16.04.2015, 20:49 Uhr
Swiss IT Conference zur «Digitalisierung der Wirtschaft»
Die Informatik wird in der zunehmend digitalen Schweizer Wirtschaft immer wichtiger. Das ist der Grundtenor der «Swiss IT Conference» von IDC und Computerworld.
Die Digitalisierung der Wirtschaft ist eine der grossen Herausforderungen für Schweizer Unternehmen und auch ihre IT-Lieferanten. Die Anwenderfirmen stellen sich den vielfältigen Anforderungen der modernen Kundschaft in diversen Projekte: Die Einen räumen im grossen Stil ihre Infrastruktur auf, um schneller und agiler zu werden, die Anderen optimieren ihre Kundenkanäle, die Dritten lancieren neue Angebote für die digitale Kundschaft. Dabei helfen die Informatik-Anbieter mit neuer Technologie. Wie die Schweizer Wirtschaft sich bei der Digitalisierung aufstellt war das beherrschende Thema der «Swiss IT Conference» von IDC und Computerworld am Donnerstag in Zürich.
Tipps zur Digitalisierung
Matthias Zacher vom Marktforschungsunternehmen IDC brachte an den Anlass die neusten Analysen zum Schweizer IT-Markt mit. Danach steht die Wirtschaft hierzulande auf einem soliden Fundament, so dass die Ausgaben für Hardware, Software und IT-Services leicht steigen werden. Über 60 Prozent planen Investitionen in Technologien für das Mobile Enterprise, mehr als 50 Prozent wollen bis 2016 für Cloud-Lösungen Geld ausgeben, erklärte der IDC-Analyst. Auf der Plattform IDG-Analytics lassen sich alle Ergebnisse der neuen «Swiss IT»-Studie abrufen. Für den Weg hin zum digitalen Unternehmen gab Zacher den nahezu 100 Teilnehmern des Anlasses drei Tipps: Erstens riet er zur Digitalisierung aller Geschäftsabläufe und Assets. Zweites warb er dafür, das Business auf die Kundenorientierung hin zu trimmen, indem bestehende Prozesse mit nutzenstiftende Extras und Services für die Verbraucher erweitert werden. Der IT empfahl Zacher drittens, neue Geschäftsmodelle durch innovative Technologie zu kreieren oder zumindest zu unterstützen.
Informatik fürs digitale Geschäft
Konkrete Lösungen für Digitalisierungsprojekte hatten Sprecher von IT-Anbietern an der Konferenz parat. James Kretchmar vom Dienstleister Akamai wies beispielsweise auf die Notwendigkeit hin, mobile Webseite für den Zugriff via Smartphone zu optimieren. Die Kundschaft erwarte heute bei Mobile-Sites eine ähnliche Performance wie auf dem Desktop. Jedoch müssten die Limitierungen der Handy-Netze und die kleineren Smartphone-Displays bei der Programmierung von Web-Pages berücksichtigt werden. «Schnelle Webseiten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde auch unterwegs eine Ware kauft», sagte der Akamai-Cheftechnologe.
Laut Wolfgang Schwab vom Software-Anbieter SAS macht es keinen Unterschied, wie der Kunde an ein Unternehmen herantritt. «Die Verbraucher denken nicht in Vertriebskanälen, sondern wollen überall adäquat bedient werden», mahnte der Senior Business Expert. Damit sind die Unternehmen in der Pflicht, eine Omni-Channel-Strategie zu verfolgen, um es den Verbrauchern maximal einfach zu machen, die gewünschte Ware oder Dienstleistung zu beziehen. Nächste Seite: IT wird fit für die digitale Wirtschaft Die Schweizer Anwenderunternehmen bauen aktuell ihre IT-Systeme für das digitale Geschäft auf oder um. Diesen Eindruck vermittelten die Redner von Emmi, Swisslos und Zurich Insurance Group an der «Swiss IT Conference».
