07.10.2014, 11:55 Uhr
Kernspaltung bei HP
HP trennt das Grosskunden- vom Consumergeschäft. Computerworld analysiert, welche kurz- und längerfristigen Auswirkungen die Trennung haben wird.
Aus eins mach zwei: In etwa knapp einem Jahr will sich Hewlett-Packard in zwei Unternehmen aufgespaltet haben. Eines, das sich um die Geschäftsbereiche von Personal Computern und Druckern kümmern soll, das andere will dagegen Dienstleistungen sowie Technik für grosse Unternehmen abdecken. Während die heutige HP-Chefin Meg Whitman das abgespaltene Unternehmensgeschäft mit dem Namen Hewlett-Packard Enterprise führen soll, wird Dion Weisler (aktuell HP-Vizepräsident) das Segment rund um PCs und Printer leiten. Zurück in die Zukunft Drehen wir die Zeit für vier Jahre zurück: Zu diesem Zeitpunkt leitete Leo Apotheker die Geschicke des damals grössten Computerherstellers der Welt. Der damalige (kühne) Plan des CEOs, der bereits nach etwa elf Monaten von HP entlassen wurde: Ein fundamentaler Umbau von HP anzustossen, aus dem nicht nur ein Mischkonzern aus Hard- und Software entstehen sollte. Vielmehr wollte der damaliger Konzernleiter das Hardware-Geschäft gänzlich auslagern. Und dass Apotheker ein Mann der Tat war, wurde ebenso bald klar. Denn er war es, der für die bernahme von Autonomy, einer Software-Firma, die - grob gesagt - mithilfe von Software Kundendaten präzise analysieren kann, verantwortlich war. Die Übernahme kostete HP damals etwa 12 Milliarden US-Dollar - eine horrende Summe für ein eher unbekanntes Unternehmen. Apotheker wurde für HP aber letztendlich nicht nur wegen diesem, von aussen betrachtet, verwunderlichen Kauf nicht mehr tragbar. Wohl aber wegen seiner «John Wayne»-Methodik: Erst einmal für klare Verhältnisse sorgen, danach, eher bei Bedarf und häppchenweise informieren. Ein grobes Fehlverhalten aus Sicht vieler Manager in der Konzernleitung. Ihnen war es ein Dorn im Auge, mit welcher Entschlossenheit Apotheker den Umbau in ein Software-Unternehmen forcierte. Der Autonomy-Kauf dürfte dabei «nur» der sprichwörtliche Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen brachte, und für Leo Apothekers schnellen Abgang sorgte. Hatte Apotheker doch Recht? Heute nach knapp vier Jahren, FBI-Ermittlungen und etlichen Krisen (Kurseinbruch, Vertrauensverlust, ##{"type":"InterRed::Userlink","linktype":"b","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"cwx_artikel","bid":0,"cid":0,"extern":"","fragment":"","t3uid":"61843","page":0,"text":"Milliarden-Abschreiber","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!) sowie einer neuen HP-Chefin später, handelt HP nun auf ähnliche Weise und will sich von seinem einstigen Kerngeschäft, dem Verkauf von Hardware für Consumer entfernen. Dabei war es Meg Whitman selbst, die sogleich nach ihrer Einsetzung als CEO den Umbau von HP stoppte. So konnte sie immerhin innerhalb der HP einigermassen für Ruhe sorgen. Warum es nun doch so weit ist, liegt auf der Hand und ist vor allem auch nachvollziehbar. Die Margen und damit Gewinnaussichten für klassische Hardware-Produkte, wie etwa PCs, Notebooks oder auch Drucker sind im Keller. Andererseits greifen Anwender bei boomenden Geräteklassen wie Tablets oder Ultrabooks eher zur Konkurrenz. Beim ebenso lukrativen Smartphone-Geschäft schaut HP sogar gänzlich in die Röhre. Mit dem Schritt, das Unternehmen in zwei Segmente zu spalten, schafft HP in erster Linie für sich selbst eine Strategie mit Zukunft. Das ist gut so und wird vor allem auch vom Gros der Anteilseigner mitgetragen. Geld verdient wird nämlich hauptsächlich mit Dienstleistungen, Software und Service-Angeboten. Zu ihnen zählt zwar nach wie vor das Geschäft mit Hardware, folgt aber anderen Gesetzen. Kunden wollen eine Lösung, anhand der sich HP mit seinen Produkten orientieren kann. Dion Weisler braucht Innovative Produkte Für das Hardwaregeschäft selbst muss die Spaltung zwar nicht zwangsläufig ein Nachteil sein, war aber dringend nötig. Denn die Lage selbst ist prekär. Mitbewerber haben schon längst reagiert und sich den Marktveränderungen, um es positiv auszudrücken, angepasst. Während beispielsweise Dell seine Aktien von der Börse genommen hat, ist Lenovo durch seine Effizienzsteigerung und cleveren Zukäufe (Medion , PC- und Serversparte von IBM) aufgefallen. Gerade Lenovo ist es auch, das als Unternehmen HP mittlerweile als Nummer eins als Leader im weltweiten PC-Geschäft abgelöst hat. Und HP? Das Unternehmen bekräftigt auch weiterhin, an der Hardware festzuhalten. Durch die Trennung kann man immerhin ein Stück weit autonomer handeln. Wichtig dabei ist es aber auch die «gewonnene Freiheit» mit Leben, also neuen, innovativen Produkten zu füllen. Genau das war in der Vergangenheit, und ist auch noch heute die Achillesferse von HP. Es bedarf eben mehr als nur Zukäufe von Technologie mit zweifelhaften Nutzen. Aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet, kann eine Abspaltung durchaus auch psychologisch von Nutzen sein, da man nun weiss, dass man fortan auf eigenen Füssen stehen (muss).