11.03.2011, 06:00 Uhr

Führen und geführt werden

Eine Beförderung ins Management macht in der Regel stolz. Gleichzeitig sieht sich der oder die Glückliche aber mit neuen Anforderungen aus allen Ebenen konfrontiert. Mit etwas Geschick wird diese Sandwich-Position trotzdem zum Sprungbrett.
Die Führung nicht aus der Hand geben, Foto: © Schattenfell / Photocase.com
Alexandra P. Streubert ist Inhaberin von JobImpress - promoting female executives. Silvia A. Finke ist Senior Consultant bei Knobel Corporate Communications. Ein herzlicher Händedruck des Chefs, verbunden mit den besten Wünschen für die Zusammenarbeit, der Eintrag der Zeichnungsberechtigung ins Handels­register, das Einzelbüro und vielleicht weitere «Insignien der Macht» – der Vormittag des ersten Arbeitstags in neuer Funktion macht auf jeden Fall Spass. Bereits am Mittag kann aber der erste Geschäftsleitungslunch angesetzt sein, und spätestens dann ist die Schonfrist vorbei. Die Geschäftsleitung macht noch einmal deutlich, was sie vom neuen Mitglied erwartet: Leistungssteigerung der Einheit bei geringeren Kosten, grössere Produktivität und einen höheren Beitrag zum Cash-Flow. So weit hatte man es ja nach den Gesprächen im Vorfeld nicht anders erwartet. Beim Erstkontakt mit den neuen Mitarbeitern stellt sich dann aber heraus, dass auch diese hohe Erwartungen haben: bessere Arbeitsbedingungen und -mittel, interessantere oder andere Arbeit, mehr Lohn – die Liste liesse sich fortsetzen. Bei einer Führungsspanne von durchschnittlich drei bis zwanzig Mitarbeitern kommt da schon einiges an Forderungen zusammen. Die grossen Unterschiede in der Anzahl der direkt Rapportierenden ist bedingt durch die unterschiedlichen Strukturen in KMU und grös­seren Unternehmen. Während in einem KMU die Hierarchien flach sind und in der Regel alle Mitarbeiter wissen, wer was zu sagen hat, ist die Differenzierung durch Hierarchien in Gross­unternehmen viel stärker. Man kennt nicht mehr jeden persönlich, und die Visitenkarte sagt auch inhouse etwas über den Status aus. Eine zu kleinteilige Strukturierung kann durch den dadurch bedingten Abstimmungsbedarf in KMU hinderlich sein – in einem grösseren Unternehmen kann ein zu grosser Bereich und die damit verbundenen Aufgaben, bei einer Person konzentriert, ebenso behindernd wirken. Der frischgebackene Manager fühlt sich auf jeden Fall unvermittelt an die Definition eines Sandwiches erinnert: ein Ding zwischen zwei anderen Dingen unterschiedlichen Charakters und unterschiedlicher Qualität. Eine Position im mittleren (Sandwich)-Management kann jedoch durchaus komfortabel sein. Sie sollten sich lediglich einige Tatsachen verdeutlichen und ein paar Regeln beherzigen.

Erwartungshaltungen klären

Alle Erwartungshaltungen kann ein einzelner Manager gar nicht befriedigen, das muss den Gesprächspartnern auch klar werden. Hier ist eine offene und transparente Kommunikation gefragt. Sowohl mit Vorgesetzten als auch mit Mitarbeitern muss die Führungskraft offen besprechen, welche Erwartungen bestehen, wo es Möglichkeiten gibt, diese Bedürfnisse zu befriedigen – und wo eben nicht. Je mehr Missverständnisse Sie an dieser Stelle vermeiden, desto besser funktioniert die Zusammenarbeit auf Dauer. Da Sie nicht allen Erwartungen entsprechen können, entwickeln Sie Ihre eigene Linie und bleiben sich treu. Wenn Sie Ihre Werte, Prinzipien und Ziele definieren (natürlich immer im Rahmen der Unternehmensstrategie) und diese glaubwürdig und authentisch vertreten, bleiben Sie berechenbar. Das fördert die Zusammen­arbeit nach oben und nach unten.

