20.07.2015, 14:47 Uhr

Europäischer Gerichtshof lockert Bankgeheimnis bei Online-Betrug

Werden im Internet gefälschte Waren verkauft, müssen Banken den Geschädigten Auskunft über Kontoinhaber geben, entschied der Europäische Gerichtshof letzte Woche. Was das Urteil für die Schweiz bedeutet, erklärt der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Martin Steiger.
Internetkriminalität ist eine Plage des 21. Jahrhunderts. Zwar versuchen Anbieter wie Ricardo, Ebay oder Amazon vieles, um die Kunden vor Betrügern oder Fälschern zu schützen, doch gelingen tut dies nicht immer. Der Europäische Gerichtshoft (EuHG) hat letzte Woche einen Weg gefunden, mit dem sich Käufer besser selbst schützen können: Werden auf Internetplattformen gefälschte Waren verkauft, müssen geschädigte Rechteinhaber von der Bank Auskunft über den Konteninhaber verlangen können, heisst esin einem entsprechenden Urteil. In dem Fall ging es um die deutsche Firma Coty Germany. Sie hält die Vermarktungsrechte für das Parfum «Davidoff Hot Water» und wollte von einer deutschen Bank Auskunft darüber, wer via Ebay im Jahr 2011 gefälschte Davidoff-Produkte angeboten hatte. Die Luxemburger Richter entschieden nun, dass das Recht des geistigen Eigentums in solchen Fällen stärker wiegt als der Schutz personenbezogener Daten. Banken und Sparkassen können sich demnach nicht mehr auf das Bankgeheimnis berufen.
Entscheide des Europäischen Gerichtshofs sind nicht automatisch auf die Schweiz anwendbar. Dafür müsste es entsprechende Verträge geben. IT-Anwalt Martin Steiger kennt allerdings keine entsprechenden Staatsverträge zwischen der EU und der Schweiz in Bezug auf das Bankgeheimnis. «Die Abwägung zwischen verschiedenen Grundrechten finden aber auch in der Schweiz statt, so zum Beispiel im Urheberecht beim so genannten Logistep-Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (Datenschutz vs. Geistiges Eigentum)», sagt Steiger. Und das Bankgeheimnis würde auch bei uns nicht absolut gelten: «So können Banken in Strafverfahren gegen Bankkkunden beispielsweise verpflichtet werden, Dokumente und sonstige Informationen zu liefern. Voraussetzungen ist insbesondere, dass ein Straftatbestand vorliegt, dessen Verletzung nicht bloss mit Busse bedroht ist», sagt Steiger. Bedeutet: Wer einem Internetbetrüger aufgesessen ist, kann Klagen und hat anschliessend unter Umständen die Möglichkeit, die Identität des Kriminellen herauszufinden. Allerdings dürfte das kaum der Fall sein, wenn man beispielsweise eine Playstation 4 kauft undy diese nicht erhält. Darum gilt weiterhin: sehr vorsichtig sein bei Geschäften über Online-Handelsplätze. Idealerweise kauft man nur bei Nutzern, die sehr viele und sehr positive Bewertungen haben. Die Chance, da trotzdem einem Betrüger aufzusitzen, sind klein.



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