Microsoft Inspire 2019
17.07.2019, 15:00 Uhr
Microsoft wirbt um Vertrauen seiner Partner
Microsofts Partnerkonferenz Inspire hat mit einem Knall begonnen. Die umstrittene Anpassung des Lizenzmodells ist vom Tisch. Die Manager des Herstellers betonten die Bedeutung von Partnerschaft und Vertrauen. Zudem zeigten sie die Strategie für die nächsten Monate auf.
Trotz Flightshaming und aller laufenden Klimaschutzbewegungen strömten tausende Microsoft-Partner aus 130 Ländern ins hochsommerliche Las Vegas, um sich an der Konferenz Inspire aus erster Hand über Microsofts Pläne für das nächste Jahr zu informieren. Entgegen aller Digitalisierungsbestrebungen scheint sich dieser Trend des persönlichen Treffens in frostig gekühlten Räumlichkeiten weiter fortzusetzen.
Am Montag ist der Startschuss zur diesjährigen Inspire-Konferenz von Microsoft gefallen. Wie auch im letzten Jahr fand diese in Las Vegas statt – zeitgleich zur Microsoft Ready, wobei diese Mitarbeitenden des Konzerns vorbehalten ist und die Inspire den Partnern. Gavriella Schuster, Microsofts Partner-Chefin, eröffnete die Konferenz und machte von Anfang an deutlich, wie wichtig die Partner für Microsoft sind. Dabei griff sie eine Thematik auf, die in den letzten Wochen die Runde machte: Microsoft hatte angekündigt, dass sämtliche Partner-Lizenzen in Zukunft für den internen Gebrauch nicht mehr frei zur Verfügung stehen werden. Schuster betonte während ihrem Auftritt mehrmals, dass Microsoft auf seine Partner hört und dies auch in diesem Fall tut.
So folgte der erste Knaller des Events: Microsoft zog die kürzlich angekündigte Mitteilung zurück, dass Partner ihre bisher zugesprochenen Lizenzen zum Eigengebrauch ab 2020 nicht mehr verwenden können. Eine persönliche Entschuldigung zeugte davon, dass Microsoft vom enormen (natürlich überwiegend negativen) Feedback der Partnerlandschaft doch etwas überrascht worden ist. Man versprach, in Zukunft besser zuzuhören und sich zu verbessern. Das kam beim Publikum schon mal sehr gut an.
«Democratizing Digital»
Die Rede von Judson Althoff, Executive Vice President für das weltweite kommerzielle Geschäft bei Microsoft, stand unter dem Motto «democratizing digital». Doch was bedeutet das eigentlich? Aus der Sicht von Althoff und Microsoft ist damit im Wesentlichen gemeint, dass jeder Mensch von der Digitalisierung profitieren können soll.
Wie er erklärte, bedeutet «democratizing digital» aber auch, eine entsprechende Kultur innerhalb der Unternehmung zu entwickeln. Denn die Kultur entscheide darüber, wie Mitarbeitende arbeiten, wenn sie nicht beobachtet werden. Dabei sollen die Unternehmungen in die Kultur, die Diversität und Inklusion investieren. Dies sei entscheidend für eine erfolgreiche digitale Demokratisierung. Die Themen wurden zum Auftakt von sämtlichen Rednern erwähnt – bei Microsoft werden sie offensichtlich gross geschrieben. Judson nannte insgesamt fünf elementare Punkte, um die digitale Demokratisierung voranzutreiben:
- Menschen müssen mit «modern Skills» ausgestattet werden
- Künstliche Intelligenz soll wirksam eingesetzt werden
- Die Mitarbeitenden an vorderster Front müssen mit der Geschäftsführung verbunden werden
- Die Befähigung sogenannter «Citizen Developers» soll forciert werden
- Technologie soll eingesetzt werden, um Probleme zu lösen
Wie Unilever mit einem digitalen Zwilling Millionen spart
Als erfolgreicher Showcase wurde die Umsetzung bei Unilever vorgestellt. Unilever hat innerhalb von sechs Wochen ein erstes digitales Abbild – einen sogenannten Digital Twin – seiner Maschinen in Brasilien darstellen können. Dave Penrith, Chief Engineer bei Unilever, stellte das Realisierte vor.
Für das digitale Abbild werden täglich unzählige Daten in der echten Produktionswelt gesammelt und ausgewertet. Die Informationen werden mittels PowerBI visualisiert und angezeigt (siehe Bild unten). Das ermöglicht es den Mitarbeitenden Vorhersagen zu treffen, erleichtert die Fehlersuche innerhalb der Produktionsanlagen, was hilft, diese zu optimieren. Durch den zusätzlichen Einsatz von Teams und PowerApps hat Unilever weitere analoge Prozesse, wie beispielsweise die Qualitätskontrolle der «Dove»-Seifen massiv vereinfacht und spart so jährlich ca. 2,5 Millionen US-Dollar.
