Der Tourismus- Server «Swissline»
Tourismus-Server «Swissline»
Die Schweizer Tourismusbranche schickte sich 1991 an, ein eigenes und landesweites Informations- und Buchungssystem zu lancieren. Im Rahmen des PTT-Grossvorhabens «Kommunikationsmodellgemeinden» (KMG) war die Idee entstanden, alle touristischen Anbieter in der Schweiz zu vernetzen. Das «Swissline» getaufte System sollte es Reisenden erlauben, auf elektronischem Weg alle Informationen zu beschaffen und alle Leistungen nach ihren Bedürfnissen direkt einzukaufen. Dem Kurort sollte «Swissline» ein ortsintern und nach aussen hin verwendbares Informations- sowie ein Direktreservationssystem liefern. Das Herzstück von «Swissline»: ein zentraler Rechner, der aus einem Informations-, einem Reservations- und einem Kommunikationsteil bestehen sollte.
So weit, so innovativ, urteilte Computerworld, als die Zeitung von den Plänen erfuhr. Und führte aus, warum das noch nicht einmal realisierte System zum Scheitern verurteilt war: «Swissline» sollte anders als bisher von oben nach unten funktionieren. Der potenzielle Tourist steigt zentral ein und wird in das gewünschte Feriengebiet eingewiesen. Damals funktionierte der Tourismus allerdings genau umgekehrt. Der Verkauf erfolgte zu 90 Prozent an der Basis über die Verkehrsvereine, zu 4 bis 8 Prozent über nationale Kanäle und ebenfalls 4 bis 8 Prozent entfielen auf Auslandbuchungen. Diese Zahlen steuerte die auf Tourismus spezialisierte Firma H+R SoftLan der Diskussion bei. Und schloss die Frage an, weshalb der Kunde über den Umweg eines zentralen Rechners in die Region geführt werden sollte, wenn er sich eh zuerst in der Region meldet?
Aus dem Kreis der H+R-SoftLan-Kunden meldete sich die KMG St. Moritz zu Wort. Sie wollte, bevor «Swissline» in seiner zentralistischen Ausrichtung verwirklicht wird, «Notwendigkeit und Nutzen» eines Reservationssystems für Hotellerie im Rahmen eines eigenen Versuchs abklären. Der Vorschlag lautete, durch die Reservationsstelle in St. Moritz («Engadin Reservation») und ein paralleles des Kurvereins Scuol für das Unterengadin zu ermitteln, ob ein solches zentrales System einem Anwenderbedürfnis entspricht. Das Engadiner Engagement war allerdings nicht ganz uneigennützig, hatte St. Moritz doch wie 70 andere Kurvereine das Reservationssystem der H+R SoftLan aus eigenen Mitteln finanziert. Da neben den H+R-SoftLan-Kunden auch der Migros-Tochter Interhome der «Swissline»-Vorstoss im umkämpften Ferienwohnungsmarkt ungelegen kam, liess sich Computerworld zu der Prognose hinreissen: Der grosse Krach werde nicht ausbleiben.