02.11.2009, 18:49 Uhr

Bewerbungsgespräche am laufenden Band

Am «Polyinterview» wurden 470 Bewerbungsgespräche an einem Tag geführt. Rund 50 Firmen waren auf der Suche nach Praktikanten und Berufseinsteigern von der ETH, der Hochschule St. Gallen und der Universität Zürich.
In Zeiten wirtschaftlicher Schwäche finden auch Studierende weniger Praktikumsstellen, Abschlussarbeiten und Jobs. Den Recruitingevent «Polyinterview» im Mövenpick-Hotel am Zürcher Flughafen nutzten am Samstag Hunderte Bachelor- und Master-Absolventen, um sich bei 50 internationalen Unternehmen vorzustellen. «Es gab circa 1500 Interviewanfragen von Studierenden. Jedoch kommt auf acht Anfragen seitens der Studenten eine Firmenanfrage», dokumentierte Canay Deniz vom Polyinterview-Veranstalter ETH juniors das Interesse.
Vor einem Jahr führten an gleicher Stelle 86 Unternehmen noch mehr als doppelt so viele Interviews, berichtete ETH-juniors-Präsident Urs Bitterlin. «Hauptgründe für das Fernbleiben der Firmen sind kleinere Budgets für die Rekrutierung und der Mangel an offenen Stellen», weiss Bitterlin aus der sechsmonatigen Vorbereitung auf das Polyinterview. Allerdings gab es auch positive Signale: «Auch wenn die HR-Verantwortlichen für dieses Jahr absagten, baten sie häufig darum, im nächsten Jahr wieder kontaktiert zu werden», sagte der ETH-juniors-Geschäftsführer.
Standardisierte Bewerberdatenbank
Die rund 470 Bewerberinterviews in diesem Jahr kamen sowohl durch Anfragen interessierter Studenten als auch Unternehmen zu Stande. Für die Kontaktvermittlung hatten die ETH juniors eine Bewerberdatenbank installiert, in der Studenten ihre Lebenslaufdaten in ein Onlineformular eintragen konnten. Mithilfe einer Suche fanden die teilnehmenden Firmen in den standardisierten Daten diejenigen Kandidaten, die auf eine vakante Position passten.
Studierende konnten ihrerseits das Profil der teilnehmenden Firmen auf der Plattform www.polyinterview.ch abrufen und einen Gesprächstermin anfragen. Daneben präsentierten sich einige der Unternehmen im Mövenpick-Hotel mit eigenen Ständen.
Auf der nächsten Seite berichtet ein Student über sein Firmeninterview.
Die Aussteller am Polyinterview, darunter Boston Consulting, BMW, Finnova und Swisscom, sind grösstenteils schon seit Jahren vertreten. Verantwortliche lobten die professionelle Organisation der Veranstaltung und den sehr gut vorbereiteten Studierenden. In den Gesprächen am Firmenstand ging es bei jeder zweiten Anfrage um Studienarbeiten und Praktika, der anderen Hälfte um den Berufseinstieg, berichtete Martina Becher aus der Abteilung «Rekrutierung Nachwuchszielgruppe» bei BMW. Nach den vielen Fragen zum neuen «BMW Group Graduate Programme», das erstmals im April in Deutschland startet und danach weltweit ausgerollt wird, sagte Martina Becher: «Ich kann bald nicht mehr sprechen.»
Erstmals am Polyinterview vertreten waren vier Spin-off-Unternehmen der ETH Zürich. Für die Software-Entwickler Dacuda und Virtamed, die Sportfirma Exersciences sowie Optikspezialist Optotune bot sich an der Veranstaltung die Möglichkeit, mit hoch qualifizierten Absolventen direkt in Kontakt zu kommen. «Die Studenten kommen sehr gut vorbereitet ans Polyinterview», lobte Dacuda-CTO Alexander Ilic.
«Die Ausschreibungen der ETH-Spin-offs gehen auf Plattformen wie jobs.ch vielmals unter, deshalb ist das Polyinterview ein guter Anlass, um Stellen zu besetzen», weiss Dominik Wensauer, Managing Director des ETH Entrepreneurs Clubs. Der Gründerverein organisierte für die vier Spin-offs den Polyinterview-Auftritt. Fünf Studierende bekundeten Interesse an einer der ausgeschriebenen Stellen - auch ohne dass die Firmen einen Interviewraum gebucht haben.
Das Firmeninterview
Um ein Gespräch mit einer weltweit tätigen Beratungsfirma hatte sich ein ETH-Student des Studiengangs «Management, Technologie und Ökonomie» beworben. Er bekam eine Zusage. Am Polyinterview hatte er - der um Anonymität bat - ein Interview mit zwei Firmenvertretern.
Das Gespräch erwies sich als «interessante Mischung» aus Bewerbungsgespräch und Informationsaustausch. Der Abteilungsleiter sowie der HR-Manager glichen gemeinsam mit dem Kandidaten das Bewerberprofil ab und stellten eine spontan zu lösende Fachaufgabe. Dabei traten die Unternehmensmitarbeiter freundlich und fordernd, nie aber arrogant auf, resümierte der ETH-Student. Er sei zuversichtlich, die Praktikumsstelle zugesprochen zu bekommen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches der grösste Fehler in Lebensläufen ist.

