Digitale Transformation
16.04.2019, 06:59 Uhr
Hier entsteht die smarte Schweizer Wirtschaft
Transformationsprozesse gehen oft Hand in Hand mit Desillusionierungen. Gleichwohl zeigt sich im Reality-Check, dass viele Unternehmen mit Zuversicht und Überzeugung auf digitale Technologien setzen.
Mithilfe digitaler Technik soll «The Circle» am Flughafen Zürich das smarteste Gebäude der Schweiz und gemäss seinen Erbauern eine digitale Erlebniswelt werden
(Quelle: Regatec Partner AG)
Erst kürzlich ist Dell Technologies in seinem neusten «Digital Transformation Index» für das Jahr 2018 zu ernüchternden Resultaten gelangt. Nur gerade 5 Prozent der zur digitalen Reife ihrer Unternehmen befragten 4600 Entscheider aus 12 Branchen in 42 Ländern gaben an, die höchste Stufe, den «Digital Leader», erreicht zu haben und die Digitalisierung gleichsam zu leben. In der Schweiz gaben das in der Selbsteinschätzung sogar nur 2 Prozent der Manager an.
Demnach stecken hierzulande neben diesen digitalen Vorreitern und den 18 Prozent der Unternehmen, die schon über einen ausgereiften Transformationsplan verfügen, mehr als zwei Drittel nach wie vor in den schlechtesten drei Kategorien fest. Sie sind auf dem Weg (Evaluators, 32 Prozent), Mitläufer (Follower, 37 Prozent) oder gar Nachzügler (Laggards, 11 Prozent). Von den befragten Managern wünschten sich laut Umfrage 78 Prozent, die digitale Transformation in ihrem Unternehmen sollte weiter fortgeschritten sein.
Fit für die Transformation
Wie viel Realismus in diesen tendenziell pessimistischen Befund eingeflossen ist, muss offenbleiben. Auffällig ist allerdings, wie stark er von den Resultaten der diesjährigen CIO-Studie der Computerworld abweicht. Fragt man nach der Herausforderung, die Digitalisierung zu meistern, gibt für letztes Jahr kaum ein Schweizer Unternehmen oder weniger als 2 Prozent noch an, unfähig zu sein, die digitale Transformation in den Griff zu bekommen. Und dieser Wert ist auch noch rückläufig. Denn im Vorjahr hatten noch 3 Prozent angegeben, einem digitalen Umbau nicht gewachsen zu sein.
Dagegen hat um 5 auf 15 Prozent die Anzahl der Unternehmen zugenommen, die sich voll und ganz in der Lage sehen, die digitale Transformation zu stemmen. Knapp 40 Prozent der Befragten sehen sich diesbezüglich auf gutem Weg. Damit geben hierzulande inzwischen fast 55 Prozent der Unternehmen an, gut bis bestens auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet zu sein.
Ähnlich sieht es aus, wenn der Umsetzungsgrad der Transformationsprojekte in den Blick genommen wird. Nur noch rund 23 Prozent befinden sich in der Evaluationsphase, knapp 7 Prozent weniger als noch 2018. Hingegen gaben zusammengerechnet knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen an, bereits Transformationspilotprojekte zu planen (10,3 Prozent), gestartet (17,1 Prozent) oder bereits umgesetzt (31,6 Prozent) zu haben. Hinzu kommt, dass fast 6 Prozent der Unternehmen die digitale Transformation schon umfassend umgesetzt haben.
Von wegen Pflichtübung
Dass diese Zahlen nicht im luftleeren Raum hängen, erfährt, wer sich hierzulande in einzelnen Unternehmen auf Spurensuche begibt. Denn es muss doch überraschen, dass die mehr oder weniger selektiv gewählten Gesprächspartner in der Sache unisono zuversichtlich sind und die technischen Möglichkeiten für ihr Business nutzen.
Dimitris Di Sandro, Head Digital Transformation & Information Technology beim Ventilhersteller Eugen Seitz in Wetzikon, interpretiert die digitale Transformation als «Bereitschaft, sich stetig weiterentwickeln zu wollen». Und diesbezüglich begegne man im Zürcher Oberland bis hinein in die Belegschaft den digitalen Vorhaben im Grossen und Ganzen optimistisch, hält er fest. Dabei geht er davon aus, dass die digitale Transformation mit «äusserst schwerwiegenden» Auswirkungen einhergeht. «Damit wir weiterhin in weiten Bereichen der Ventiltechnik führend bleiben können, müssen wir uns täglich mit Optimierungen auseinandersetzen.» Man betreibe heute zu 100 Prozent das Engineering wie auch die Produktion in der Schweiz. «Die digitale Transformation hilft uns dabei, die notwendige Innovationsfähigkeit wie auch Produktivitätssteigerung zu erzielen, damit dieser Werkplatz Schweiz gehalten werden kann.»
