14.04.2015, 15:43 Uhr
Samsung Galaxy S6 und S6 Edge im Test
Samsung hat das Design seiner Vorzeige-Smartphones komplett umgekrempelt. Ob das reicht, um wieder Nummer 1 zu sein? Hier unser ausführlicher Testbericht.
Das Samsung Galaxy S6 ist für Samsung ein wichtiges Gerät im hart umkämpften Smartphone-Markt. Denn Apple hat mit dem iPhone 6 und iPhone 6 Plus schon grosse Verkaufserfolge erzielt. So will das neue Oberklassenmodell der Südkoreaner unter anderem mit dem Design punkten. Das Galaxy S6 edge hat auf beiden Seiten (links und rechts) einen «Knick» im Display: Der Bildschirm ist dort an den Seiten um die Kanten nach hinten gebogen.
Weg vom Plastik – ein Neuanfang?
Während der Vorgänger noch von Plastik verschalt war, ist Samsungs neue Generation von Metall umrahmt und auf auf der Vorder- und der Rückseite von Glas ummantelt. Von Plastik ist hier keine Spur mehr.
Das robuste und leichtere Gorilla Glass 4, das zur vorder- und rückseitigen Abdeckung zur Anwendung gelangt, hinterlässt bei beiden 5,1-Zoll-Smartphones einen angenehm leichtgewichtigen und kompakten Eindruck.
Glas hat aber auch ein paar Nachteile: Beim Fallenlassen aus grosser Höhe kann es schneller zu irreparablen Schrammen kommen, denn Glas ist natürlich anfälliger als Metall. In haptischer Hinsicht wollen beim edge die Finger lieber nach den oberen Kanten greifen, weil der seitliche «Glas-Knick» noch weniger Greiffläche bietet: eine etwas schlüpfrige Angelegenheit. Zudem ist dem neuen Design auch der Verzicht auf ein wasserdichtes Gehäuse zuzuschulden. Der Akku ist beim S6 ausserdem fix verschraubt und nicht wechselbar.
Hervorstehende Kamera
Weitaus gewöhnungsbedürftiger ist das hervorstehende Kameratürmchen: Die rückseitige Kameralinse neben der LED-Blitz-Einheit ragt wie ein Grundsockel einer Mini-Maya-Pyramide um ca. 1,6 Millimeter aus dem Glas hervor.
Dank des stark angewinkelten Moduls besteht aber keine Verkratzungsgefahr oder die Gefahr eines Verhedderns mit Textilienpartikeln. Sowohl beim edge als auch beim normalen S6 nervt das erhöhte Kameramodul in der Rückenlage ein wenig. Die Handys ruhen dann auf dem unteren Bereich der Rückseite und stützen sich auf der erhöhten Linse ab. Das kann der Linse zwar kaum was anhaben und es fällt nicht einmal auf; kurzzeitiges Tippen auf der Oberseite wird aber schnell zur Schaukelpartie.
Nächste Seite: Gestochen scharfer Bildschirm
Gestochen scharfer Bildschirm
Die Displays beider S6-Modelle sind ultrascharf, auf einer Diagonalen von 5,1 Zoll lösen die Galaxy-Nachfolger mit 2560 x 1440 Bildpunkten auf. Das macht 576 Bildpunkte pro Zoll. Klar, das sieht man von blossem Auge nicht. Und dennoch: Samsung baut einfach mal schnell ein Amoled-Display, das eine so hohe Zahl an Leuchtpunkten von der Prozessorleistung her bewältigt. Das Ergebnis sind hervorragende Weiss- und Schwarzwerte und eine nahezu unerreichte Helligkeit. Einzig der Bildschirm des iPhone 6 kann dem Samsung S6 an greller Sonne auf höchster Helligkeitsstufe das Wasser reichen oder jenes sogar an Weisswerten leicht überbieten.
Jedoch sollte man die 100-Prozent-Helligkeitsvoreinstellung für den Alltag auf ca. 66 Prozent runterdimmen. Der Akku geht sonst in weniger als der Hälfte der Zeit (in ca. sechs Stunden) zur Neige. Obwohl das Display nicht so nahe am Glas sitzt, kann man sowohl in Dunkelheit als auch in greller Sonne die Augen dank gestochen scharfer Buchstaben schonen.
Die beste Smartphone-Kamera?
Unser Fotoprofi Luca Diggelmann hat erst kürzlich wieder alle Top-Smartphone-Kameras unter die Lupe genommen. Das Galaxy Note 4 war der unbestrittene Testsieger. Würden wir wieder Bilanz führen, dürfte der Gewinner Galaxy S6 heissen. Denn im Gegensatz zum Vorgänger spendiert Samsung seiner 16-Megapixel-Kamera zusätzlich einen optischen Bildstabilisator und eine Lichtblende. Und das merkt man. Das Ergebnis sind wesentlich schärfere und rauscharme Fotos, auch bei Dunkelheit.
Schneller Bereitschaftsmodus
Mit einem Doppeltipp auf den Home Button öffnet sich die Hauptkamera blitzschnell. Ein Fingertipp auf den Pulssensor, der neben der rückseitigen Kamera angebracht wurde, bringt einen direkt in den Selfie-Modus. Videos lassen sich zudem in 4K-Auflösung aufzeichnen.