IT befördert das Business
Emmi-CIO Heinz Hodel befand sich bei seinem Eintritt in den Milchverarbeiter im Jahr 2010 in der «glücklichen Lage», die Informatik neu aufstellen zu können. Wie er sagte, definierte er zunächst eine neue IT-Strategie, renovierte anschliessend die Infrastruktur und lancierte dann das Projekt «OneERP». Unternehmensweit wird bei Emmi SAP eingeführt, teils neuste Produkte wie SAP Master Data Management und die Branchenlösung SAP Dairy Management by msg, für die der Traditionskonzern ein Pilotkunde ist. Aktuell prüft Emmi ausserdem, ob sich der Einsatz der SAP-Plattform «S/4Hana» rechne, so Hodel.
Die IT-Erneuerung sei für Emmi das grösste kommerzielle Projekt in der Firmenhistorie. Alleine die Kosten für die SAP-Einführung bezifferte der CIO mit circa 20 Millionen Franken. Nach Abschluss des Vorhabens wolle sich die IT vom Kostenfaktor zum Business-Treiber gewandelt haben. Mithilfe der neuen Technologie sollen der IT-Betrieb und die Geschäftsprozesse günstiger werden, während gleichzeitig ein Beitrag zur Umsatzsteigerung geleistet werden kann, sagte Hodel.
«Impossible Journey»
Für die Lotteriegenossenschaft Swisslos ist die IT geschäftskritisch. «Wenn die Systeme nicht laufen, verdient Swisslos keinen Franken», sagte Joris Vuffray, Leiter Netzwerk & System-Management. In seinem Verantwortungsbereich fällt die neu eingeführte Lösung Splunk, mit der Swisslos Datenströme aller Art aufbereitet und für das Geschäft nutzbar macht.
Bei dem Unternehmen fallen täglich 77 Terabyte an, die Splunk für das Monitoring der Infrastruktur, Compliance-Anforderungen oder Sicherheitsfragestellungen wie die «Impossible Journey» (die Lotterieteilnahme in Athen und eine halbe Stunde später in Basel) auswertet und darstellt. Für das Monitoring müssen die Analysten nun nicht mehr Logfiles scannen, sondern können Ausreisser auf einer grafischen Oberfläche umgehend identifizieren, führte Vuffray aus.
IT als Selbstbedingungsgeschäft
Beim IT-Management unterscheidet sich die globale Zurich Insurance Group nicht von einer beliebigen anderen Firma. Das gestand Roy Dobson, Head of Service Integration, ein. «Die Mitarbeiter der Zurich wollen keinen globalen IT-Support, sondern lokal ihr Problem gelöst haben», konkretisierte er. Zurich setzt dafür neu auf die Management-Plattform ServiceNow. Mit dem System würden dutzende Produkte abgelöst, unter anderem BMC Remedy, sagte Dobson. Ein Grund seien die hohen Kosten der Altanwendungen, ein anderer die Bestrebung von Zurich, bessere Kontrolle über die Infrastruktur und die Geschäftsprozesse zu bekommen.
Von dem «Business Services Catalog» auf der ServiceNow-Plattform verspricht sich das Unternehmen auch mehr Transparenz für die Informatik. «Die IT konnte früher nicht nachweisen, zu welchem Preis sie eine Leistung erbracht hat», erklärte Dobson. Aus dem Services-Katalog soll künftig hervorgehen, was das Bereitstellen eines Servers für einen neuen Business-Case oder das Zurücksetzen eines Passworts kostet. Diese Services sollen die Fachbereiche dann auch selbst buchen können. Mit neuen Infrastruktur-Systemen und Geschäftsanwendungen wollen die Schweizer IT-Abteilungen sich auch Freiräume schaffen, um das Business bei der digitalen Transformation zur Hand zu gehen. Laut «Swiss IT»-Studie hat die Unterstützung der Fachbereiche bei der Optimierung der Geschäftsprozesse mit 61 Prozent Zustimmung die höchste Priorität bei den CIOs.