Elektronische Stimmabgabe
11.09.2018, 15:31 Uhr
Nationalrat will kein Moratorium für E-Voting
Der Nationalrat hat sich gegen ein Moratorium für E-Voting entschieden. Die grosse Kammer liess zwei entsprechende parlamentarische Initiativen von Balthasar Glättli und Franz Grüter abblitzen.
Der Nationalrat will die Entwicklung des E-Votings nicht stoppen. Er hat am Dienstag parlamentarische Initiativen aus den Reihen der SVP und der Grünen abgelehnt. Die Initianten warnten vergeblich vor den Risiken.
Franz Grüter (SVP/LU) forderte, dass Versuche zur elektronischen Stimmabgabe während mindestens vier Jahren ausgesetzt werden. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) wollte gesetzlich verankern, dass alle wesentlichen Schritte zur Durchführung von Wahlen und Abstimmungen ohne besondere Sachkenntnis öffentlich überprüfbar sein müssen. Der Nationalrat lehnte die beiden Vorstösse mit 98 zu 80 Stimmen bei 16 Enthaltungen beziehungsweise 99 zu 80 Stimmen bei 15 Enthaltungen ab. Diese sind damit erledigt. Weitere Debatten über das E-Voting werden aber folgen.
Der Bundesrat hat im Juni beschlossen, in der zweiten Jahreshälfte eine Vernehmlassung zu eröffnen. Er will das E-Voting in der Schweiz generell ermöglichen, als dritten ordentlichen Stimmkanal. Die Kantone sollen aber nicht dazu verpflichtet werden, die elektronische Stimmabgabe anzubieten.
Chancen und Risiken
Die Vorlage des Bundesrates werde eine breite Diskussion über die Chancen und Risiken von E-Voting erlauben, lautete der Tenor im Rat. Auch werde sie ermöglichen, die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
Entwicklungen zu blockieren sei der falsche Weg, um Probleme zu lösen, sagte Marco Romano (CVP/TI) im Namen der Kommission. Matthias Jauslin (FDP/AG) erinnerte daran, dass der Bund nach dem Prinzip «Sicherheit vor Tempo» vorgehe.
Blauäugig bis fahrlässig
Die Informatikexperten Grüter und Glättli versicherten, sie seien nicht technikfeindlich, im Gegenteil. Die Risiken seien aber zu gross. Die Befürworter würden nicht müde zu betonen, dass E-Voting sicher sei, sagte Grüter. «Aus meiner Sicht ist dies blauäugig und naiv – wenn ich sehe, was weltweit passiert, sogar fahrlässig.»
Grüter erinnerte an die zunehmenden Cyberangriffe und versuchten Wahlmanipulationen. In den USA habe der Geheimdienst NSA E-Voting-Systeme als «hochinteressante Angriffsziele» bezeichnet. Auf dem Spiel stehe das Vertrauen in die Demokratie, sagte Grüter.
Vertrauen als Basis
Auch Glättli betonte, Vertrauen sei die Basis der Demokratie. Die Schweizer Demokratie sei nicht nur deshalb speziell, weil mehr abgestimmt werde als anderswo, sondern auch deshalb, weil es Respekt gebe. Den Respekt der Mehrheit vor der unterlegenen Minderheit, aber auch den Respekt der Minderheit, die das Resultat akzeptiere, weil sie wisse, dass es korrekt zustande gekommen sei.
Aktuell befindet sich die elektronische Stimmabgabe im Versuchsbetrieb. Durchgeführt wurden über 200 Versuche. Seit 2004 haben insgesamt 14 Kantone einem Teil der Stimmberechtigten die elektronische Stimmabgabe ermöglicht.
Zurzeit wird E-Voting in acht Kantonen angeboten. In manchen Kantonen werden sowohl Auslandschweizer als auch inländische Stimmberechtigte zu den Versuchen zugelassen, in anderen können einzig die im Ausland wohnhaften Stimmberechtigten elektronisch abstimmen.