Delegieren ans qualifizierte Team

Ein weiteres Kriterium für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern ist das Delegieren. Jeder Mitarbeiter möchte am liebsten seinen Fähigkeiten und Interessen gemäss eingesetzt werden. Wenn es Ihnen gelingt, die Arbeit entsprechend aufzuteilen und jedem aufzuzeigen, weswegen diese Aufgabe im grös­seren Zusammenhang wichtig ist, steigt die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter enorm. Dass sich diese durch eine qualitativ hochwertige und termingerechte Erledigung revanchieren sollten und die Aufgabe auf keinen Fall per «monkey management» hinten herum wieder auf Ihrem Tisch landen darf, versteht sich von selbst. Dazu braucht es natürlich Mitarbeiter mit der richtigen Qualifikation – und das ist das nächste Thema. Holen Sie die bestmöglich qualifizierten Mitarbeiter in Ihr Team, um die Arbeitsqualität auf einen möglichst hohen Stand zu heben. Haben Sie sich selbst im Unternehmen deutlich und stark positioniert, sollten Sie etwaigen Ambitionen, die dann immer auftauchen können, gelassen entgegensehen. Ihre Mitarbeiter brauchen Sie – und Sie Ihre Mitarbeiter! Ein offenes Ohr für ihre Anliegen, Lob und Mentorenschaft, wo möglich, sachliche und konstruktive Kritik, wo nötig, sichern Ihnen die Unterstützung des Teams – ohne die Sie auf verlorenem Posten stehen. Für Ziel und Richtung sind Sie zuständig, das Rad am Laufen halten Sie mit Ihrem Team.

Von Anfang an Grenzen setzen

Ein Team auf diese Art zu führen, frisst Ressourcen – zeitliche und emotionale. Sie müssen daher trotz aller Zugewandtheit von Beginn an Grenzen setzen. Das ist gerade in wirtschaftlich schwierigen oder Change-Situationen nicht einfach, aber unabdingbar und gilt auch «nach oben». Im Kontakt mit den Führungskollegen empfiehlt sich von Zeit zu Zeit ein Check, ob Ihnen niemand, der für Ihr Netzwerk und Ihre Posi­tionen wichtig wäre, entgangen ist. Ist das der Fall, bauen Sie die Person behutsam in Ihr Netzwerk ein – ohne anbiedernd oder opportun aufzutreten.

Businesskompetenz

In den meisten Unternehmen hat ruhiges Fahrwasser Seltenheitswert, Wandel und Veränderungen sind an der Tagesordnung. Sie können hier punkten, wenn Sie unternehmerisches Denken beweisen und den Wandel aktiv unterstützen. Wenn Sie alle Parameter (wie unternehmens­interne Hintergründe, Strategie und Markt) verstehen, können Sie das Team durch eine trans­parente Kommunikation von der Notwendigkeit der Massnahmen überzeugen und überdies die Akzeptanz weiter steigern. Nicht nur in unruhigen Situationen schätzen Ihre Vorgesetzten den Coach und Businesspartner in Ihnen. Boykottieren Sie keine beschlossenen Strategien, beteiligen Sie sich besser konstruktiv an deren Erarbeitung oder machen Sie diplomatische Lösungsvorschläge.

Am Boden bleiben

All diese Vorschläge sind ein Leitfaden, der Sie aus der unangenehmen Sandwichposition in die angenehme Situation eines von allen Seiten Geachteten bringen kann. Machen Sie den Mehrwert, den Sie zum Unternehmen beisteuern, deutlich sichtbar. Zeigen Sie Problemlösungs­fähigkeit, Sozialkompetenz und unternehme­risches Handeln, wird das nicht unbemerkt bleiben und sich auf Ihre Karriere positiv auswirken. Zwei Dinge allerdings sollten Sie niemals tun: Die Leistungen des Team als die Ihren ausgeben und die Bodenhaftung verlieren – dann nützen auch die besten Sachargumente nichts mehr.



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