13.01.2010, 13:11 Uhr
Kommunizieren Sie doch, mit was Sie wollen!
Ständig neue mobile Endgeräte, die alle ans Firmennetz angeschlossen werden müssen - für die IT eine Horrorvorstellung. Dabei ist die Lösung ganz einfach: Selbstbedienung.
Dr. Martin Karlowitsch ist Director Field Marketing EMEA bei der Sybase GmbH
Der Trend ist eindeutig: Der Mitarbeiter mit festem Arbeitsplatz mutiert in unserer modernen Informationsgesellschaft immer mehr zum «mobile Worker». Seine Kennzeichen: Zugriff auf alle Arbeitsressourcen von überall und zu jeder Zeit. Schätzungen zufolge beträgt der Anteil dieses Mitarbeitertyps im Schnitt schon heute an die 35 Prozent. In den kommenden Jahren wird dieser Anteil auf über 70 Prozent steigen. Die veränderte Arbeitswelt stellt bereits jetzt grosse Ansprüche an die Informationstechnologie hinsichtlich Flexibilität, Sicherheit und Skalierbarkeit. Mitarbeiter wollen von unterwegs E-Mails, Kalendereinträge, Aufgaben und Kontakte erstellen oder bearbeiten und diese Informationen mit den Unternehmenssystemen synchronisieren - schnell, einfach, reibungslos und auf dem Endgerät ihrer Wahl.
Diesen Trend haben auch die Basler Versicherungen erkannt, eine Tochtergesellschaft der Bâloise-Holding. Die Basler Schweiz zählt rund 3100 Mitarbeitende, davon etwa 800 in der Verkaufsorganisation.
Heterogenität vs. Standard
Gerade im Vertrieb ist die Mobilisierung der Kundenberater im Aussendienst ein wichtiger Aspekt. Deshalb entschied sich das Unternehmen bereits Anfang des Jahrtausends für den Einsatz einer Sybase-Synchronisationslösung. Der Fokus lag damals auf der Unterstützung von diversen Personal Digital Assistants (PDAs) wie etwa Palm. Die schnelle technische Entwicklung und die damit einhergehende, zunehmende Heterogenität der zu unterstützenden Endgeräte stellten die IT-Abteilungen und die IT-Infrastruktur des Versicherungskonzerns jedoch vor eine echte Zerreissprobe. Mit der Standardisierung auf nur noch drei einheitlich vorkonfigurierte Gerätetypen sollte 2006 damit Schluss sein.
Mit den Vorteilen der Standardisierung und Zentralisierung gingen für die IT aber auch gravierende Nachteile einher: Die Standardisierung reduzierte zwar den Support-Aufwand um mehr als 35 Prozent, doch die ausgewählten Endgeräte wurden von den Mitarbeitern einfach nicht angenommen. Die Nutzer beklagten sich über den unzureichenden Funktionsumfang der zur Verfügung stehenden Modelle - vor allem vor dem Hintergrund der kurzen Innovationszyklen mobiler Endgeräte. Gleichzeitig war der zentrale Wartungsaufwand für die steigende Geräteanzahl sehr hoch: Es galt, den Spagat zwischen Gerätevielfalt, Gerätesicherheit und Effizienz der mobilen Infrastruktur zu meistern. So stand das Unternehmen Ende 2008 erneut vor der Aufgabe, eine effektivere Mobility-Infrastruktur zu schaffen, die sowohl die Mitarbeiter zufriedenstellt als auch die IT-Abteilung entlastet.
Die Lösung des Dilemmas: Das Unternehmen unterhält heute im eigenen Intranet ein Self-Service-Portal, über das die Mitarbeiter das Endgerät ihrer Wahl schnell und einfach selbst einbinden. Bei der Entwicklung und Gestaltung des Portals, das auf der Sybase-Plattform iAnywhere Mobile Office aufsetzt, entschied sich
der Finanzdienstleister für das Know-how des Schweizer Sybase-Partners Comdirect AG.
der Finanzdienstleister für das Know-how des Schweizer Sybase-Partners Comdirect AG.
Einer der wichtigsten Gründe für dieses Konzept: Jeder Nutzer kann sein mobiles Endgerät aus einer Liste von Standardgeräten selbst wählen. Der Mitarbeiter muss sich nicht auf ein Modell beschränken und kann seine persönlichen Vorlieben und Wünsche einbringen.
Konfiguration per Selbstbedienung
Der Ablauf funktioniert auf Windows-Mobile-Geräten folgendermassen: Über das Intranet-Portal registriert sich der Mitarbeiter mit seinem Gerät. Daraufhin erhält er automatisiert eine SMS mit einem Link, über den der entsprechende Software-Client für das Endgerät heruntergeladen wird. Nach erfolgreichem Abschluss der Registrierung werden die Daten zwischen Mobilfunkgerät und den entsprechenden Unternehmens-systemen automatisch synchronisiert. Dabei kann der Anwender auch den Umfang der zu synchronisierenden Daten (nur E-Mail, E-Mail und Kontakte, nur Kontakte etc.) selbst festlegen - entsprechend seiner individuellen Bedürfnisse und entsprechend den Anforderungen seiner Aufgabenbeschreibung.
