht sind nur die Ausgaben des US-amerikanischen Heimatschutzministeriums von 4,4 Milliarden Dollar für Daten-Management, wobei aber neben Salesforce noch weitere Anbieter involviert sind.