«Der Finanzsektor fragt mehr Analytics nach»
Neue Herausforderung für Amazon
CW: Sagen Sie das Amazon …
Green: Ehrlich gesagt kenne ich derzeit nur wenige Kunden, die sich für Amazon entscheiden. Hingegen haben Google und Microsoft sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland einen guten Job gemacht. Das Kundeninteresse ist entsprechend hoch.
CW: Obwohl Amazon in Deutschland doch sogar ein Rechenzentrum betreibt …
Green: Ja, sie sind aber gleichzeitig ein Wettbewerber – insbesondere für den Detailhandel. Bei einigen unserer Kunden kommt AWS auch deshalb nicht zum Einsatz, weil sie sich Sorgen machen um die Sicherheit ihrer Geschäftsdaten. Ihre Befürchtung ist, dass Amazon den Traffic und die Zugriffe beispielsweise im Online-Shop analysieren könnte, um damit seine eigenen Angebote zu optimieren. Ob das realistisch oder wahrscheinlich ist, kann ich nicht beurteilen. Aber eine solche Befürchtung schwingt bei den Entscheidungen der Kunden natürlich mit. Im Vergleich hat Microsoft noch den Vorteil, dass sie über viel Erfahrung im B2B-Geschäft verfügen. Und Microsoft steht mit so gut wie keinem Unternehmen in einem direkten Konkurrenzverhältnis.
CW: Allerdings ist Microsoft ja mittlerweile einer der grössten Wettbewerber von SAS ...
Green: Ja, das stimmt. Fast alle Anbieter sind heute sowohl Wettbewerber als auch Partner. Unser Ziel ist es, insbesondere mit Microsoft die Partnerschaft zu vertiefen. Denn unsere Kunden haben grossen Bedarf an flexibler Rechenleistung und variablem Speicherplatz. In beiden Bereichen hat Microsoft viel Erfahrung und verdient auch schon viel Geld mit den Services. Mit Konkurrenzprodukten für SAS, beispielsweise Power BI, sind ihre Umsätze nach meinem Wissen eher überschaubar.
In Gesprächen mit den Verantwortlichen bei Microsoft wird mir signalisiert, dass für sie eine vertiefte Partnerschaft durchaus interessant ist. Die Nachfrage aufseiten unserer gemeinsamen Kunden ist ebenfalls vorhanden.
CW: Microsoft hat mit Revolution Analytics aber mittlerweile doch auch ein direktes Konkurrenzprodukt im Portfolio.
Green: Nicht unbedingt, denn SAS bringt Schnittstellen für die R-Modelle auch von Revolution mit. Wenn ein Statistiker die R-Algorithmen nutzt, können sie mit den SAS-Programmen integriert werden für das Datenmanagement, die Analytik und das Reporting. Ausserdem wird die IT-Abteilung dankbar sein, wenn sie nur die bekannten SAS-Lösungen warten müssen und nicht noch zusätzlich Hunderte R-Pakete.
CW: Die Anwendungen von SAS können auch aus der Public Cloud bezogen werden. Wie entscheiden sich die Kunden?
Green: Wir unterstützen alle Public Clouds – von Alibaba und Amazon über Google bis hin zu Microsoft. Die Kunden starten aber oftmals mit einer Private Cloud, in der die Anwendungen getestet und die Cloud-Technologien evaluiert werden. Die Container und Virtualisierung sind in diesem Zusammenhang die Einsatzszenarien, mit denen die Workloads später oder bei Bedarf in die Cloud verschoben werden können.
CW: Wie viele Ihrer Kunden arbeiten mit SAS in der eigenen Infrastruktur?
Green: Eine genaue Anzahl kann ich nicht nennen, da ich die Details nicht kenne. Für die meisten unserer Kunden ist die Cloud allerdings eine strategische Plattform für die zukünftige Computing-Infrastruktur. Selbst wenn sie heute noch On-Premises installieren, die Architektur ist heute mindestens Cloud-ready.
CW: Die US-amerikanischen Unternehmen gelten als Vorreiter für Cloud-Nutzung. Sind dort die SAS-Workloads schon viel häufiger ausgelagert?
Green: Im Vergleich mit Europa sind die SAS-Kunden in den USA eher bereit, Workloads in die Public Cloud auszulagern. Hier unterscheidet sich SAS jedoch nicht bedeutend von anderen geschäftskritischen Anwendungen – auch sie sind schon in der Cloud. Die Kunden in Europa sind generell sehr viel zurückhaltender bei der Public Cloud. Mit den erwähnten Szenarien für Data Scientists, die Cloud-Ressourcen zu Testzwecken nutzen, beginnt aber auch hier langsam der Wandel – siehe das Kundenbeispiel Nestlé.