17.08.2010, 08:38 Uhr

Sunrise plant Tarifanpassungen

Der neue Sunrise CEO Oliver Steil spricht im Interview mit Computerworld über seine ersten Wochen im Amt und warum er keine Angst vor den neuen Orange-Tarifen hat.
Neuer Sunrise-Chef, Oliver Steil
Nach der Präsentation der Halbjahreszahlen hatte Computerworld die Möglichkeit, sich mit dem Nachfolger von Christoph Brand an der Sunrise-Spitze, Oliver Steil, zu unterhalten. Steil äussert sich zur Sunrise-Strategie als alleinstehende Firma und die Mobilfunktarife der Konkurrenten Orange und Swisscom.

Sie arbeiten seit Mitte Juni bei Sunrise. Was konnten Sie in den zwei Monaten bereits bewirken?
Zwei Monate sind natürlich nicht viel Zeit, um sich in einem komplett neuen Unternehmen einzuarbeiten, zurechtzufinden und zu begreifen, was die Firma eigentlich wo genau tut. Ich versuchte deshalb in den ersten acht Wochen die Mechanismen, insbesondere auf der Marketing- und Vertriebsseite, zu verstehen.

Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger Christoph Brand, wo liegen die Unterschiede?

Das zu beurteilen fällt mir schwer. Ich glaube aber, dass ich mich stärker in Details des genannten Marketing- und Vertriebsthemas einbringe. Zudem richtete ich die unter Christoph Brand eingefädelte Zusammenarbeit mit MTV anders aus. Wir arbeiten viel stärker zusammen und die Angebote richten sich an Jugendliche unter 26 Jahren.

Beim angesprochenen MTV-Angebot lancieren Sie eine unlimitierte Flatrate. Ihre Konkurrenz bewegt sich allerdings davon weg. Befürchten Sie nicht, das Netz zu stark auszulasten?

Wir sind als Branche sicherlich gefordert, da stimme ich zu. Nach langen Jahren der Durststrecke haben wir jetzt das Glück, dass die Kunden ein Produkt von uns fordern. In vielen europäischen Ländern sieht man allerdings, dass man dem starken Bedürfnis bereits mit dem Pricing gegensteuern muss. Insofern verstehe ich die zu vermutende Strategie von Orange. Wir haben aber ein Netz mit genügend Kapazität. Solange es den Datenverkehr aushält, machen wir weiterhin gute Angebote. Wenn sich das ändert, denken auch wir über Preisanpassungen nach.

Wieso geben Sie gerade den Jugendlichen eine unlimitierte Flatrate, die eher YouTube-Videos konsumieren und damit hohes Datenaufkommen verursachen?

Ich fände es nicht fair, den Jugendlichen komplexe Preismodelle anzubieten. Erwachsene verstehen die Modelle eher und stellen sich die Frage «Muss ich jetzt wirklich das Video ansehen oder kann ich nicht fünf Minuten warten, bis ich zu Hause bin?» Wir werden in diesem Segment unsere Preismodelle auch rekalibrieren. Das Jugendsegment ist der Einstiegsbereich und muss daher simpel bleiben. Eine intensive Nutzung der Jugendlichen wird unser Netz nicht umbringen.

Sehen Sie das iPhone als Treiber für den mobilen Datenverkehr oder hat das bei Sunrise schon vor dem Apple-Gerät angefangen?

Es hat schon vorher angefangen. Schon bevor wir das iPhone im Portfolio hatten, telefonierten Kunden mit diesem Gerät auf unserem Netz. Zudem sind hierzulande auch andere Mobiltelefone sehr stark. Die Schweiz ist ein Smartphone-Land - deshalb verkaufen wir auch Geräte von HTC oder Samsung sehr gut. Bis jetzt konnten wir viele Nutzer aufgrund der guten Tarife an uns binden. Aber einige Nutzer schätzen den Image-Faktor oder die einfache Bedienbarkeit des iPhones sehr hoch ein. Diese Benutzergruppe haben wir in der Zeit ohne iPhone deshalb verloren bzw. nicht gewinnen können.

Wo liegt der Trend: Wechseln bestehende Sunrise-Kunden zum iPhone oder kommen auch Kunden der Konkurrenz aufgrund des iPhones zu Ihnen?

