19.06.2013, 08:53 Uhr

Schweizer E-Commerce-Anbieter habens nicht einfach

Der Online-Handel wächst nach wie vor. Weil aber das Angebot mittlerweile grösser ist als die Nachfrage, müssen die Anbieter innovativer werden.
Ralf Wölfle von der FHNW stellt den «E Commerce Report 2013» vor
Der e-Commerce-Umsatz wächst weiterhin stärker als der Gesamtmarkt, sagen die 34 Studienteilnehmer des «E-Commerce-Schweiz-Report 2013», der von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zum fünften Mal im Auftrag des Online-Zahlungsverarbeiters Datatrans durchgeführt wurde. Die Freude ist allerdings getrübt. Denn zwei Drittel der Studienteilnehmer machen in ihrer Branche ein Angebot aus, das schneller wächst als die Nachfrage. Das führt zu Preiskämpfen und gegenseitigem Kundenabgraben, die Rahmenbedingungen verschärfen sich. Kommt hinzu, dass der gesamte Einzelhandel nominal stagniert, im letzten Jahr wuchs er nur um 0,1 Prozent. Die grösste Bedrohung ist aber nicht hausgemacht sondern lauert jenseits der Grenze: «Zalando hat gezeigt, dass sich auch ausländische Anbieter im Schweizer Markt positionieren können – weitere werden folgen,» sagt Studienautor Ralf Wölfle. Zalando trat 2011 mit grossem Werbebudget in den Schweizer E-Commerce-Markt ein ##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"62875","page":0,"text":"und konnte Ende 2012 bereits am zweitmeisten Umsatz verbuchen","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!. «EU-Unternehmen können viel stärker als inländische von hohen Skaleneffekten profitieren» sagt Wölfle zum Erfolg der Deutschen.

Cross-Channel als Erfolgsrezept

###BILD_42205_left###Was also sollen Schweizer Anbieter tun, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können? «Cross-Channel-Strategien werden sich bei Multikanalanbietern durchsetzen», sagt Wölfle, der davon ausgeht, dass viele Geschäftskonzepte angepasst oder erweitert werden. Wie es beispielsweise Ricardo gemacht hat, die mit ricardolinho.ch zusätzlich zum kostenpflichten Marktplatz gratis-Kleinanzeigen anbieten. Oder LeShop, die «Drive» eingeführt haben, eine dezentrale Abholstation für kurzfristige Bestellungen. Andere Unternehmen wie Brack erweitern ihr Sortiment, Möglichkeiten gibt es genügend. «Trotzdem haben die Schweizer Nachholbedarf in Sachen Multi-Channel-Strategie,» sagt Wölfle. Die Anforderungen sind aber hoch. Denn nahtlose Übergänge zwischen den Touch-Points herzustellen ist technisch und organisatorisch anspruchsvoll, dazu fordert Cross-Channel Innovationen, die oft nicht durch Mehrumsätze gedeckt werden können. Nebst der Cross-Channel-Strategie wird auch die Einbindung mobiler Geräte immer wichtiger. Betrug ihr Anteil am Umsatz im letzten Jahr bei den Studienteilnehmern noch weniger als fünf Prozent, ist er heute mehr als doppelt so hoch. Die bessere Unterstützung mobiler Endgeräte steht dementsprechend weit oben auf der Prioritätenliste, gleich hinter der Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit der Onlineshops. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Beispiel Ex-Libris Wie sich trotz zunehmender Konkurrenz der Erfolg weiterhin einstellen kann, zeigt Ex Libris, von Wölfle als gutes Beispiel erwähnt. Die Migros-Tochter konnte durch erfolgreiches Cross-Channeling ihren Online-Umsatz seit 2008 (23 Prozent) auf knapp 40 Prozent ihres Gesamtumsatzes steigern. 23 Prozent ihrer Bestellungen via Webseite, Hotline, Mobilgerät oder Telefon seien im letzten Jahr in einer Filiale abgeholt und bezahlt worden, sagt Ex-Libris-CEO Daniel Röthlin. «Das haben die Mitbewerber nicht». Doch wirklich gut scheint es dem Traditionshaus auch nicht zu gehen, von ehemals 120 Filialen sollen bis Ende 2013 noch knapp 90 existieren. «Wir müssen reduzieren, 120 Filialen sind durch das veränderte Einkaufsverhalten der Kunden nicht mehr zeitgemäss,» sagt Röthlin dazu. Um die Einnahmeverluste online kompensieren zu können, wird in diesem Jahr eine Whitelabel-Lösung integriert. So sollen Kunden auf Digitec, einer anderen E-Commerce-Migros-Tochter, auch Ex-Libris-Produkte kaufen können. Ohne das aber mitzukriegen, weil die Brands separat bleiben. Dass aber irgendwann in einer Ex-Libris-Filiale Digitec-Produkte gekauft werden können, sei doch eher unwahrscheinlich. 

Der Zeit voraus sein

###BILD_42206_left###Um den Online-Markt weiter voranzutreiben, hat Röthlin auch eine App für iOS, Android und Windows Phone eingeführt. Während die ersten zwei rege genutzt werden, «würde er in die Windows App eigentlich nicht investieren.» Damit geht es ihm gleich wie den anderen Studienteilnehmern, die iOS und Android bezüglich Nutzen gleichauf sehen, von Windows Phone aber nicht viel halten. Seit diesem Jahr experimentiert Ex Libris zusätzlich mit einer App für Samsung-Smart-TVs mit welcher der Kunde beim Fernsehschauen direkt einkaufen kann. «Damit sind wir der Zeit zwei bis drei Jahre voraus,» sagt Röthlin.  Der Zeit voraus zu sein ist ein Credo, das für alle E-Commerce-Anbieter gelten sollte. Oder wie es Röthlin sagt: «Es reicht nicht, die Erwartungen der Kunden nur zu erfüllen. Man muss sie übertreffen.» Die fetten Jahre für die Online-Händler scheinen also vorbei zu sein, ab sofort wird nur noch harte Arbeit belohnt.

Über den E-Commerce-Schweiz-Report 2013

Für den «E-Commerce-Report Schweiz», der von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zum fünften Mal im Auftrag des Online-Zahlungsverarbeiters Datatrans durchgeführt wurde, wurden 34 führende E-Commerce-Anbieter in der Schweiz in Einzelinterviews befragt. Die Studienteilnehmer repräsentieren ein E-Commerce-Volumen von 3,5 Milliarden Franken. Die Studie ist gratis erhältlich unter https://www.e-commerce-report.ch/CMS4.aspx?NID=23



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