Digitale Spionage
30.07.2024, 22:23 Uhr
Neue Studie zu technologiebezogenen Verschwörungstheorien
Technologien spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Verschwörungstheorien und radikalen Meinungen, das zeigt eine neue Studie von Forschenden der Universitäten Paderborn und Göttingen.
Technologien spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Verschwörungstheorien und radikalen Meinungen. Dass Suchmaschinen oder Apps allerdings immer häufiger selbst in den Fokus der Erzählungen geraten, zeigt eine neue Studie von Forschenden der Universitäten Paderborn und Göttingen, die das Ausmass, die Ursachen und die Folgen mit empirischen Daten belegt. Die Ergebnisse wurden nun in der Zeitschrift „Information Systems Research“ veröffentlicht.
Der Studie liegt eine Ausgangsbefragung von mehr als 1.000 Personen in den USA zugrunde, die verdeutlicht, dass das Wissen um und der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien weit verbreitet ist. So haben beispielsweise 67 Prozent der Befragten von der Theorie gehört, dass die smarten Amazon Echo-Lautsprecher die Nutzer abhören, auch wenn das Gerät ausgeschaltet ist. 36 Prozent davon stimmten dieser Theorie sogar zu.
Aufbau einer „Verschwörungsmentalität“ mit weitreichenden Folgen
In einer Feldstudie analysierte das Forschungsteam die Entstehung des Glaubens an Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona-Warn-App in Deutschland. Hierbei ist die Annahme, dass der Zweck, die Corona-Bekämpfung, nur vorgeschoben ist, und eigentlich die Bevölkerung ausspioniert werden soll. Ein Labor-Experiment zu einem fiktiv neu eingeführten smarten Autoassistenzsystem lieferte zusätzliche Erkenntnisse darüber, wie nicht nur die Wahrnehmung der Technologie, sondern auch die des Herstellers den Glauben an technologiebezogene Verschwörungstheorien beeinflussen. Zudem fanden die Forscher Hinweise darauf, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien nachteilige Folgen hat, die über die Nutzung der Technologie hinausgehen. Die Daten deuten darauf hin, dass der Glaube an technologiebezogene Verschwörungstheorien eine Eigendynamik in Gang setzen kann, durch die Individuen eine „Verschwörungsmentalität“ entwickeln.
„Unsere Forschung zeigt eine alarmierende Verbreitung von technologiebezogenen Verschwörungstheorien innerhalb der Gesellschaft. Aufgrund der ‚Verschwörungsmentalität‘ interpretieren Betroffene ihre Umwelt zunehmend durch eine verschwörungstheoretische Brille“, warnt Prof. Dr. Simon Thanh-Nam Trang, Professor für Wirtschaftsinformatik, insb. Nachhaltigkeit an der Universität Paderborn. „Die durch solche Überzeugungen geförderte Denkweise erschwert die soziale Zusammenarbeit und einen konstruktiven politischen Diskurs, was die Fähigkeit der Gesellschaft, auf zukünftige Krisen zu reagieren, beeinträchtigen könnte“, ergänzt Prof. Dr. Manuel Trenz, Professor für Interorganisationale Informationssysteme an der Universität Göttingen.
Die Studie ermöglicht es den Forschenden, ein erstes Verständnis dafür zu entwickeln, welche Technologien besonders gefährdet sind, Ziel von Verschwörungstheorien zu werden. Trang unterstreicht die politischen Implikationen der Studie: „Wir hoffen, dass diese Ergebnisse Entscheidungsträger – egal ob Politiker oder Technologieentwickler – für die potenziellen Risiken und langfristigen Folgen sensibilisieren.“ Die Erkenntnisse dienen als Anstoss für Forschende, sich mit diesem Thema zu befassen, das sowohl gegenwärtig als auch zukünftig grosse Auswirkungen hat.
Autor(in)
Online
Redaktion