02.12.2015, 09:12 Uhr
Microsoft Surface Pro 4 im Test
Tablets fürs Alltägliche, Notebooks fürs Produktive. Das Surface Pro 4 kann beides und will die anderen beiden Geräte unnötig machen. Ob das klappt?
Microsofts Surface-Reihe ist ein besonderer Fall. Das Hybridgerät versucht, gleichzeitig das Tablet und das Notebook abzulösen. Dabei ist es weder ein Convertible, das versucht, zwischen Tablet und Notebook zu wechseln oder ein Tablet mit Tastatur-Add-on, sondern eigentlich eher ein Notebook im Formfaktor eines Tablets.
Das heisst: Laptop-Chipsätze, Laptop-Leistung und ein vollwertiges Betriebssystem, verbaut in einem Tablet, das mit Tastatur und Maus erweitert werden kann. Das neue Surface Pro 4 soll die Reihe auf ein neues Niveau heben. Dafür verantwortlich sind nicht nur mehr Power, sondern auch eine neue Tastatur, ein neuer Stylus, weniger Lärm und Hitzeentwicklung und natürlich Windows 10.
Design und Verarbeitung
Der Formfaktor ist ein grosser Pluspunkt des Surface Pro 4. Kein anderes Gerät mit vergleichbar starker Hardware kommt in einem ähnlich schlanken Gewand daher. Im Vergleich zu dedizierten Tablets wie dem iPad Pro wirkt das Surface Pro 4 zwar etwas klobig, das Gewicht hält sich jedoch mit nur 790 Gramm klar in Grenzen. Auch mit angehängter Tastatur kann hier kein Ultrabook oder Netbook mithalten. Schönheitswettbewerbe gewinnt das Surface Pro 4 hingegen keine. Hier ist alles auf Nutzen ausgelegt. Entsprechend wirkt die grau-silberne Rückseite eher industriell und robust. Das silbern glänzende Logo auf der Rückseite hilft noch ein wenig, das Surface etwas aufzuhübschen, insgesamt ist der Fokus von Microsoft aber klar auf Funktionalität, was in diesem Fall gar nicht schlecht ist.
Nichts zu bemängeln gibt es nämlich bei der Verarbeitung. Das Surface Pro 4 ist robust genug für praktisch jede Reise und dürfte auch beim täglichen Transport locker einige Jahre halten. Robust passt als Adjektiv nicht nur zum Magnesiumgehäuse, sondern auch zu den drei physischen Tasten, die das Display ein- und ausschalten und die Lautstärke regeln. Zwar brauchen die Tasten ein bisschen viel Druck, andererseits besteht somit fast keine Gefahr, aus Versehen etwas zu drücken. Gleichzeitig ein Grund für das industriell anmutende Design und eines der Highlights des gesamten Geräts ist der von Microsoft stets weiterentwickelte Kickstand. In der Version des Surface Pro 4 lässt sich der Kickstand fliessend verstellen und das Tablet somit in fast jede mögliche Position bringen. Ein grosser Vorteil gegenüber Tablets mit faltbaren Ständern und Folios. Auch weil der Kickstand in das Tablet eingebaut ist und somit auch ohne Tastatur oder Hülle verwendet werden kann.
Display, Touch und Stylus
Ein weiteres Highlight ist das ausgezeichnete Display des Surface Pro 4. Tablet-typisch setzt Microsoft auf das Seitenverhältnis von 3:2 mit der etwas ungewöhnlichen Bildschirmauflösung von 2736 x 1824. Zusammen mit dem 12,3-Zoll-Display ergibt das eine Pixeldichte von 267 ppi. Ein ausgezeichneter Wert für ein Tablet, für ein Notebook sogar noch besser. Einige Applikationen, die noch für FHD-Auflösungen entwickelt wurden, werden derzeit noch etwas klein angezeigt. Das dürfte sich aber für die meisten Programme in naher Zukunft ändern. Die Helligkeit ist dabei hoch genug, um auch bei sonnigem Wetter noch genügend zu sehen, was bei einem spiegelnden Touchscreen dringend nötig ist. Erstaunlich ist die Nutzerfreundlichkeit von Windows 10 bei reinem Touch-Betrieb. Sogar im normalen Desktop-Modus lassen sich das Betriebssystem und viele Programme problemlos per Finger bedienen. Wenn etwas mehr Präzision gefragt ist, springt der im Lieferumfang enthaltene Stylus ein. Mit diesem lässt sich das Touchpad des Surface Pro 4 komplett ignorieren.
