HPs Desaster 11.10.2014, 16:05 Uhr

schlechte Manager und falsche Sparmassnahmen

Rigorose Sparmassnahmen und krasses Missmanagement machen die Experton-Analysten Zilch und Vogt für die aktuelle Situation bei HP verantwortlich. Die Technologieführerschaft sei verloren gegangen. Dem angekündigten Split stellen sie ein gemischtes Zeugnis aus.
Die Experton-Analysten Andreas Zilch und Arnold Vogt nehme die neue HP unter die Lupe. Hewlett-Packard spaltet sich in zwei rechtlich selbstständige Einheiten auf: HP Inc. wird das Drucker- und PC-Geschäft weiterführen, Hewlett-Packard Enterprise fasst das Geschäft mit Professional Services, Servern, Storage, Netzwerken und Software unter einem Dach zusammen. Diese Organisationsänderung bei HP, so das Fazit der beiden Analysten, habe kurzfristig keine positiven Einflüsse auf das Angebot und die Leistungen des Unternehmens. Kunden müssten durch Unsicherheiten und Übergänge eher mit negativen Einflüssen rechnen. Gesamtverträge mit HP gehörten deshalb auf den Prüfstand. Zudem seien solche Veränderungen für die Konkurrenz immer eingefundenes Fressen und eine Chance, verunsicherte HP-Kunden zu übernehmen.

Historisches Desaster

HP sei immer ein technologischer Marktführer gewesen und konnte Innovationen sehr zeitnah in Enterprise-Qualität für seine Kunden umsetzen. Diese Technologieführerschaft sei aber - primär durch Sparmassnahmen - fast komplett verloren gegangen. Dieses harsche Urteil fällen die beiden Analysten im Wesentlichen über alle Hardware-Komponenten, also Clients, Server und Storage. "Dies ist ein historisches Desaster und auf krasse Management-Fehler zurückzuführen", schreiben Zilch und Vogt in einem aktuellen Newsletter. Es zu korrigieren sei möglich, aber schwierig.

Services: massiver Qualitätsverlust

HP sei ausserdem gerade bei seinen Enterprise-Kunden wegen des herausragenden Services (TS - Technical Services) sehr beliebt gewesen. "Selbst wenn HP einmal nicht technologisch führend war, waren die Kunden zufrieden und treu". Der Technische Service für Enterprise-Kunden habe jedoch in den letzten Jahren massiv an Qualität eingebüsst. "Wo früher die Kunden dies als wesentlichen Grund für die Zufriedenheit und langfristige Zusammenarbeit mit HP angaben, hat sich das bei einigen uns bekannten grossen HP-Kunden ins komplette Gegenteilt verkehrt", sagen Zilch und Vogt mit Fokus auf den deutschen Markt.

Etablierte HP-Unkultur

Die Gründe dafür seien vielfältig, hätten aber sicher auch mit den zwischenzeitlichen Kürzungen und der Erosion der installierten Basis zu tun. Ein weiterer Grund für die Schwäche im Technologiebereich sei die mittlerweile etablierte HP-Kultur, viel zu lange an veralteten und nicht mehr marktkonformen Produkten festzuhalten. Aus finanzieller Sicht und aus Aktionärsperspektive sei der HP-Split durchaus positiv zu bewerten. Die Geschäftsmodelle von HP Inc. und Hewlett-Packard Enterprise seien sehr unterschiedlich und könnten getrennt besser angepasst werden. Beide Bereiche lassen sich zudem getrennt besser verkaufen. Zudem sei die Entflechtung von Mischkonzerne ein globaler Business-Trend, um den Unternehmenswert (Aktienkurs) insgesamt zu steigern. Für aktuelle und zukünftige HP-Kunden seien jedoch noch keine Vorteile in Sicht.

Positive Trends

Durch den Split teilt sich die alte HP in zwei, zumindest finanziell gleich starke Unternehmen auf, beide mit einem Jahresumsatz von etwa 57 Milliarden US-Dollar. HP Inc. trauen die Experton-Analysten zu, wieder zur alten Innovationskultur zurückzufinden. Denn bei PCs und Druckern sei ein positiver Trend erkennbar. Bei Hewlett-Packard Enterprise dagegen sehe es aktuell eher negativ aus. Nächste Seite: aktuelle Kennzahlen der beiden HPs Experton hat die Kennzahlen der letzten Quartale für HP Inc. und Hewlett-Packard Enterprise analysiert (siehe auch die bersichtsgrafik): Das PC-Geschäft zeigt bei bei Umsatz und Profit eine sehr positive Entwicklung. Das Druckergeschäft ist weiterhin hoch profitabel (Umsatzwachstum fehlt, könnte aber durch Innovationen wie 3D-Drucker und Business Ink entstehen.) Das Server-Geschäft verliert weiter kontinuierlich an Marge. Dieser Trend wird durch den Zusammenbruch des Value-Server-Geschäfts (HP-UX) anhalten. Das Service-Geschäft verliert weiter dramatisch an Umsatz. Die Profit-Marge konnte bisher nur auf sehr niedrigem Niveau stabilisiert werden. Das Software-Geschäft verliert weiter deutlich an Boden. Auch wenn die Profitmarge gut ist, ist der Geschäftsbereich Software einfach zu klein, um die beiden Schwergewichte von "HP Enterprise" (Server & Services) längerfristig auszugeichen. Die Cloud wird von HP positiv adressiert, kannibalisiert aber auch weiterhin das Software- und Service-Geschäft der HP-Enterprise. Der Umsatz mit Outsourcing und Software-Lizenzen geht offenbar schneller zurück, als das Geschäft mit der Cloud wächst.

Hinderliche Prozesse

Ein Lichtblick in Deutschland, so Experton, sei das Enterprise-Service-Geschäft - teilweise im Gegensatz zum globalen Geschäft. In Deutschland habe HP durchaus einige Erfolge erzielt, was aber oftmals auf einzelne Personen zurückzuführen sei. Auch gebe es gute Lösuingsansätze zum Beispiel bei Big Data, die aber noch nicht in signifikante finanzielle Erfolge umgesetzt werden konnten. Die bei HP sehr stringenten internationalen Prozesse in diesem Bereich seien eher hinderlich für ein agileres und noch erfolgreicheres Auftreten.

Geht's HP noch zu gut?

Aus Kundensicht, so das Fazit von Zilch und Vogt, lägen die Probleme und Herausforderungen bei HP seit Jahren offen auf dem Tisch, aber die wahren Ursachen würden zumindest offiziell nicht erkannt und angegangen. Möglicherweise gehe es HP insgesamt immer noch zu gut, mutmassen die beiden Analysten. Die Führung eines Unternehmens aus einer rein finanziellen, kurzfristigen Perspektive entspräche zudem dem zurzeit herrschenden globalen Business-Trend.



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