Bei Eugen Seitz würde der Wandlungsbedarf denn auch trotz einzelner Verunsicherungen «prinzipiell befürwortet, auch wenn ein detailliertes Verständnis dafür teils noch fehlt». Man lege «grossen Wert darauf, die Belegschaft immer möglichst früh in diese Initiativen einzubinden». Und wenn Di Sandro von sich selbst spricht, sagt er: «Ich liebe dieses Thema! Dies schon, seit ich vor über 20 Jahren meinen ersten Kontakt damit hatte.»
Praxis
Eugen Seitz: Falscher Stolz bremst digitale Transformation
Laut Dimitris Di Sandro, Head Digital Transformation & Information Technology bei Eugen Seitz, verlangt die digitale Transformation einen aktiven Informations- und Wissensaustausch, insbesondere mit externen Stellen.
Unternehmensverantwortliche, die solche Kontakte scheuen, haben verlernt, von anderen Unternehmen zu lernen und leiden heute unter Betriebsblindheit und manchmal auch unter Betriebsverliebtheit. Die Konsequenzen seien dann träge oder gar lahme Prozesse und Arbeitsweisen – organisatorisches Gift in unserer schnelllebigen digitalen Welt.
In dieser ist falscher Stolz oder das klassische Not-invented-here-Syndrom völlig fehl am Platz. Vielmehr ist es essenziell, eine Kultur im Unternehmen aufzubauen, die gern und offen von anderen lernt.
Wie einst die Globalisierung
Etwas nüchterner, aber ansonsten kaum anders sieht es Moritz Köhler. Der Head Global IT beim Mikrosensorspezialisten Sensirion in Stäfa, verantwortet die digitale Transformation genauso wie die Weiterentwicklung und den Betrieb sämtlicher IT-Systeme. «Die Schweizer Wirtschaft ist beim Thema Digitalisierung sehr gut aufgestellt und für die Zukunft hervorragend positioniert», hält er fest. Und am Zürichsee weiss man, worum es geht, hat Sensirion doch vor rund einem Jahr mit der Einführung von SAP S/4Hana die Basis gelegt, um weitere Digitalisierungsprojekte angehen zu können. Köhler gesteht durchaus ein, dass die Industrie aufgrund der steigenden Komplexität der Systeme gefordert ist und Ängste vor den Herausforderungen des Datenschutzes bestehen. Doch habe die Digitalisierung «für Gesellschaft, Bürger und Unternehmen die gleiche Bedeutung wie einst die Globalisierung». Es sei die falsche Frage, sich zu überlegen, ob man da mitmachen möchte.
“Digitalisierung ist ein Fakt. Sie bietet Chancen, sich weiterzuentwickeln, oder man verschwindet vom Markt„
Moritz Köhler, Sensirion
Die Digitalisierung ist ein Fakt, stellt er klar und fügt an, sie «bietet Chancen, sich weiterzuentwickeln oder man verschwindet vom Markt». Anzumerken ist hier, dass laut Swiss-IT-Studie die Angst vor Komplexität drastisch von über 40 auf nunmehr rund 28 Prozent sank. Dagegen etablierten sich die Herausforderungen bei der Verarbeitung der Daten, also Fragen zur Datenqualität und der Compliance, mit knapp 39 Prozent gleichauf neben dem Dauerbrennerproblem Datensicherheit.
Trotz all der lauernden Ansprüche an die Unternehmen, betont aber auch Martin Staib, Leiter Entwicklung und Technik sowie Verwaltungsrat bei der Rotkreuzer Software-Schmiede Axians IT&T, dass an der digitalen Transformation kein Weg vorbeiführt. Er betrachtet es als Bereicherung, «die vielen Ideen zu verfolgen und sich dabei immer wieder zu fragen, was sie für mich persönlich, unser Unternehmen und unsere Kunden bedeuten». Fragt man Staib nach den Fähigkeiten der Axians IT&T, mithilfe digitaler Technologien Geschäftsprozesse oder das wirtschaftliche Umfeld zu ändern, betont er die Pionierrolle: Mit der eigenen Software sowie dem gesamten Know-how innerhalb der gesamten Axians-Gruppe «nehmen wir als Software-Hersteller naturgemäss in unserem Zielmarkt, aber auch als Unternehmen selbst eine Vorreiterrolle ein», wie er weiter anfügt.