Generell macht das Surface Pro 4 mit dem Stylus am meisten Spass. Nicht nur die Bedienung mit präzisen Touch-Eingaben, sondern auch die kleinen Details, die Microsoft in seinen Stift eingebaut hat. Beispielsweise der «Radiergummi» auf der Hinterseite des Stifts, der Gezeichnetes mit einer intuitiven Bewegung wieder ausradiert. Zudem sind im Gummi zwei Klickbefehle eingebaut: Ein einzelner Klick öffnet die Notiz-Software OneNote, ein Doppelklick erstellt einen Screenshot und öffnet OneNote, um das Bild in seine Notizen abzulegen. In Sachen Präzision bewegt sich der Stylus etwa auf dem Niveau der beliebten Wacom-Grafiktablets. Der direkte Vergleich zu Apples Pencil ist schwierig, da die beiden Stifte unterschiedlich konzipiert sind. Der Stylus ist ein Eingabewerkzeug, mit dem das gesamte Gerät gesteuert wird. Im Vordergrund steht eine möglichst hohe Vielseitigkeit. Apples Pencil hingegen ist klar für grafische Künstler entwickelt und für diese Aufgaben präziser, dafür weniger vielseitig.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ausstattung und Lieferumfang
Ausstattung und Lieferumfang
Wie bereits erwähnt ist der Stylus im Lieferumfang des Surface Pro 4 enthalten. Leider nicht inbegriffen ist die Tastatur, die mit rund 150 Franken extra zu Buche schlägt. Um das Surface Pro 4 zu einem wahrhaftigen Laptop-Ersatz zu machen, ist die Tastatur fast unumgänglich. Allerdings lässt sich das Surface auch gut ohne Tastatur und Touchpad verwenden, woher die Entscheidung, das Tablet ohne Tastatur zu verkaufen, ihren Sinn nimmt. Die TypeCover genannte Tastatur lohnt sich auf jeden Fall als Zubehör und wurde im Vergleich zu den Vorgängermodellen klar verbessert. Im Vergleich zu anderen Tablet-Tastaturen ist das TypeCover richtiggehend edel und kann sich vom Komfort her gut mit Laptops messen. Das Gleiche gilt für das um 40 Prozent vergrösserte Touchpad.
Was die Anschlüsse betrifft, geht Microsoft auch hier einen Mittelweg zwischen Tablet und Notebook. Statt einen einzigen USB-Micro-Anschluss zum Laden verbaut Microsoft einen kompletten USB 3.0 mit Type-A-Stecker. Typ-C-USB-Stecker sucht man noch vergebens, was zu diesem Zeitpunkt Sinn macht. Dazu kommt ein Mini-DisplayPort-Anschluss, mit dem ein externer Monitor angeschlossen werden kann. Alternativ kann das Surface Pro 4 auch mit einer Dockingstation erweitert werden. Diese bietet 4 x USB 3.0, 2 x Mini-DisplayPort, 1 x 3,5 mm Audio und 1 x RJ45. Mit einem Kampfgewicht von 550 Gramm ist die Station jedoch nur für einen festen Arbeitsplatz wirklich nützlich. Der stolze Preis von rund 220 Franken macht die Station auch nicht attraktiver. Für unterwegs eignen sich ein USB-Hub und ein paar ausgewählte Adapter schon eher.
Als Ladekabel verwendet Microsoft leider immer noch einen proprietären Anschluss. Wie bei einem Laptop ist man also auf sein spezifisches Ladegerät angewiesen. Mit dem neuen USB Typ C könnte sich das in Zukunft ändern. Derzeit bleibt es aber bei einem Spezialanschluss. Immerhin ist der Anschluss an sich gelungen. Der Stecker klinkt sich magnetisch an das Gehäuse an und kann in beide Richtungen eingesetzt werden. Das Adaptergehäuse ist zudem verhältnismässig klein gehalten (90 x 49 x 21 mm) und bleibt somit äusserst portabel.
Software
Die Verbindung zwischen Laptop und Tablet schafft das Surface Pro 4 über sein Betriebssystem: Windows 10 Pro. Auf keinem anderen Gerät wie dem Surface ist Windows 10 so vielseitig. Auf den Lumia-Smartphones kommt man aus dem Touch-Modus nicht wirklich heraus und auf dem PC macht dieser nur wenig Sinn. Das Surface hingegen kann in beiden Modi gut arbeiten. Im Tablet-Modus schaltet Windows 10 das Startmenü auf Vollbild und schaltet den Desktop aus. Desktop-Applikationen können jedoch weiterhin verwendet werden, jedoch nur im Vollbildmodus.
