Marktanalyse 25.09.2009, 07:00 Uhr

Oracle setzt mit Sun klare Zeichen

Der Deal zwischen Oracle und Sun ist in aller Munde. Oracle tritt nun allen Spekulationen entgegen und sagt der Konkurrenz den Kampf an.
Die beiden Skype-Gründer Niklas Zennström (links) und Janus Friis verklagen Skype und deren jetzigen Besitzer
Die Übernahme von dem Server-Spezialisten Sun wurde durch den Softwarekonzern Oracle im vergangenen April offenbar in grosser Hast abgewickelt. Dies weil sich in letzter Minute IBM, mit der Sun wochenlang erfolglos verhandelte, doch wieder ins Gespräch brachte. Doch mit 9,5 Dollar pro Aktie bot Oracle offenbar 10 Cent mehr als IBM. Dies entsprach einem Kaufpreis von rund 7,4 Milliarden Dollar. Oracle-Chef Larry Ellison, versprach sich mit der Transaktion bereits im ersten Geschäftsjahr rund 1,5 Milliarden Dollar zum operativen Gewinn und mehr als 2 Milliarden Dollar im zweiten. Seine Überlegungen fussten auf der Annahme, Oracle könne mit der Übernahme von Sun sein Software-Bereich stärken und seinen Kunden künftig ein Komplettsystem anbieten. "Java ist die mit Abstand wichtigste Software, die Oracle jemals gekauft hat. Damit wird Oracle der einzige Anbieter sein, der ein vollständig integriertes System entwickeln kann, von den Anwendungen bis hin zur passenden Hardware", erklärte der CEO.
Alles aus einer Hand
One-Stop-Shopping-IT-Anbieter - diesem Trend sind zuvor schon viele grosse Anbieter gefolgt. Seit geraumer Zeit bauen insbesondere Hardwarekonzerne ihr Geschäft mit Software und Services aus. Neben IBMs Ausgaben von mehreren Milliarden Dollar für Softwarefirmen und IT-Dienstleister, hat im letzten Jahr auch HP sein Servicegeschäft durch die fast 14 Milliarden Dollar teure Übernahme des IT-Dienstleisters EDS ausgebaut. Und der Netzwerkausrüster Cisco, kündigte nach einer Reihe von übernommenen Unternehmen kürzlich gar den Einstieg in den Server-Verkauf an - dem Kerngeschäft von Sun. Doch gerade Suns Hardwaregeschäft machte Oracles Akquisition für viele unverständlich und die Gerüchteküche, dass Oracle Suns-Hardwaresparte wieder abstossen würde, brodelt nach wie vor.
Auf Anfrage bei HP, ist das Unternehmen gegenüber einer Übernahme der Sun-Hardware-Sparte nicht abgeneigt. Da der Server-Markt durch die Weltwirtschaftskrise ohnehin am Boden liege und durch niedrige Margen sowie hohen Wettbewerbsdruck gekennzeichnet ist, könne momentan günstig akquisitiert werden. Zudem ist HPs Kriegskasse voll und die Hardware-Sparte von Sun ist auch deshalb attraktiv, um allenfalls Cisco zuvor zukommen. Gegen einen Aufkauf, sprechen jedoch Suns proprietäre Systeme, die nicht in das Baukasten-System von HP passen würden.
Konkurrenz freut sich an Verzögerung
Nichts desto trotz, der Deal zwischen Oracle und Sun sollte planmässig diesen Sommer noch über die Bühne. Doch diese Rechnung haben sie offenbar ohne die europäische Kartellbehörde gemacht. Während die Amerikaner die Übernahme Ende August genehmigten, stiess die Transaktion bei der EU auf Widerstand. Die Wettbewerbshüter ordneten eine vertiefte Prüfung an. Befürchtet wird eine marktbeherrschende Stellung im Bereich der Datenbank-Software. Denn mit rund 50 Prozent Marktanteilen bei den Datenbanken ist Oracle deutlich in der Vorreiterstellung und würde diese mit der Einverleibung von Suns MySQL um fast weitere 10 Prozent ausbauen. Deutlich dahinter liegt der Zweitplatzierte. IBMs DB2 schafft es nur auf 22 Prozent. Eine Entscheidung fällt bis spätestens am 19. Januar 2010.
Für die Rivalen von Oracle und Sun kommt die Verzögerung wie gerufen: Speziell IBM, HP, und Dell buhlen derzeit mit Preisnachlässen um Sun-Kunden. IBM soll eigenen Angaben zufolge gezielt die Top-300-Kunden von Sun umgarnen, HP argumentiert dagegen, dass rund 50 Prozent Einsparungen erzielt werden können, wenn Oracle-Datenbanksoftware auf HP-Servern betrieben würden. Dell wiederum zielt mit preisgünstigen Paketen aus Servern, Speichersystemen und Switches auf Sun-Kunden.
Oracle verpasst IBM einen Seitenhieb
Dass die Marktverunsicherung durch Suns Konkurrenten seine Wirkung nicht verfehlt, zeigten nicht zuletzt die Umsätze in den vergangen Monaten. Im zweiten Jahresquartal musste Sun im weltweiten Servergeschäft gar die grössten Einbussen hinnehmen. Doch Oracle hat erkannt, dass sie nun aufpassen müssen, dass Sun nicht plötzlich wertlos ist. Um den Spekulationen um das Hardwaregeschäft der Java-Company - zumindest vorzeitig - ein Ende zu setzen, ging Oracle vorletzte Woche in die Offensive. In einer an Sun-Kunden gerichteten Anzeige verspricht die Ellison-Company, mehr in die Entwicklung von Sparc und Solaris zu investieren, als Sun dies gegenwärtig tue. Auch könnten Kunden mit besseren Services rechnen, da Oracle "mehr als doppelt so viele Hardwarespezialisten" bereitstelle wie Sun heute. Der Anzeigentext endet mit einer Kampfansage an den Erzrivalen: "IBM, wir freuen uns darauf, mit Euch im Hardwaregeschäft zu konkurrieren".
Und obwohl die Übernahme von Sun durch Oracle noch nicht unter Dach und Fach ist, haben die beiden IT-Konzerne vergangene Woche eine gemeinsame Data-Warehouse-Appliance vorgestellt und damit Oracles bisherigen Hardware-Partner HP vor den Kopf gestossen. Laut Ellison eignet sich die erste Ausgabe von Exadata lediglich für Data-Warehousing-Anwendungen. Die zweite Version seiner Datenbank-Appliance Exadata ist jedoch bei Datawarehouse-Anwendungen doppelt so schnell wie das bisherige Modell und kann zudem OLTP-Anwendungen ausführen. Konfliktgeladen scheint auch Oracles Mitteilung, dass die bisher mit HP angebotene Exadata-Appliance nicht weiter vermarktet wird.
Fährt Oracle die richtige Strategie?
In den klar gesetzten Zeichen und der Kampfansage an IBM erkennen Analysten aber vor allem eine Verteidigungsstrategie. Brisant ist auch die Tatsache, dass die Anzeigenkampagne gegen den Erzrivalen IBM zuerst in Europa erschienen ist. Offenbar will Oracle mit dem Blechgeklappere die Wettbewerbshüter der EU überzeugen, dass die Fusion für den Markt sinnvoll ist, um ein starkes Gegengewicht zu IBM aufzubauen. Ob sich die EU davon beeindrucken lässt, ist zu bezweifeln. Schliesslich richten sich die EU-Bedenken nicht auf den Server- oder Storage-Markt, sondern um die marktbeherrschende Stellung im Bereich der Datenbank-Software.
Manuela Amrein



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