12.09.2013, 12:33 Uhr
So verhandeln Sie richtig
Der eine will mehr Gehalt, der andere unbedingt die Projektleitung. Arbeiten heisst auch immer verhandeln – und das will gelernt sein. Ein paar Tipps können da helfen.
Verhandeln will gelernt sein: Am Ende des Gesprächs sollte, wenn möglich, eine Win-Win-Situation stehen. Foto: Fotolia
Dieser Artikel wurde ursprünglich in unserer Schwesterpublikation Channelpartner.de publiziert. Eine Verhandlung, egal ob es um mehr Lohn oder ein Budget geht, ist immer ein Konflikt: Beide Seiten wollen etwas, und meistens ist es nicht das Gleiche. Der Mitarbeiter möchte vielleicht fünf Prozent mehr Gehalt, der Chef will nur zwei Prozent drauf legen. Im schlechtesten Fall gehen beide mit einem schalen Kompromiss aus dem Gespräch. Ähnliche Situationen passieren auf Entscheider-Ebene, wenn Vorstände und Abteilungen darüber diskutieren, wie hoch beispielsweise das IT-Budget dieses Jahr sein soll oder darum, wer welche Zuständigkeiten im Projekt hat. Verhandeln will also gelernt sein. Worauf Sie achten müssen, um eine Verhandlung zum Erfolg zu führen, verrät Management-Coach Christian Richter:
Vier Phasen der Verhandlung
Grundsätzlich besteht jede Verhandlung aus vier Elementen: "Informationsaustausch über die Positionen, Argumentationsaustausch, Lösungsphase, und am Schluss schaffen Sie Verbindlichkeiten", sagt Richter. Jede dieser Phasen will gut strukturiert und sinnvoll sein. Das gilt natürlich nicht nur für den Chef, sondern auch den Mitarbeiter. "Bitten Sie Ihren Mitarbeiter, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten", sagt Richter. Meist handelt es sich um kein reines Gehaltsgespräch, sondern um eine Leistungsbewertung. "Führen Sie das Gespräch sehr offen und geben Sie dem Mitarbeiter ausführlich Feedback", rät Richter. Die Phase des Argumentationsaustauschs kann in einem solchen Gespräch sehr lang und ausführlich sein. "Der Mitarbeiter ist meist in dieser Situation etwas verunsichert, er soll aber gestärkt aus dem Gespräch gehen", sagt Richter. Darum: "Geben Sie ihm auch Entwicklungsperspektiven in den Punkten, an denen seine Leistung noch nicht so gut ist", rät der Coach. Sich auf diese Punkte vorzubereiten, ist Chefsache. "Fragen Sie aber auch den Mitarbeiter, an welchen Punkten er glaubt, sich verbessern zu können und wo er sich hinentwickeln möchte", sagt Richter. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Mitarbeiterwünsche ernst nehmen
Mitarbeiterwünsche ernst nehmen
Am Ende des Gesprächs sollte, wenn möglich, eine Win-Win-Situation stehen: Beide, Chef und Mitarbeiter, haben das Gefühl, dass sie etwas gewonnen haben. "Oft werden die Wünsche der Mitarbeiter von den Chefs aber nicht wahrgenommen", sagt Richter. Gibt der Vorgesetzte einem Leistungsträger gar nicht nach, kann das erhebliche Konsequenzen haben. Natürlich ist das Budget immer knapp und wird durch Lohnerhöhungen zusätzlich belastet. Das wird der Mitarbeiter rational verstehen, wenn Sie ihm erklären, warum Sie sein Gehalt leider nicht erhöhen können. Trotzdem können ihm die Gründe egal sein, schliesslich will er mehr Gehalt. Ihnen sollte das Budget manchmal auch egal sein. "Sie können den wertvollen Mitarbeiter schnell verlieren. Die Kosten, einen Nachfolger zu finden und einzuarbeiten, bis er so gut ist wie sein Spitzenvorgänger, sind viel höher", sagt Richter. "Manche Chefs denken da nicht weit genug." Wer keinen Top-Performer verlieren will, aber mit dem Gehalt nicht raufgehen kann, kann dem Mitarbeiter auch andere Vergünstigungen anbieten. Eine Fitness-Studiomitgliedschaft, ein anderes Dienstauto oder Ähnliches bieten sich an, denn das steigert nicht die Lohnnebenkosten. "Aber fragen Sie immer den Mitarbeiter, was er sich wünscht, sonst geht auch dieses Entgegenkommen schief", sagt Richter.