Mit Optimismus voran
Keinen Anflug von Ernüchterung in der Sache auch beim Konzern Swisscom. Christoph Aeschlimann, CTO und CIO, der ebenfalls die Rolle des Wegbereiters betont und sein Unternehmen als Wegbereiter in der digitalen Transformation sieht. Neugierig gehe man voraus, sagt er. Da man im Kerngeschäft der Gesellschaft und Wirtschaft den Mehrwert digitaler Services aufzeigen und auch verkaufen will, sei man gleichsam dazu verpflichtet, «mit der eigenen Digitalisierung voranzuschreiten und damit eine Pionierrolle einzunehmen». Dabei gehe es «im Kern darum, flexibler und rascher auf Bedürfnisse im Markt reagieren zu können, sprich, unsere eigene Effizienz zu steigern. Aber nicht nur: Digitalisierung ist für uns auch der Schlüssel, um beste Kundenerlebnisse in bester Qualität zu bieten». Deshalb nutze man vermehrt Konzepte aus den Bereichen der künstlichen Intelligenz, Automatisierung und Datenanalyse.
“Als Schweizer Produzent mit einem Exportanteil von über 90 Prozent investieren wir auch im Herstellungsprozess bereits seit Jahren in die Digitalisierung„
Rolf Kohler, Ricola
Und auch beim Bonbonhersteller Ricola erklärt CIO Rolf Kohler, dass man als Schweizer Produzent mit einem Exportanteil von über 90 Prozent auch im Herstellungsprozess bereits seit Jahren in die Digitalisierung investiere. Soeben erst hat Ricola seine SAP-basierte Geschäfts-Software auf eine neue Basis gestellt. Kohler spricht also aus Erfahrung, wenn er seine Einstellung so umschreibt: «Die digitale Transformation darf für keinen IT-Verantwortlichen einfach eine Pflichtübung sein. Im Gegenteil, wir treiben – gemeinsam mit den Business Units – Neuerungen im Unternehmen sowohl in den Prozessen als auch in der Technologie voran.»
Zuletzt sei noch ein Beispiel aus der öffentlichen Verwaltung angeführt.
Zuletzt sei noch ein Beispiel aus der öffentlichen Verwaltung angeführt.
So erklärt Staatsschreiberin Vincenza Trivigno vom Kanton Aargau, dass die digitale Transformation weit mehr umfasst als das IT-unterstützte Angebot an Dienstleistungen. «Sie ist ein stetiger Veränderungsprozess und führt zu neuen Abläufen, neuen Formen der Zusammenarbeit und neuen Ansätzen der staatlichen Aufgabenerfüllung.» Damit werde die Modernisierung der Verwaltungs- und Kundenprozesse ermöglicht sowie eine durchgängige Neugestaltung der föderalen Zusammenarbeit zwischen dem Kanton, seinen Gemeinden und dem Bund Realität. So stehe bei der digitalen Transformation gegen aussen der Nutzen für die Bevölkerung und Wirtschaft im Zentrum. Gegen innen schaffe man entsprechende Voraussetzungen für die Verwaltung und ihre Mitarbeitenden, führt die Staatsschreiberin aus.
Digitale Transformation ist Alltag
Ob Ventil- oder Sensorik-Industrie, Software-Hersteller und ICT-Dienstleister, Pharma- und Lebensmittelproduzent oder öffentliche Verwaltung: Offensichtlich trifft man hierzulande auf Unternehmen und Organisationen, bei denen die digitale Transformation im Alltag gelebt und eben nicht als Barriere verstanden wird. Allenthalben sind Aktivitäten zu verzeichnen, die Transformationen unumgänglich machen. Von den digitalen Produkt- und Prozessinnovationen bis hin zu Bestrebungen, einen der Digitalisierung adäquaten Kulturwandel zu erreichen.
Risiken und Nebenwirkungen
Neue CIO-Digitalisierungsthemen: Kultur und Ethik
Die digitale Transformation fächert sich in immer neue Bereiche auf, die keineswegs mehr nur technische sind. Jüngst haben die Analysten von Gartner darauf hingewiesen, dass CIOs sich künftig noch stärker als bisher in die Unternehmenskultur einmischen müssten. Initiativen zur digitalen Transformation müssten von kulturellen Veränderungen begleitet werden, konstatierten die Marktforscher. Dass aktuell 50 Prozent der Transformationsprojekte klare Misserfolge seien, läge daran, dass es an kulturellen Anpassungen gefehlt habe.
