Pilotversuch des SEM und der ETH
11.05.2018, 10:50 Uhr
Software soll Flüchtlingen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt verschaffen
In einem Pilotversuch testet das Staatssekretariat für Migration eine Software, die bei der Zuteilung von Flüchtlingen auf die Kantone zum Einsatz kommt. Ihnen sollen so bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt verschafft werden.
Entwickelt haben die Software Politikwissenschaftler der ETH Zürich und der Universität Stanford
(Quelle: ETH Zürich / Gian Marco Castelberg)
Ein neuer Algorithmus soll helfen, Flüchtlinge so auf die Kantone zu verteilen, dass sie bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) testet in Kooperation mit der ETH Zürich ab Herbst den Ansatz einer verbesserten Zuteilung.
Mitte Januar hatten Politikwissenschaftler der ETH Zürich und der Universität Stanford den Algorithmus zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen vorgestellt. Kurz darauf klopfte Dominik Hangartner, ETH-Professor für Politikanalyse, beim Bund an und stellte den Ansatz vor. Nur drei Monate später gibt das SEM nun bekannt: Ab September wird der neue Algorithmus bei insgesamt tausend Asylsuchenden getestet. Sprecher Daniel Bach bestätigt auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA einen am Donnerstag publizierten Bericht der SRF-Sendung «10vor10». Er spricht von einem «viel versprechenden Pilotversuch».
Ergänzung zu bestehenden Kriterien
Konkret schlägt der Algorithmus bei Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen aus Ländern mit einer Schutzquote von über fünfzig Prozent den Kanton vor, in dem die Wahrscheinlichkeit, eine Stelle zu finden, am grössten ist. Berücksichtigt werden dabei auch die bisherigen Kriterien gemäss Asylverordnung, sprich: der nach Bevölkerungszahl festgelegte Verteilschlüssel zwischen den Kantonen sowie eine gleichmässige Verteilung der Flüchtlinge nach Nationalität, gesundheitlichem Zustand und Alter. «Innerhalb all dieser Kriterien schlägt der Algorithmus dann vor, welchem Kanton eine Person zugeteilt werden soll», sagt Bach. Am Schluss entscheide aber immer noch ein SEM-Mitarbeiter.
Resultate in rund drei Jahren
Der Versuch ist so konzipiert, dass tausend Asylsuchende alleine nach den bisherigen Kriterien verteilt werden, weitere tausend zusätzlich mit dem neuen Algorithmus. Das Ziel ist es, herauszufinden, ob Asylsuchende der zweiten Gruppe künftig schneller Arbeit finden. «In zwei, drei Jahren werden wir dann die Ergebnisse analysieren und sehen, ob sich der neue Ansatz bewährt», sagt Bach. Generell hätten der Bund und die Kantone ein grosses Interesse daran, Asylsuchende erfolgreich ins Arbeitsleben zu integrieren. «Wenn sich der Ansatz bewährt, kommen wir einen grossen Schritt vorwärts.»
Grosses Potenzial
In der Schweiz sind im dritten Aufenthaltsjahr im Durchschnitt nur 15 Prozent der Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen erwerbstätig. Ihr Anteil könnte laut den ETH- und Stanford-Forschern jedoch auf 26 Prozent gesteigert werden, wenn Überlegungen zur Arbeitsmarktintegration und zur Erwerbstätigkeit bei der Kantonszuteilung berücksichtigt werden. Das daraus konzipierte Programm basiert auf Daten von zehntausenden Personen, die in der Vergangenheit aufgenommen worden sind. Diese scannt es nach den Kriterien Alter, Geschlecht, Nationalität – und errechnet, welche Personen in welchem Kanton am ehesten Arbeit gefunden haben. So haben laut den Forschern junge Männer aus dem Irak beispielsweise in den Kantonen Waadt und Zürich gute Erwerbschancen. Im Kanton Waadt sind sie sogar für jene, die französisch sprechen, noch höher. Auch Frauen aus Sri Lanka hätten in beiden Kantonen relativ gute Chancen, denn dort gebe es vergleichsweise grosse, regionale Netzwerke aus Sri Lanka.