11.01.2008, 08:28 Uhr

«Wir sind riesig stolz auf den PC»

Microsoft-Gründer Bill Gates hatte auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas den letzten grossen Auftritt vor seinem Rückzug aus dem Tagesgeschäft. Unserem Korrespondenten Marc Ferranti gab er dort ein Exklusiv-Interview.
Rückzug in den Unruhe-Stand: Microsoft-Gründer Bill Gates zieht sich zwar aus dem operativen Business zurück - hat aber mit Microsoft noch viel vor.

Computerworld: Herr Gates. In ihrer mehr als 30 Jahre dauernden Karriere bei Microsoft wurde immer wieder Kritik laut, Sie seien zwar ein genialer Geschäftsmann, aber kein Erfinder. Gibt es dennoch Innovationen, auf die Sie stolz sind?


Bill Gates: Riesig stolz sind wir ganz klar auf den Personal Computer. Damals war es nämlich eine ziemlich verrückte Idee, für den Mikroprozessor Anwendungen zu schreiben und um ihn herum eine ganze Softwareindustrie aufzubauen. Denn die gab es noch nicht. Die Computerei war etwas für Grossfirmen. Unsere Vision war es 1975 - und ich habe dafür sogar meine Universitätsausbildung an den Nagel gehängt - eine Industrie aufzubauen, deren Hauptzweck es sein sollte, jeden Einzelnen weiterzubringen. Dafür fanden wir Hardwarepartner. Und wir liessen jeden, der wollte, auf der Grundlage unserer Vorarbeiten selbst Software schreiben. Alles drehte sich somit um den persönlichen Rechner. Diese Vision - und wir waren die ersten, die sie hatten - hat in den letzten 30 Jahren die Branche umgewälzt und die PC-Industrie zu dem gemacht, was sie heute ist.

Da wir gerade an der Unterhaltungselektronikmesse CES sind: Welche Entwicklungen von Microsoft gibt es in dieser Branche, von denen sie in den nächsten Jahren zehren wollen?

Mir fallen hier vor allem drei Neuerungen ein: Im Gaming-Bereich haben wir mit Xbox Live einen Durchbruch erzielt, der zukunftsweisend ist. Denn hier können die Leute nicht nur spielen, sondern sich auch austauschen. Sie können übers Netz sowohl Mitspieler finden und sich online mit diesen messen. Schliesslich lassen sich Videos austauschen. Vielleicht basiert hierauf sogar die Zukunft des Fernsehens. Schon heute werden in den USA mehr Dollar für die Xbox ausgegeben als für Sonys Playstation PS3 und Nintendos Wii-Konsole zusammen.
Die zweite Innovation ist unser Mediaroom, der TV und weitere Inhalte übers Internet verbreitet. AT&T und 19 weitere Telekommunikationsfirmen weltweit sehen hierin die künftige Videoplattform. Dies vor allem, weil damit gezielter Werbung geschaltet werden kann. Denn mit Mediaroom, den bereits Millionen Leute benutzen, lassen sich die Inhalte und somit auch die Werbespots auf den Betrachter massschneidern.
Schliesslich dürfte Surface für Furore sorgen, eine von uns entwickelte Benutzerschnittstelle. Hier können Anwender die Dinge, mit denen sie etwas am Computer vorhaben, direkt anfassen und manipulieren.
Bei all unseren Vorhaben geht es also darum, die verschiedenen Techniken und Medien zu verbinden, die Bedienung zu vereinfachen und damit das Erlebnis für den Konsumenten zu verbessern.

Sie haben gerade eine Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender NBC in Hinblick auf die Olympiade angekündigt. Worum gehts?

Zusammen mit NBC wollen wir die olympischen Spiele in Peking dem Konsumenten auf verschiedenen Wegen präsentieren. Dabei profitieren wir enorm von unserer Technik Silverlight. Denn damit lassen sich die Inhalte interaktiv abrufen. Für eine Veranstaltung wie die Olympiade, bei der es so viele Ereignisse gibt und so viele Menschen, die sich für verschiedene Aspekte des Geschehens interessieren, ist eine so individualisierbare Videotechnik optimal.

Ihre Strategie in der Unterhaltungselektronik trägt also Früchte. Wird sich auch das Geschäftsmodell von Microsoft ändern müssen? Wird der Umsatz künftig vermehrt auf Werbeeinnahmen basieren?

Unser Umsatz im Anzeigenbereich ist klar gestiegen. Allerdings ist Google dort derzeit noch tonangebend. Wir müssen somit auch hier innovativ werden, um dieses Geschäft weiter auszubauen. Ich denke dabei vor allem an unsere eigene Suchmaschine. Unsere Partnerschaft mit dem Medienriesen Viacom hilft uns hierbei und wir planen weltweit weitere Kooperationen.
Dennoch gilt: Microsoft wird auch in Zukunft mehrere Geschäftsmodelle pflegen. So haben wir Endanwender-Software wie einzelne Games und PC-Programme, die man im Laden kauft und ein einziges Mal dafür bezahlt. Parallel möchten wir aber auch Programme vermieten, beispielsweise im Server-Bereich, und für deren Benutzung einen monatlichen Betrag einfordern.
Die Einnahmen mit Anzeigen werden diese Modelle nicht ersetzen, sondern eine zusätzliche, immer wichtiger werdende Umsatzquelle darstellen. Und wir werden künftig alle diese Quellen gleichzeitig anzapfen müssen, um unsere Stärke beibehalten zu können.



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