Laut Gartner folgt aus dieser Erkenntnis, dass IT-Chefs mit dem Kulturwandel zu beginnen haben, wenn sie eine digitale Transformation erfolgreich umsetzen wollen. Diese Botschaft sei laut einer Umfrage bei 67 Prozent der Unternehmen bereits angekommen. Sie hätten bereits Initiativen zur Kulturveränderung initiiert oder schon abgeschlossen. Folgt man der Analyse von Gartner, werden sich derartige Anstrengungen verstärken, sodass in den nächsten drei Jahren 80 Prozent der Mittelständler und Konzerne ihre Kultur mit dem Ziel verändert haben, die digitale Transformation zu beschleunigen.
Abgesehen von diesen Veränderungen der Firmenkultur im Rahmen der Digitalisierung drängen sich inzwischen auch den Unternehmen immer mehr ethische Fragen auf. Es wird erwartet, dass die Auswirkungen der mit Transformationsprojekten einhergehenden Einführung neuer technischer Entwicklungen wie Robotik, Big Data, Machine Learning und künstliche Intelligenz reflektiert werden. Welche Konsequenzen hat der Rückgriff auf Blicksteuerungs-Software am Arbeitsplatz, was heisst es, wenn spezifische Business-Modelle Nutzerverhalten proaktiv antizipieren oder Chatbots Mitarbeiterverhalten interpretieren? Ganz abgesehen davon, ist zu fragen, wie Unternehmen mit den rasant wachsenden Datenbeständen umgehen werden, bei denen es oft gerade darum geht, sie stark personalisiert fürs Business nutzen zu können. Es gibt also gute Gründe dafür, warum der Bundesrat erst vor wenigen Monaten ein nationales Forschungsprogramm für die digitale Transformation lanciert hat, dessen Hauptziel es ist, Wissen über die Chancen und Risiken der Digitalisierung für die Gesellschaft und Wirtschaft zu erarbeiten.
Die Mitarbeiter mitnehmen
Exemplarisch nennt Swisscom vier Schritte, die man letztes Jahr ging: Für eine smarte Zusammenarbeitskultur werden die Arbeitsplätze weiterentwickelt. Eingeführt wurde dazu etwa eine hybride und smarte Arbeitsplatzumgebung, die ortsunabhängige Zusammenarbeit einfacher, effizienter und direkter gemacht habe. Kurz gesagt werden «die Unternehmensgrenzen durchlässiger, Wissens- und Wertschöpfungsnetzwerke, vernetzte Organisationsformen und Marktplätze für Fachpersonen entstehen». Als zweiten Punkt nennt Aeschlimann agile Zusammenarbeitsmodelle und die cloudbasierte Produktion, mit denen die Innovationszyklen für Services erhöht worden seien, um Marktbedürfnisse rasch und effizient adressieren zu können.
Drittens habe man gewisse Produktionsprozesse automatisiert und könne sie dank künstlicher Intelligenz (KI) kostengünstig betreiben, fügt er an. So sei etwa im Kundendienst der Einsatz von KI weiter ausgebaut worden. Lernfähige Algorithmen unterstützen die Kundenbetreuer, indem sie automatisch E-Mails analysieren und klassifizieren. Schliesslich verweist Aeschlimann als vierten Schritt noch auf die Nutzung von Daten und KI, um bessere Geschäftsentscheidungen treffen und bessere Kundenerlebnisse schaffen zu können. Angesprochen werden hier unter anderem «personalisierte Angebote oder die einfachere Nutzung unserer Produkte und Services».
“Die digitale Transformation führt zu neuen Abläufen, Formen der Zusammenarbeit und Ansätzen der staatlichen Aufgabenerfüllung„
Vincenza Trivigno, Kanton Aargau
Die Staatsschreiberin verweist auf die im September 2018 lancierte interne Informations-, Partizipations- und Kollaborationsplattform «Smart Aargau». Hier tauschen sich Mitarbeitende und Kader über Departements-, Abteilungs- oder Sektionsgrenzen hinaus über Digitalisierungsthemen aus. Darüber würden entsprechende Anregungen und Vorschläge eingebracht, von denen einige als Quick-Wins bereits umgesetzt wurden. «Der Einbezug der Mitarbeitenden und die schnelle Umsetzung der Vorschläge schaffen ein motivierendes Arbeitsklima und erleichtern die tägliche Arbeit.» Zudem habe der Regierungsrat des Kantons die
Erarbeitung und Umsetzung der «Strategie Digitale Transformation» (SDT) als Schwerpunkt im Aufgaben- und Finanzplan 2019–2022 verankert. Damit verfolge man laut Trivigno das Ziel, die «Modernisierung der Verwaltungs- und Kundenprozesse als Dachstrategie voranzutreiben».