Nützlich ist der Tablet-Modus jedoch besonders mit Apps aus dem Windows Store. Diese sind besser für Fingerbedienung ausgelegt und kommen so besser zum Zug. Gerade alltägliche Arbeiten wie E-Mails, soziale Medien oder Musik hören sind im Tablet-Modus angenehm und einfach zu nutzen. Für produktivere Arbeiten lohnt sich dann der Desktop-Modus wieder mehr. Als reines Tablet kann es mit iPads und Android-Tablets nicht mithalten, es fehlt an Apps. Die schiere Auswahl an Windows-Software hebt das Surface Pro 4 als Arbeitsgerät Meilen über sämtliche anderen Tablets. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Varianten, Leistung und Fazit
Varianten und Leistung
Kompromisse geht das Surface Pro 4 bei der Desktop-Software keine ein. Die Leistung stimmt für praktisch alle Anwendungen. Bei dem von uns getesteten Gerät handelt es sich um eine mittelstarke Variante mit einem Intel i5-6300U (2,4 GHz), 8 GB RAM und 256 GB Nutzspeicher auf einem SSD. Alternativ bietet Microsoft zwei schwächere und drei stärkere Modelle an. In diversen Benchmark-Tests schlägt sich das Surface 4 Pro in unserer Konfiguration etwas besser als ein durchschnittliches Business-Notebook. Besonders in kreativen Anwendungen zeigt das Surface Pro 4 seine Stärken. Surface Pro 4 - Varianten
Prozessor
RAM
Speicher
Preis
Intel Core M3-6730
4 GB
128 GB
Fr. 999.-
Intel Core i5-6300U
4 GB
128 GB
Fr. 1129.-
Intel Core i5-6300U
8 GB
256 GB
Fr. 1399.-
Intel Core i7-6650U
8 GB
256 GB
Fr. 1799.-
Intel Core i7-6650U
16 GB
256 GB
Fr. 1999.-
Intel Core i7-6650U
16 GB
512 GB
Fr. 2499.-
Die Einsteigermodelle mit Intel-M3-Prozessoren sind für Office-Arbeiten locker ausreichend, kommen bei aufwendigeren Arbeiten etwas ins Schwitzen. Die teureren i7-Modelle sind hauptsächlich mit besseren Grafikchips ausgerüstet und meistern so auch komplexere Aufgaben mit Leichtigkeit. Unter der hohen Leistung leidet auch der Akku ein wenig. In unserem Test hielt das Surface 6 Stunden und 16 Minuten durch. Kein besonders starker Wert, aber auch nicht schlecht, wenn man Leistung und Formfaktor bedenkt. Mit dem Energiesparmodus und einem gedimmten Bildschirm lässt sich die Laufzeit überdies deutlich verlängern. Bei alltäglichen Arbeiten kommt man auf etwas mehr als 9 Stunden. Kaum geeignet sind die Surface-Geräte für Desktop-Games. Einfache Spiele aus dem Windows Store sind für das Convertible kein Problem. Bei «richtigen» PC-Spielen kommt das Surface allerdings schnell ausser Atem. Im Online-Rollenspiel World of Warcraft kommt das Surface nur bei niedrigen Grafikeinstellungen auf akzeptable Bildraten, nicht zuletzt wegen der hohen und unkonventionellen Bildschirmauflösung des Surface Pro 4. Niedrigere Auflösungen laufen besser, werden aber nicht in allen Games unterstützt, da 3:2 ein für Games unübliches Seitenverhältnis ist. Was hingegen zu den Vorgängermodellen klar verbessert wurde, ist die Lautstärke des Lüfters. Auch bei hoher Belastung hält sich der Lärmpegel in Grenzen.
Fazit
Wenn ein Gerät den Spagat zwischen Tablet und Notebook schafft und beide Geräte in einem verbinden kann, ist es das Surface Pro 4. Im Gegensatz zum Vorgänger wurde das Microsoft-Convertible deutlich verbessert und dank Windows 10 kommt es erst noch mit dem wohl komplettesten Betriebssystem, das derzeit erhältlich ist. Für ein reines Tablet-Erlebnis sind die Androids und iPads noch immer besser und Notebooks mit besserer Leistung gibt es auch. Als Komplettpaket für alles ist das Surface Pro 4 jedoch unschlagbar.