16.06.2005, 13:31 Uhr
Ein neues Paradigma
Die eidgenössische Zollverwaltung hat mit E-Dec eine eigene Plattform für sämliche Warenabfertigungen entwickelt. Das System ist eine Kombination der Architekturen J2EE und SOA. Das neue Produkt ist aus der Idee eines Frachtportals für die Zollabfertigung von Import-, Transit- und Exportwaren entstanden. Künftig sollen alle Beteiligten ihre Zollgeschäfte über E-Dec abwickeln können.
Die Anforderungen an Softwaresysteme steigen stetig. Die Suche nach neuen Techniken und Architekturen führte immer wieder zu neuen Lösungsansätzen. Insbesondere die Integration der verschiedenen Applikationen blieb jedoch bisher meist unzureichend. Mit der serviceorientierten Architektur (SOA) entsteht nun anstatt einer Entwicklungstechnologie eine Integrationstechnologie. Funktionen sollen nicht mehr ständig und von Grund auf neu entwickelt, sondern mit geringem Aufwand integriert werden. Entsprechende Schnittstellen sollen das System befähigen, organisch zu wachsen, indem die einzelnen Softwarebausteine unabhängig funktionieren und ausgetauscht werden können. Dies bedeutet eine Flexibilisierung von komplexen Unternehmensarchitekturen.
Die Kunden wünschen sich heute Softwareprodukte mitsamt Services, welche auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dies ist mit den klassischen Softwarearchitekturen nicht möglich. Informatiker programmieren meist strukturiert und modular, um so flexible, überschaubare und langlebige Software zu entwickeln. Wenn man aber die bestehenden Applikationen betrachtet, stellt man fest, dass diese längst nicht immer modular und die Codes jeweils zu 40 bis 60 Prozent redundant sind.
Die objektorientierte Softwareentwicklung war ein erster Schritt vom monolithischen zum organischen Softwaresystem. Leider wurden die Erwartungen an die objektorientierte Softwareentwicklung betreffend Wiederverwendbarkeit von einzelnen Objekten nicht erfüllt. Einerseits weil Objekte oder Klassen als Einheiten zur Wiederverwendung zu klein waren und keine vollständige Business Aktivität in einem Geschäftsprozess abdecken konnten. Andererseits weil die Unternehmen die dafür erforderlichen organisatorischen Massnahmen nicht ergriffen haben.
Das aktuelle Schlagwort der IT-Branche heisst serviceorientierte Architektur (SOA). Das neuartige Architekturkonzept geht von der allgemeinen Idee «Software als Service» aus. SOA stellt nicht einfach eine Technologie dar, sondern vielmehr einen grundsätzlichen, konzeptionellen Ansatz zur effizienten Realisierung komplexer IT-Systeme. SOA wird oft mit Web-Services in Verbindung gebracht. Diese bieten zwar eine geeignete Basis, um die SOA zu realisieren, eine Kombination ist jedoch keinesfalls zwingend. Eine SOA lässt sich auch mit anderen Technologien wie beispielsweise EJB (Enterprise Java Beans) umsetzen. SOA versprechen Wiederverwendbarkeit. Namentlich in Form einzelner Services des Systems und ihres Zusammenspiels. Unabhängig von der konkreten technologischen Umsetzung sind die einzelnen Services Softwarebausteine, die eine eigenständige Funktionalität beinhalten und eine abgrenzbare Aufgabe übernehmen können.
Neue Herausforderung
Auch die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) ist stets auf der Suche nach neuen Techniken und Architekturen, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Dabei ist sie auf den Lösungsansatz SOA gestossen. Die EZV wickelt ihre unterschiedlichen Zollgeschäfte seit Anfang der 90er-Jahre über verschiedene Plattformen (M90A, M90E, NCTS) ab. Das neue Produkt E-Dec ist aus der Idee eines Frachtportals als Gesamtprodukt für die Zollabfertigung von Import-, Transit- und Exportwaren entstanden. E-dec ist eine umfassende Plattform für sämtliche Warenabfertigungen - für alle Verkehrskanäle und in alle Richtungen. In Zukunft werden alle Beteiligten ihre Zollgeschäfte auf dieser einen Plattform abwickeln. E-Dec ist eine E-Government-Applikation und beinhaltet sowohl G2B- (Government to Business) als auch B2G- (Business to Government) Prozesse. Die EZV wollte ihre Bedürfnisse mit einer zukunftsorientierten Architektur abdecken. E-dec soll möglichst flexibel, personal-unabhängig, erweiterbar und langlebig sein. Darüber hinaus soll das neue Produkt einen kostengünstigen Betrieb und eine ebensolche Wartung gewährleisten. Um diese Anforderungen zu erfüllen hat das Projektteam auf neue Technologien gesetzt.