Neben Interviews und Firmengesprächen konnten die Studenten an drei Serviceständen ihren CV prüfen lassen, ein Bewerbungsfoto abholen und Tipps zur Kleidung in Bewerbungsgesprächen bekommen.
Der grösste Fehler beim CV
Von 8:00 bis 17:00 Uhr ausgebucht waren die jeweils zwei Beraterinnen von ACAP und Success & Career beim «Speed CV Check». In 20-Minuten-Gesprächen überzeugten die Fachfrauen die Studierenden, dass es keinen perfekten CV gibt. «Der häufigste Fehler sind zu lange Erklärungen zu den einzelnen Karrierestationen», sagte Silja Kretz, Projektmanager von Success & Career. Der gute CV sei kurz, strukturiert, präzise und individuell auf die Stellenausschreibung zugeschnitten. Damit erleichtere der Kandidat der Personalabteilung ihre Arbeit, weiss Kretz. So habe die HR zwischen einer Halben und fünf Minuten Zeit, um sich einen ersten Eindruck vom Bewerber zu verschaffen. «In dieser kurzen Zeit entscheidet sich, welcher CV eine zweite Chance bekommt», betonte die Success-&-Career-Managerin.
Wichtiges Element des Lebenslaufs ist das Bewerbungsfoto. Professionelle Bilder kosten schnell mal 100 Franken und mehr. Am Polyinterview nutzten gut 150 Teilnehmer die Chance, sich ins rechte Licht zu rücken: Fotograf Roman Lehmann schoss fünf bis zehn Fotos pro Person. Den registrierten Studierenden werden die Fotos kostenlos per FTP zur Verfügung gestellt.
Wie sehe ich aus?
Ebenfalls kostenlos war die Bekleidungsberatung der Massschneiderei Thatsuits. Die häufigste Frage, die die Modeberaterinnen Katja Marty und Madeleine Stein hörten, war: Wie sehe ich aus? Anzumerken gab es oft nur Kleinigkeiten, sagte Marty: «Beim Eintritt ins Bewerberbüro sollte der oberste Knopf eines Sakkos geschlossen sein, beim Hinsetzen darf er aber geöffnet werden darf», gab Marty ein Beispiel.
Studentinnen fragten Modeberaterin Stein oft nach der erlaubten Rocklänge. Sie wussten, dass ein Minirock absolut Tabu ist. «Der Rock sollte das Knie umspielen, der Saum entweder etwas oberhalb oder leicht unterhalb des Knies enden», erklärte die Thatsuits-Expertin. Marty und Stein haben keine echten «Ausrutscher» gesehen. «Der häufigste Fehler waren zu lange Hosen», stellte Stein fest.

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