Das kann ich so nicht beantworten. Aber wir sehen zur Vor-iPhone-Zeit eine deutlich höhere Anzahl Portierungen in unsere Richtung.

Können Sie eine konkrete Zahl nennen, wie haben sich die Portierungen entwickelt?

Ich würds Ihnen gerne sagen, habe die Zahlen aber im Moment nicht präsent. Aber seit die iPhones da sind, stellen wir signifikant höhere Kundenzuwächse fest.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Oliver Steil von den Plänen des Konkurrenten Orange hält.
Sunrise muss jetzt als alleinstehendes Unternehmen wachsen, weil die Weko den Zusammenschluss mit Orange untersagt hat. In welchen Bereichen ist das tatsächlich noch möglich?

Ich glaube wir können in allen Bereichen wachsen. Das klingt jetzt zwar ein bisschen platt, aber ich glaube Sunrise legte in den letzten Jahren eine gute Basis, die Wachstum ermöglicht. Wir haben dadurch kontinuierlich Marktanteile gewonnen. Natürlich tun wir uns nicht leicht gegen Swisscom, das will ich nicht beschönigen. Aber wir haben auch Angebote, die Swisscom-Kunden zu einem Wechseln zu uns bewegen. «Relax» zum Beispiel.

Konkret: Welche Bereiche wachsen stärker, welche schwächer?

Sicherlich wird der Bereich mobile Daten sehr stark wachsen. Zudem steigt die Nutzung der Sprachdienste, dank den Flatrates. Im Festnetzbereich ist aufgrund unseren entbündelten Anschlüssen auch noch Wachstum möglich.

Sie sprachen bisher nur vom Privatkundengeschäft. Legen Sie persönlich den Fokus eher darauf? Welche Rolle spielt der Geschäftskundenbereich?

Im Geschäftskundenbereich haben wir mit Jon Erni einen Mann, der in der Schweiz gut vernetzt ist und zu den Entscheidungsträgern einen sehr viel besseren Zugang hat als ich selbst. Vom Marktanteil her ist der Geschäftskundenbereich aber deutlich unterrepräsentiert. Wenn wir da nur ein bisschen besser werden, ist das schon ein gutes Wachstumsfeld für uns. Jon Erni soll aber in Ruhe sein Geschäft aufbauen, da will ich keinen grossen Druck auf ihn ausüben. Der Geschäftskundenbereich funktioniert anders.

Wieso fahren Sie da nicht dieselbe Strategie wie im Privatkundenbereich als Preisbrecher?

Im Geschäftskundenbereich verkauft sowieso jeder stark über Preis. Zudem ist Geschwindigkeit in der Zusammenstellung von Projektlösung und Zuverlässigkeit sehr wichtig.

Zum Schluss: Wie gespannt sind Sie auf Oranges Ankündigung von heute Dienstag, die kompletten Preispläne zu ersetzen? Haben Sie eine Vorahnung? Was erwarten Sie?

Vielleicht habe ich eine Vorahnung, ja.

Möchten Sie mir die erzählen?

Nein, das wäre wahrscheinlich unfair, wenn ich ehrlich bin. Ich erwarte allerdings (überlegt) etwas das neu ist. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das für den Kunden genau so attraktiv ist, wie einfache, klare Tarifangebote auf Basis von Flatrates.

Also dürfen Sie sich auf weitere Kundenzuströme freuen?

(schmunzelt) Das weiss ich nicht, dafür kenne ich den Schweizer Markt zu wenig und kann zu wenig einschätzen, wie die Mechanismen tatsächlich wirken. Wir müssen aber beobachten, wie sich die Tarifänderungen bei Orange auf den Markt auswirken. Wenn ich zum Beispiel feststellen würde, dass mögliche Elemente des neuen Portfolios unseres Wettbewerbers erfolgreich sind, reagieren wir und halten dagegen. Unser Portfolio ist sehr klar und einfach strukturiert, obwohl es noch einige Schwächen hat. Eine davon - fehlende Angebote für Jugendliche - haben wir jetzt ausgemerzt. Es gibt aber noch ein oder zwei, die mir auffallen. Die werden wir auch noch lösen.

Welche wären das?

Die sage ich Ihnen jetzt nicht. Aber sobald wir die Lösung haben, werden Sies erfahren.



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