Alternativen für Mitarbeiter
Der Coach hat noch einen weiteren Tipp parat, um gemeinsam mit dem Mitarbeiter einen Kompromiss zu finden: "Fragen Sie den Kollegen nach mehreren Lösungsvorschlägen." Oft hat das Teammitglied keine steife Maximalposition, sondern kann mehrere Alternativen anbieten. Von allein wird er sie aber nicht vorschlagen. Die Teammitglieder nach Alternativen zu fragen, das versäumen einige Vorgesetzte, meint Richter. "Chefs fragen meiner Erfahrung nach ihre Mitarbeiter oft nicht, was sie wollen", sagt er. In Verhandlungen geht es nicht immer nur um die Lohnfrage: Oft wollen Mitarbeiter an der Arbeitsweise etwas ändern, etwa freier und selbstständiger arbeiten. "Einige Chefs beharren auf Kleinigkeiten, die dem Mitarbeiter sehr unrecht sind, obwohl es leicht wäre, da etwas zu verändern", meint Richter. Will der Mitarbeiter selbstständiger arbeiten, sollte der Vorgesetzte nicht auf Kontrolle beharren. Ein Kompromiss ist da leichter zu finden. Trotzdem kann es passieren, dass ein Kollege frustriert aus dem Gespräch herausgeht. "Das kann auch daran liegen, dass seine Erwartungen völlig überzogen sind", meint Richter. Gehaltsteigerungen von zehn Prozent sind oft illusorisch. Der Coach rät dazu, dem Mitarbeiter ganz genau zu erklären, wie der Normalfall ist. Das heisst nicht, dass man ihm die Gehälter der Kollegen verrät. "Erklären Sie zum Beispiel, in welchem Rahmen in der letzten Zeit die Steigerungen im Unternehmen oder in der Abteilung waren", sagt Richter. So kann der Kollege ein Gefühl für Zahlen entwickeln. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Vorbereitung, Sprache, Haltung, Manipulation
Vorbereitung, Sprache, Haltung, Manipulation
Wer in Verhandlungen punkten möchte, sollte laut Richter vier Punkte beachten:
1. Bereiten Sie sich gut vor
Bevor Sie in ein Gespräch gehen, bereiten Sie Ihre Argumente gut vor. Halten Sie Zahlen und Fakten im Kopf (oder auf Papier) bereit, darauf können Sie immer zurückgreifen. "Die Argumente können aber unterschiedlich ausgerichtet sein", sagt Richter. Nicht nur die sachlichen Informationen können zur Sprache kommen. "Auch emotionale Argumente oder Empfehlungen von Kollegen sind ein Teil der Bandbreite", meint Richter. Je grösser die Bandbreite ist, desto besser ist Ihre Verhandlungsposition.
2. Achten Sie auf die Sprachwahl
Grundsätzlich kann man emotional und bildhaft über ein Thema sprechen oder sehr sachlich. "Die Wahl des Sprachstils kommt natürlich auf das Gegenüber an", sagt Richter. In knallharten Budgetverhandlungen wird eine bildhafte Sprache weniger ankommen. Andererseits vermittelt die bildhafte Sprache deutlich mehr Emotionen - und Verhandlungen lassen sich viel besser über Emotionen steuern. Richter gibt ein Beispiel: Sätze wie "Sie wollen mich doch hier nicht im Regen stehen lassen!" wirken stärker als ein sachlicher Tonfall. Geschickt handeln Sie, wenn Sie die emotionale Sprachwahl negativ einsetzen. Zunächst besetzen Sie Ihre eigenen Argumente mit positiven Bildern, dann versuchen Sie das Argument ihres Verhandlungspartners mit negativen Bildern zu besetzen. Wenn Sie zum Beispiel durchsetzen wollen, dass eine Konferenz in einem Landhotel und nicht in einer Grossstadt durchgeführt wird: "Sprechen Sie von Waldspaziergängen mit Frischluft und stinkenden Abgasen in der Stadt", sagt Richter. Zwar hat das nichts mit dem sachlichen Grund zu tun, weckt aber beim Gegenüber unbewusst Emotionen und bringt ihn so auf Ihre Seite.
3. Die Haltung zählt
Neben der Sprachwahl kommt es auch auf die Körpersprache an. "Wer angespannt ist, sitzt auch anders als ein entspannter Mensch", sagt Richter. Das wirkt sich auch auf den Verhandlungspartner aus, der die Anspannung wahrnimmt. Anspannung ist keine gute Voraussetzung für lockere und ergebnisoffene Verhandlungen. Seien Sie also von Ihrer eigenen Haltung überzeugt, bringen Sie aber keine Aggressionen mit in die Verhandlung hinein. Mit der Faust auf den Tisch schlagen oder sich bedrohlich aufplustern führt in keinem Fall zum gewünschten Ergebnis. Probieren Sie es doch stattdessen mit Rapport. Imitieren Sie – in Massen – die Körperhaltung des Gesprächspartners. So signalisieren Sie nicht nur, dass Sie die Argumente verstanden haben, sondern auch, dass Sie mit ihm fühlen. Sie beweisen also Empathie. Das macht es auch dem Verhandlungspartner leichter, auf Ihre Vorschläge einzugehen.
4. Geschickte Manipulation
Verhandlungen, etwa über Projekte oder Unternehmensrestrukturierungen, finden nicht immer nur unter vier Augen statt. Manager, die in einer Runde verhandeln müssen, können aber subtil die Meinung beeinflussen. "Fungieren Sie unauffällig als Moderator und erteilen Sie wenn möglich denjenigen das Wort, die ihre Ansichten teilen", rät Richter. "Es hilft, sich in solchen Runden schnell ein Stimmungsbild aller Teilnehmer zu erstellen", sagt Richter. Ermutigt man sie mehr zum Sprechen, überwiegt "Ihr" Gesprächsanteil von allein. So können Sie auch neutrale Verhandlungsteilnehmer auf Ihre Seite ziehen.