«Wir haben den Markt natürlich gründlich evaluiert, aber keine andere Lösung war in der Lage, unsere Anforderungen wirklich zu erfüllen», erklärt Marc Baier, Leiter Collaboration und Workplace Services Basler Versicherungen. Die besondere Herausforderung dabei: «Eine Lösung, die das iPhone in einer Lotus-Notes-Umgebung businesstauglich einbindet und auch unsere ganz speziellen Geschäftsanforderungen hinsichtlich der Sicherheit adressiert.»
iPhone als freiwilliger Standard
Obwohl die Basler Versicherungen ihren Mitarbeitern eine breite Gerätepalette zur Auswahl stellen, beobachtete das Unternehmen einen erstaunlichen Trend: Eine Woche nach Beginn des neuen Mobility-Ansatzes hatten sich bereits 300 Nutzer mit ihrem iPhone registriert. Das Apple-Handy entwickelte sich im Unternehmen zum freiwilligen De-facto-Standard. Treibende Kraft war - neben Image und Design - ganz klar auch die Benutzerfreundlichkeit. Inzwischen sind insgesamt rund 600 Mitarbeiter für die Mobile-Office-Nutzung angemeldet, wovon 87 Prozent das iPhone nutzen. Das Unternehmen zieht auch daraus seine Konsequenzen und will fortan das iPhone zum mobilen Standard-Endgerät machen - eine Standardisierung also, die von den Mitarbeitern selbst in die Wege geleitet wurde.
Support-Kosten gesunken
1. Im Vergleich zur Einführung der Standardgeräte im Jahr 2006 ist der Aufwand für den Roll-out der neuen Mobility-Infrastruktur deutlich gesunken. Wo damals noch jedes einzelne Gerät ausgepackt, mit Software bestückt und wieder eingepackt werden musste, findet dieser Prozess heute über das Intranet-Portal praktisch automatisch statt.
2. Erste Schätzungen zeigen, dass sich über diesen innovativen Ansatz die laufenden IT-Kosten - sowohl im Support als auch im Engineering - nennenswert reduzieren lassen. Insgesamt kommen 90 Prozent der iPhone-Nutzer praktisch gänzlich ohne IT-Support aus. Das Unternehmen verzeichnet sogar mehr als 50 Prozent weniger Help Desk Calls und das, obwohl die Endgeräte zuvor vorkonfiguriert ausgeliefert wurden.
3. Nicht zuletzt ist auch die Zufriedenheit der Anwender stark gestiegen, die Mitarbeiter bedanken sich bei der IT für die Einfachheit und den reibungslosen Einsatz.
«Nahezu 100 Prozent der iPhone-Nutzer führen die Installation auf ihrem Gerät selbst durch, ohne IT-Support. Heute ist jeder Mitarbeiter selbst für sein mobiles Gerät verantwortlich und das ist unserer Ansicht nach der beste Ansatz», fasst Marc Baier zusammen. «Inzwischen haben sich unsere Mitarbeiter für das iPhone als Standard entschieden.» Die klassische Vorgehensweise in der Unternehmens-IT hat sich umgekehrt: Nicht die IT bestimmt, was der Mitarbeiter nutzen soll, sondern der Mitarbeiter signalisiert, was er gerne nutzen möchte - und entlastet damit sogar noch die IT.
Fazit: Es rechnet sich auf jeden Fall
«Das Self-Service-Portal hat sich bereits in der ersten Projektwoche gerechnet», unterstreicht Melkon Torosyan, Teamleader Mobile Computing beim Partner Comdirect. Die Software integriert mobile E-Mail, PIM, Datenverschlüsselung und Mobilisierung von Geschäftsprozessen in einem Komplettangebot. Unterstützt wird eine Vielzahl von mobilen Geräten darunter Windows Mobile, Symbian und iPhone, die sich über IBM Lotus Domino und Microsoft Exchange ans Kommunikationsnetz des Unternehmens anschliessen lassen.
Und noch eine Erkenntnis hat sich durchgesetzt: Angesichts der Tatsache, dass im Januar 2009 bereits mehr als 17 Mio. iPhones verkauft wurden, darunter 4,4 Mio. alleine im vierten Quartal 2008, und der Apple AppStore zu diesem Zeitpunkt rund 15000 Applikationen mit ca. einer halben Mrd. Downloads verzeichnete, scheint der Einsatz des iPhones im Enterprise-Kontext unaufhaltsam. Nach dem positiven Feedback der Mitarbeiter und den umfassenden Einsparungen im IT-Bereich sehen die Basler Versicherungen noch viel Potenzial: «Ein Ziel ist die Überschreitung der 1000er-Marke bei den Registrierungen bis Ende 2009», erklärt Marc Baier.
Dr. Martin Karlowitsch