«Der IT-Markt ist sehr spannend»

Fachkräftemangel und Digitalisierung

CW: Lege ich einen Finger in die Wunde, wenn ich Sie nach der Fachkräfteknappheit frage?
Ris: Ja, das ist eine Herausforderung im Schweizer Markt. Es gibt einen wirklich grossen Mangel an Fachkräften.
Kurt Ris will EveryWare noch bekannter machen
Quelle: Samuel Trümpy
Allerdings können wir den System Engineers ein sehr interessantes Profil anbieten: Als mittelständisches Unternehmen betreuen wir mittelständische Kunden. Damit haben die Mitarbeiter einerseits die Möglichkeit zum Mitgestalten, andererseits aber auch die Option, dass sie noch den Überblick haben über das spezifische Kundenszenario. Zum Beispiel bei Google wird der Mitarbeiter sich erstens sehr spezialisieren müssen. Und zweitens bekommt er vom Kerngeschäft überhaupt nichts mit. Wer Freude an technologischer Innovation hat, findet bei EveryWare ein Paradies vor.
CW: Das tönt verlockend. Haben Sie womöglich wenig Probleme, neue Mitarbeiter zu gewinnen?
Ris: Nein, leider nicht. Wir kämpfen genau wie alle anderen Marktbegleiter um die besten Fachkräfte.
Noch viel mehr kämpfen allerdings die Anwenderunternehmen um die Spezialisten. Viele Firmen haben in ihrer IT nicht mehr die Mitarbeiter, die sie sich dort wünschen. Und die sie dort eigentlich haben müssten, um die Digitalisierung voranzutreiben. Auch wenn es die IT-Leiter und die Geschäftsführungen nur ungern zugeben: Hier entsteht ein gewisser Druck, die IT auszulagern.
CW: Damit sollten Sie einigen Zulauf haben. Was fehlt EveryWare verglichen mit den Marktbegleitern?
Ris: Eine der zentralen Herausforderungen für uns ist die Bekanntheit am Markt. Wir sind verglichen mit Marken wie Google, Microsoft oder Swisscom ein absoluter No-Name. Zudem kommunizieren die Marktbegleiter noch sehr aggressiv, sodass wir und die übrigen Anbieter bei den Kunden kaum Gehör finden. Hier müssen wir uns verbessern.
Beispielsweise wollen wir in den Medien noch aktiver werden und an bestimmten Veranstaltungen mehr Präsenz zeigen als bis anhin schon. Meiner Meinung nach nützen dabei flächendeckende Werbekampagnen leider gar nichts, weil wir nicht den Endkonsumenten ansprechen. Vielmehr müssen wir spezifische Kanäle für die mittelständischen Unternehmen nutzen, um die Bekanntheit unserer Marke EveryWare weiter zu steigern.
CW: Wenn Kunden Sie nach Digitalisierung fragen, welche Tipps geben Sie ihnen?
Ris: Alle sind heute der Überzeugung, dass Digitalisierung notwendig ist und dass sie sich auch rechnet. Dabei ist Digitalisierung hauptsächlich die Automatisierung von Prozessen mithilfe von Computertechnologie. Damit eine Anwendung sinnvoll ist und sich rechnet, ist eine bestimmte Grösse erforderlich – Stichwort: Skalierbarkeit.
Damit eignen sich aber nicht alle Prozesse und auch nicht alle Markt- respektive Unternehmensgrössen. An diesem Punkt setzt unsere Beratung an: Wir zeigen den Kunden auf, welche Prozesse sich eignen könnten und welche keinesfalls. Genauso bei Produkten oder Märkten. Wenn kein Skalierungspotenzial vorhanden ist, lohnt der Aufbau einer teuren Plattform schlicht nicht. Amazon skaliert ganz anders als ein Schweizer Detailhändler.
CW: Systeme mit künstlicher Intelligenz können die Geschäfte vereinfachen. Fragen Ihre Kunden danach?
Ris: Die künstliche Intelligenz wird uns in Zukunft zweifelsohne bei standardisierten Prozessen unterstützen. Entscheidend ist dabei die Standardisierung. Denn eine künstliche Intelligenz ist natürlich nicht «intelligent», sondern basiert auf Regeln und Routinen. Die vorgeblichen Fortschritte der letzten Jahre in diesem Bereich haben ausschliesslich mit der viel grösseren Rechenkapazität zu tun, die mittlerweile verfügbar ist.
Mein Lieblingsbeispiel sind die Online-Übersetzungen: Einige Online-Anbieter sind heute schon besser als ein
professionelles Übersetzungsbüro. Der Grund für die über­ragende Leistungsfähigkeit des Roboters ist die riesige Lern­umgebung, in der er trainiert wird. Er stützt sich beispielsweise auf das europäische Recht. Hier gibt es Millionen Seiten an Text, der von Profis in mühsamer Handarbeit in 27 Sprachen übersetzt wurde – mit dem Anspruch einer jeweils perfekten Übersetzung. Anhand dieser Texte kann der Roboter lernen, wie korrekt übersetzt wird. Beim Anwenden benötigt er dann allerdings nicht mehr Tage oder Wochen, sondern eher Sekunden.



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