Hier ein paar exemplarische Fotoschnappschüsse:
Unverständlich bleibt die Frage, warum Samsung seinen neuen Vorzeige-Smartphones keinen zusätzlichen MicroSD-Slot gesponsert hat. Der Flash-Speicher ist zwar schneller und erlaubt eine Bestückung mit bis zu 128 GB. Günstiger ist das Smartphone deswegen nicht; im Gegenteil. Gerade für Videoaufzeichnung wäre Speichererweiterung ein nettes Extra gewesen. Beim S6 edge kommt einen die Speicherverdopplung (auf 64 GB) bei einem Strassenpreis von Fr. 949.- besonders teuer zu stehen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Software und System
Software und System
Die Hersteller-Software TouchWiz fällt zu unserem Erstaunen aufgeräumter aus als erwartet und richtet sich stärker ans Material Design von Android 5.0 Lollipop. Zwar hat Samsung diesmal ein bisschen viele Apps und etwas Bloatware vorinstalliert. Die meisten Apps lassen sich jedoch grösstenteils deaktivieren.
Eine Funktion beim S6 edge erlaubt das Anlegen von bis zu fünf häufigen Kontakten. So kann man zum Beispiel jedem dieser Kontakte eine Farbe zuweisen und «stille Anrufe» anhand der seitlichen Leuchtfarbe identifizieren, wenn das Handy rücklings auf dem Tisch liegt. Der Rest des Displays bleibt dabei dunkel. Jedoch klappte das in unserem Test mehr schlecht als recht: Die Farbunterscheidung fällt schwer und der Leuchteffekt ist je nach Umgebungslicht kaum wahrnehmbar.
Überhaupt halten sich die funktionalen Aspekte des «edge»-Seiten-Displays bis jetzt sprichwörtlich im Rahmen. Witzig ist zwar, dass ein seitlicher Vertikalwisch bei ausgeschaltenenem Display die verpassten Anrufe einblendet oder z.B. ein Yahoo-News-Feed angezeigt werden kann. Doch viel mehr Sinnvolles konnten wir dem geknickten Bildschirm des rund 200 Franken teureren S6 edge nicht entlocken.
Dafür ist der Touch-Sensor beider S6-Modelle besser geworden. Um z.B eine Bildschirmsperre einzurichten, genügt es jetzt, den Finger auf den Home Button zu legen, statt darüber zu streifen. Eine wirklich gelungene Überarbeitung.
Leistung und Akkulaufzeit
Gleich drei positive Dinge gibt es zur Leistung und Akkulaufzeit zu vermelden: Der schnelle ARM-basierte Achtkernprozessor aus Samsungs eigener Prozessorschmiede, die 3 GB RAM und der flinkere Flash-Speicher schlagen im Zusammenspiel selbst erste Smartphones wie das LG G Flex 2 und HTC One M9 mit dem taufrischen Qualcomm-Prozessor (Snapdragon 810).
Im Antutu-Bechmark vermochte das S6 jüngste Qualcomm-Technik in Einzelfällen mit mehr als 10'000 Punkten zu schlagen. Was dem Ganzen aber noch die Krone aufsetzt: Mit dem Akku kommt man bei reger Nutzung und wenig Datenverbindung bis zu zwei Tage über die Runden. Damit nicht genug: Der Akku wird blitzschnell nachgeladen! In einer Stunde waren in unseren Tests beide Akkus von 0 auf 90 Prozent aufgefrischt.
Benchmarks: Messergebnisse
! TABELLE !Drahtloses Laden möglich
Mit dem optionalen «Wireless Charger» lassen sich die Geräte drahtlos per Induktion laden. Dazu schliesst man die kleine Ladeschale übers Micro-USB-Kabel an und reibt die Unterseite des Smartphone kurz an der Oberfläche der kleinen Untertasse, bis ein leichtes Vibrieren den Drahtlosmodus in Gang setzt. Danach wird das Gerät automatisch geladen. Das funktionierte in unserem Test zuverlässig und akkuschonend, weil das Laden erst ab einer bestimmten Restladung einsetzt. Für 60 Franken hätte Samsung aber wenigstens ein Micro-USB-Kabel beilegen können.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Preise, Verfügbarkeit, Fazit
Preise und Verfügbarkeit
Das Samsung Galaxy S6 ist in der Schweiz für Fr. 699.- (32 GB), Fr. 799.- (64 GB) respektive Fr. 899.- (128 GB) in den Farben White Pearl, Black Saphire und Gold Platinum verfügbar. Die Farbe «Blue Topaz» wird in der Schweiz ab Ende April erhältlich sein.
Das schon jetzt stark begrenzt erhältliche Samsung Galaxy S6 edge ist in der Schweiz für Fr. 849.- (32 GB), Fr. 949.- (64 GB) und Fr. 1049.- (128 GB) in den Farben White Pearl, Black Saphire und Gold Platinum bestellbar. Die Farbe «Green Emerald» wird in der Schweiz ab Ende April verfügbar sein.
Fazit
Das Galaxy S6 ist das beste Smartphone, das Samsung je gebaut hat. Das rechtfertigen allein schon das Display, die ausgefeilte Kamera und die phänomenale Akkuleistung. Das gut 200 Franken teurere S6 edge bringt (bis jetzt) in technischer Hinsicht kaum einen funktionalen Mehrwert mit sich. Die spezielle Design des s6 edge bleibt somit eine reine Frage der Formvorliebe und eine Frage des Portemonnaies, wie auch die glasige Rückseite beider neuen Modelle eine kaufentscheidende Geschmacksfrage sein wird.
Das Standardmodell des Galaxy S6 wurde uns freundlicherweise von Digitec zur Verfügung gestellt.