Strategie für das nächste Geschäftsjahr
Microsoft nimmt die Inspire auch immer zum Anlass, um den Partnern den Fokus der Geschäftsstrategie für das nächste Fiskaljahr zu erläutern. Dieses startet bei den Redmondern jeweils zur Jahreshälfte. Die bedeutendsten Stossrichtungen sind:
- Modern Workplace: Fokussiert wird auf Microsoft 365 Security, Microsoft 365 Teams extensions and adoption
- Business applications: Weiterhin stehen Dynamics 365 und PowerApps im Zentrum der Bestrebungen
- Applications & Infrastructure: Natürlich wird Microsoft aktiv die Azure Cloud Migration vorantreiben
- Data & AI: Wie schon letztes Jahr wird Analytics & AI weiterhin sehr wichtig bleiben
Weshalb Vertrauen so wichtig ist
Schon zu Beginn wurde klar, dass der Aufwärtstrend von Microsofts Kollaborationssoftware Teams auch im neuen Fiskaljahr weiter bestehen wird. Dies deckt sich mit der aktuellen Meldung, dass Teams mittlerweile über mehr User verfügt als der grösste Konkurrent Slack. Mit dem Fokus auf Partnerschaft und Microsoft Teams hielt der Autor und Motivationsspeaker Simon Sinek ein Referat über die Wichtigkeit von Geschäftsbeziehungen. Seine Kernaussage war im Wesentlichen, dass sich eine Geschäftsbeziehung nicht von anderen Beziehungen unterscheidet. Sinek zufolge ist Vertrauen das Wichtigste. Dieses Vertrauen müsse man sowohl zu seinen Kunden wie auch zu seinen Mitarbeitenden aufbauen. Ein gutes Vertrauensverhältnis lasse sich nur mit Ehrlichkeit aufbauen.
Mit einem einfachen Beispiel demonstrierte die Partner-Chefin Schuster, wie Vertrauen funktioniert. Sie forderte sämtliche Besucherinnen und Besucher dazu auf, das Mobiltelefon hervorzunehmen und zu entsperren. Anschliessend sollte das Telefon dem rechten Sitznachbar überreicht werden. Das ungute Gefühl stand einigen Personen förmlich ins Gesicht geschrieben, andere gaben das Telefon weiter, ohne zu zögern.
Trotz dieser Übung gilt: Nie musste man Microsoft so stark vertrauen, wie in der aktuellen Zeit der Cloud-Plattform. Als Partner ist man noch stärker von Microsoft und der Verfügbarkeit seiner Cloud abhängig. Dadurch wird das Vetrauensverhältnis von Kunden zu Microsoft und den Partnern in Zukunft noch wichtiger.
Office und Flow werden intelligent
Des Weiteren treibt Microsoft, wie gegenwärtig die meisten Hersteller, die technische Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz voran. Das liegt zum einen daran, dass KI ein allgegenwärtiges Buzzword ist, das etwa aus den Medien aktuell nicht mehr wegzudenken ist.
Die künstliche Intelligenz unterstützt bereits diverse Tools des Office365-Pakets. So basieren in PowerPoint die Designvorschläge auf Daten der künstlichen Intelligenz. Ein anderes Beispiel ist die Lösung für die Automatisierung von Abläufen, Flow. Auch hier können Anwender für ihre diversen Konnektoren auf die Macht der künstlichen Intelligenz zurückgreifen.
Ausblick und Fazit
Microsoft markierte an der diesjährigen Inspsire-Konferenz klar, dass sich Partner auf replizierbare Leistungen im dienstbasierten Cloudgeschäft ausrichten sollen. Zudem wurde CSP, der Marketplace und Co-Sell als zentrale Säulen des Partner-Marketings hervorgehoben. Microsoft will für die Partner zum Verkaufskanal werden und Partnerprodukte über die eigene Sales-Organisation intensiver vertreiben.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das gesamte Partnerumfeld in Zukunft einen (anhaltenden) Wandel durchleben wird. Die Partner müssen ihre aktuellen Strategien im Kontext der Cloud überdenken und sich auf gewisse Themen fokussieren. Basierend auf dieser Tatsache hat Microsoft auch klar das Ziel vor Augen, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Partner weiter zu stärken.
Zum Abschluss besann sich Microsoft auf ein gesundes Partnerverhältnis und anerkennt auch wertschätzend die Leistungen aller Partner weltweit. Wir blicken somit gespannt auf das, was sich im nächsten Fiskaljahr ergeben wird.
Zu den Autoren
Der Bericht zur diesjährigen Inspire-Konferenz von Microsoft wurde von Heinz Süess und Pascal Brunner von novaCapta Software & Consulting Schweiz verfasst. Süess ist Geschäftsführer des Unternehmens und Brunner Junior Business Consultant.