Köpfe des Informatik-Jahres 1990
Anton Gunzingers Supercomputer
Der damalige ETH-Doktor Anton Gunzinger sollte mehr Erfolg haben mit seiner Gründung. Wie Computerworld berichtete, hatte er 1990 gerade den ersten Parallelrechner vorgestellt: die «Synchrone Datenfluss Maschine», kurz Sydama. Sie entstand aus der Anforderung heraus, ein System für die Bildverarbeitung in Echtzeit zu konzipieren. Der «Solothurner Bauernbub» mit dem Wunsch, «mit Kopf und Händen zu arbeiten», schaffte das, was ein «70-köpfiges Forscherteam der renommierten Fraunhofer-Gesellschaft mit einer Unterstützung von 30 Millionen Mark aus dem deutschen Bundesministerium für Forschung und Technologie nicht zustande brachte», schrieb Computerworld.
Sydama mit seinen 18 parallel geschalteten Prozessoren konnte seine Leistungsfähigkeit in einem Prototyp beweisen: Ein Elektromobil mit Videokamera und Rechneranschluss fuhr autonom durch das ETH-Institut für Elektronik. Dabei «sah» der Rechner mithilfe der Kamera und konnte das Vehikel selbstständig steuern. Einen kommerziellen Anwendungsfall für Gunzingers Entwicklung und die zugehörige Software von Severin Mathis sah Computerworld in der Schokoladenindustrie: Der Rechner könnte durchaus die Kontrolleure ersetzen, die am Fliessband Schoggitafeln mit beschädigten Aluminiumhüllen aussortieren.
Für seine Arbeit an Sydama hatte Gunzinger den mit 100 000 Franken dotierten Preis der de Vigier Stiftung zur Förderung von Schweizer Jungunternehmern gewonnen. Er nutzte das Geld für die Entwicklung von «Music» (Multiprocessor System with Intelligent Communication), einem Rechner mit 170 zusammengeschalteten Prozessoren und einer Leistung von 10 Gigaflops (Milliarden Floating Point Operations per Second). Mit dem Konzept gewann Gunzinger an der Supercomputer-Konferenz in Minneapolis den zweiten Preis im Gordon-Bell-Wettbewerb. Dieser Erfolg verhalf dem ETH-Wissenschaftler schlagartig zu Ruhm. Er gewann Investoren und gründete 1993 die Firma Supercomputing Systems. Das Geschäftsziel war der Bau und die Vermarktung von Supercomputern. Das erste kommerzielle Produkt, der «GigaBooster», sollte allerdings auch das letzte sein. 1997 verlagerte die Zürcher Firma ihre Tätigkeit weg von
Eigenfertigung hin zu kundenorientierten Entwicklungsprojekten. In diesem Bereich sind die rund 150 Mitarbeiter von Supercomputing Systems noch heute tätig.
Eigenfertigung hin zu kundenorientierten Entwicklungsprojekten. In diesem Bereich sind die rund 150 Mitarbeiter von Supercomputing Systems noch heute tätig.