17.04.2008, 07:58 Uhr

Exchange-Klon auf Linux-Basis

Microsoft belegt mit dem Exchange Server eine führende Position im Markt für Messaging Server, Outlook hat sich als einer der wichtigsten E-Mail Clients etabliert. Mit dem PostPath Server 3.1 gibt es nun eine zu beiden Tools kompatible Alternative, die aber auf Linux läuft.
Natürlich sind wir skeptisch. Das Versprechen voller Kompatibilität für PostPath Server 3.1 weckt im ersten Moment erhebliche Zweifel. Die im Test, das sei vorweggenommen, rasch zerstreut wurden. Die Linux-Alternative von PostPath harmoniert sowohl mit Microsoft Outlook als auch in Exchange-Infrastrukturen und mit dem Active Directory.

Warum überhaupt ein Klon?

Dennoch stellt sich natürlich die Frage, warum man ein solches Produkt nutzen sollte, wenn es doch mit dem Microsoft Exchange Server ein Original gibt. Die Lizenzpreise liefern einen Teil der Antwort. Sie liegen bei lediglich rund 30 Prozent der Exchange-Listenpreise, wenn man Server- und Client-Preise einrechnet - zumindest bei grösseren Installationen, bei denen die eigentliche Server-Lizenz kaum noch ins Gewicht fällt.
Das von PostPath ins Feld geführte Argument der entfallenden Lizenzkosten für das Client-Betriebssystem ist nicht stichhaltig. Wer mit Outlook arbeitet, benötigt es -weiterhin. Und wer nur über das Web zugreift, kann natürlich auch mit Outlook Web Access und Linux-Clients arbeiten.
Bleiben noch zwei andere Punkte: Zum einen existiert für PostPath Server 3.1 eine kostenlose 12-Benutzer-Lizenz. Das ist für Unternehmen, die viele kleinere Zweigstellen haben, an denen sie allerdings je einen lokalen E-Mail-Server betreiben möchten, interessant. Zudem macht es das Produkt, das vom Charakter her als Appliance ausgelegt ist, aber auch für Dienstleister interessant, die Komplettlösungen an kleinere Unternehmen vertreiben und dort ein Messaging-System mit Outlook Clients umsetzen möchten. Zweiter Punkt ist das Versprechen von PostPath, ihre Lösung biete eine deutlich bessere Performance auf vergleichbarer Hardware. Ob das wirklich so ist, liess sich in unserem Test leider nicht feststellen.

Keine unterschiedlichen Serverrollen

Klar ist indes, dass PostPath 3.1 nicht den gleichen funktionalen Umfang beim Server bietet wie der Exchange Server 2007. Unterschiedliche Serverrollen und spezielle Funktionen wie den Edge Server sucht man vergeblich. Bei den Storage-Management-Diensten setzt das Produkt auf das auf, was die verwendeten Linux-Betriebssysteme leisten. Immerhin gibt es aber Dienste wie die Replikation zwischen Servern.
Vor allem aber bietet das PostPath-Produkt volle Unterstützung der Messaging-Funktionen auch mit globalen Adresslisten und einen Webmail Client, auf welchen über den Browser zugegriffen werden kann - also für die Funktionen, die im Mittelpunkt stehen, wenn eine Messaging-Infrastruktur aufgebaut wird.
Das zeigt sich bei der Konfiguration. Dort können unterschiedliche Infrastrukturvarianten konfiguriert werden. Der Server kann in Active-Directory-Infrastrukturen mit oder ohne vorhandenem Exchange Server genutzt werden. Bei Bedarf können die Schema-Anpassungen für den Forest automatisiert durchgeführt werden. Ebenso erfolgen kann auch eine Integration in eine vorhandene Exchange-Server-Infrastruktur, wobei alle aktuellen Versionen unterstützt werden - obwohl der Kernfokus der Kompatibilität auf der Version 2003 des Microsoft Exchange Servers liegt.
Auch andere Anpassungen wie die Erstellung der korrekten DNS-Einträge beim Microsoft Exchange Server und die Erkennung von Active-Directory-Parametern funktionieren bestens, sodass eine Einbindung nicht sonderlich schwierig ist.

Befehlszeile

Lästig dabei ist allerdings, dass die Basiskonfiguration über die Befehlszeile erfolgen muss. Bequeme Installationswerkzeuge, wie beim Microsoft Exchange Server, vermisst man beim PostPath Server doch etwas, auch wenn das für Nutzer, die Systeme auf Linux-Basis einrichten, keine Hürde sein dürfte. Es gibt zwar eine grafische Administrationsschnittstelle, doch kann diese dem Server Manager von Exchange nicht das Wasser reichen.
Im Bereich des Managements ist ein Exchange Server sicher einfacher. Mit etwas Linux-Know-how lässt sich aber auch eine auf dem PostPath Server 3.1 basierende Infrastruktur gut in den Griff bekommen. Beim Umstieg von bestehenden Exchange-Infrastrukturen könnte das jedoch ein Knackpunkt sein, weil nicht jeder Administrator von diesem - aus Sicht von Exchange - Rückschritt bei der Einfachheit der Verwaltungsschnittstellen begeistert sein wird.

Der Web Client

Im Gegenzug wartet PostPath Server 3.1 mit einem sehr überzeugenden Web Client auf. Dieser versucht zwar - im Gegensatz zu Outlook Web Access beim Exchange Server 2007 - nicht, den Outlook Client fast identisch nachzubilden. Dennoch weist er eine ausreichend grosse Ähnlichkeit auf und ist daher auf allen aktuellen Browsern einfach zu verwenden. PostPath hat sich dabei für eine Ajax-basierende Schnittstelle entschieden. Hier ist PostPath zwar vielleicht nicht besser, aber doch definitiv wettbewerbsfähig zu -Microsoft.

Outlook-Integration

Entscheidend ist indes letztlich die Kompatibilität mit Microsoft Outlook. Und hier gilt ganz einfach, dass man mit Outlook auf einen PostPath Server 3.1 in der gleichen Weise wie auf einen aktuellen Exchange Server zugreifen kann. Der Server wird als Exchange Server konfiguriert und verhält sich entsprechend, bis hin zur Unterstützung von Funktionen wie dem Caching von Daten auf dem lokalen System.
Genau das ist auch der entscheidende Punkt für die meisten Einsatzszenarien. Denn Messaging Server mit Web-Schnittstellen gibt es ausreichend - aber Server, bei denen Outlook so gut wie mit dem Microsoft Exchange Server funktioniert, nur wenige. Deshalb ist der PostPath Server 3.1 eine echte Alternative zum Microsoft Exchange Server und kann diesen in bestimmten Umgebungen ersetzen, insbesondere aber auch ergänzen, wenn man beispielsweise viele Server in Zweigstellen benötigt.

Fazit: Anschauen lohnt sich

Bei aller Skepsis gegenüber Lösungen, die versuchen, ein anderes Produkt nachzubilden: Im Fall des PostPath Server 3.1 ist der Versuch gelungen, sodass ein Blick darauf lohnt, wenn man einen Messaging Server mit Outlook-Unterstützung und eine Alternative oder Ergänzung zum Microsoft Exchange Server benötigt.
Martin Kuppinger