19.08.2011, 11:30 Uhr

Handschrift von Apotheker erkennbar

HPs Verkauf der PC-Sparte und der Abschuss des Tablet-Geschäfts trägt eindeutig die Handschrift des ehemaligen SAP-Bosses und jetzigen HP-CEO Leo Apotheker.
Computerworld-Redaktor Daniel Bader
Mit dem Vorstoss, sein Tablet-Geschäft einzustampfen, WebOS als Betriebssystem aufs Abstellgleis zu schieben und sogar seine PC-Sparte veräussern zu wollen, trifft Marktführer Hewlett Packard drei fundamentale Entscheide, die seine bisherige Strategie teilweise komplett auf den Kopf stellen. Zukunft bringt, glaubt man der HP-Spitze, das Business-orientierte Software-Geschäft - mit Fokus Cloud Computing. HP gab darüber hinaus bekannt, das auf Analytics-Software spezialisierte Unternehmen Autonomy zu übernehmen. Als Kaufpreis werden 10 Milliarden Dollar genannt. Die gesamten Aktionen dürften nicht jeden Mitarbeiter zufrieden stellen. Auch bei den Aktionären dürfte die neue Stossrichtung von HP zumindest für Verwirrung sorgen. Alle Entscheide haben aber eines gemein: Sie zeigen die Handschrift des neuen HP-Chefs Leo Apotheker, der vor rund einem Jahr vom weltweit führenden Business-Softwarekonzern SAP zu HP wechselte. Doch der Reihe nach:

Bye, bye Hardware...

HPs Kernkompetenz lag bis dato bei der Hardware. Nach Stückzahlen thront der amerikanische Multi-Konzern auf Platz eins bei Notebooks, Peripheriegeräten und dem Servergeschäft. Dass man nun die Personal Systems Group - bei einem passenden Angebot - veräussern will, dürfte wohl nicht jedem (altgedienten) Mitarbeiter schmecken. Schliesslich hat das Weltunternehmen dieser Sparte seine grössten Erfolge zu verdanken. Selbst in Zeiten, wo sich Firmen wie etwa IBM von ihrem PC-Geschäft trennten, schrieb HP über Jahre hinweg noch tief schwarze Zahlen. Aktuell macht die Hardware zudem gut ein Drittel des gesamten Umsatzes von HP aus. Andererseits dürfte HP seine Fühler im Markt sehr gut platziert haben. Es ist wohl anzunehmen, dass ihre Indikatoren eher auf Stagnation stehen. Denn die Sparte ist natürlich stark vom Konsumklima abhängig. Das heisst, bei einer möglichen weltweiten Rezession oder abflauenden Wirtschaft wird auch der Markt schrumpfen. Es werden schlicht weniger Endgeräte wie Notebooks, Drucker etc. verkauft. Und ganz wichtig: Als Börsen-notiertes Unternehmen ist man auf ein konsolidiertes Wachstum angewiesen, sonst verärgert man auf lange Sicht seine Gross-Aktionäre. Dass sich HP nun vom Tablet- und Smartphone-Geschäft inklusive des Betriebssystems WebOS trennt, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Denn die Abverkäufe laufen miserabel. Der europäische Markt wird weitgehend von Apples iPad und iPhone dominiert – im amerikanischen Markt konkurriert iOS mit Googles Android. In beiden wichtigen Sektoren spielt HP mit seinen ultra-mobilen Lösungen eine sehr unbedeutende Rolle, um es positiv auszudrücken. Wohl aus diesem Grund gab man dem Geschäft nun endgültig den Laufpass. Allerdings wirft HP mit diesem Entscheid seine erst kürzlich getroffene WebOS-Strategie über den Haufen: Immerhin war die Akquise des mobilen Betriebssystems vor nur einem Jahr noch 1,8 Milliarden wert.

Auf zu neuen Wegen, aber wohin genau...

HP wird extern immer noch als Hardware-Hersteller wahrgenommen. Unterm Strich ist der Wechsel zum Software-und-Service-Dienstleister wohl nicht «über Nacht» oder eben mit einer Pressemittleilung aus den Köpfen von mehreren 100 Millionen HP-Anwendern verbannt. Darunter dürfte letztendlich auch das Vertrauen, das Endanwender in die Marke HP setzen, leiden. Dass man sich nun aber der «lukrativen» Business-Software inklusive den zugehörigen Serviceleistungen zuwenden will, ist nur eine logische Folge. In der Tat verfolgt HP bereits schon länger dieses Ziel. Intern dürften die Hebel bereits schon länger umgelegt sein. Schliesslich kann man stolz auf den wachsenden Geschäftsanteil der beiden Sparten Software Group und Service Group verweisen. Trotzdem: Die Investition von 10 Milliarden in ein britisches Software-Unternehmen sind ein hoher Preis und eine der teuersten Übernahmen in HPs Firmengeschichte. Allerdings gehört Autonomy immerhin zu den führenden Anbietern von Analytics-Software. Damit dürfte der Übernahmekandidat sehr gut in HPs neues Beuteschema, dass sich verstärkt auf Analyse-Software konzentriert, passen. Ob diese neue Strategie allerdings auch längerfristigen Erfolg hat, ist indes noch offen. Denn schliesslich haben etablierte Firmen wie SAP, IBM, SAS, Microsoft oder Oracle hier die Nase vorn - und zwar ein ganzes Stück.



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