Erarbeitung und Umsetzung der «Strategie Digitale Transformation» (SDT) als Schwerpunkt im Aufgaben- und Finanzplan 2019–2022 verankert. Damit verfolge man laut Trivigno das Ziel, die «Modernisierung der Verwaltungs- und Kundenprozesse als Dachstrategie voranzutreiben».
Und Di Sandro vom Ventilhersteller Eugen Seitz spricht in Sachen digitaler Transformation wie jeder dritte Befragte in der CIO-Studie (jeder Vierte gab an, sie werde in drei bis sechs Jahren abgeschlossen sein) von einem andauernden Wandel, der bei Eugen Seitz schon früh gestartet sei. Aufseiten Operations habe man in dem seit 2005 laufenden digitalen Wandel etwa Lean Management eingeführt und so verschiedenste Prozesse verschlankt. Man adressiere «insbesondere Themen rund um Industrie 4.0, die darauf ausgerichtet sind, entlang der kompletten Wertschöpfungskette durchgehende Optimierungen zu erreichen».
Inzwischen habe man auch erste Projekte lanciert und Ventilprototypen entwickelt, die intelligenter Natur seien. Dank der digitalen Technologie werde man mit datenbasierten Analysen umfängliches Condition-Monitoring und Predictive Maintenance betreiben können. Damit erlaube man den Kunden, vorausschauende Instandhaltungen durchzuführen. Ausstehend sind laut Di Sandro aber noch die Verschlankung und Optimierung der IT-Standardprozesse, die Einführung neuer, agiler Projektvorgehensweisen und die Umsetzung einer Service-orientierten Integrationsarchitektur. «Wir wollen also noch effizienter in der Ausführung bestehender Services und schneller in der Umsetzung neuer digitaler Initiativen werden.»
Handlungsdruck ist da
Di Sandro dürfte es auf den Punkt bringen, wenn er sagt, «die digitale Transformation verlangt Mut zu Neuem». Man müsse sich mit dem «was wäre, wenn» auseinandersetzen. Es gehe darum, Fragen zum Tagesgeschäft zu stellen, die sich mit Innovationen und der Suche neuer Wege zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen beschäftigen.
Diese Einstellung ist laut der CIO-Studie 2019 allgemein in den Unternehmen angekommen. Jedenfalls sind jene Verantwortlichen weniger geworden, die extrem schwerwiegende Auswirkungen durch die Transformation erwarten. Statt zuletzt 11,4 Prozent sind es laut der CIO-Studie aktuell noch 7,7 Prozent, in denen solche Befürchtungen vorhanden sind. Die zuversichtlicher gewordenen Unternehmen gehören heute zumeist der um 5 auf 37 Prozent gewachsenen Gruppe an, bei der deutliche Skepsis vorherrscht. Wobei man allerdings zur Kenntnis nehmen muss, dass sich der kleine Kreis von Unternehmen, die keinerlei Einflüsse vom digitalen Wandel erwarten, sich auf 2,1 Prozent nahezu verdreifacht hat. In der Mitte herrscht nüchterner Realismus. Wie im Vorjahr erwarten 42 Prozent der Befragten nur wenige Veränderungen.
Es ist also sicher wenig überraschend, dass insgesamt fast 80 Prozent der heimischen Unternehmen mehr oder weniger schwere Auswirkungen aufgrund der Digitalisierung erwarten. Axians-Mann Staib gesteht denn auch unumwunden ein, dass die digitale Transformation erheblichen Handlungsdruck im Unternehmen erzeugt. Er fügt aber an, dass es sogar «strategisch wichtig ist, dass wir die digitale Transformation bei uns und bei unseren Kunden vorantreiben». Deshalb müssten sich alle Mitarbeitenden mit dem Thema früher oder später in unterschiedlichen Ausprägungen befassen, schiebt er nach. Es bedürfe eines Umdenkens auf verschiedenen Ebenen, gibt Staib zu bedenken. Die Nutzer müssten sich auf die digitalen Abläufe einstellen, aber es brauche auch gesetzliche Anpassungen etwa beim Datenschutz und der Möglichkeit, beispielsweise via digitaler Signatur Vertraulichkeit zu gewährleisten.
Bei Swisscom ist bereits erreicht, dass «das Thema Digitalisierung ernsthaft über alle Unternehmensstufen hinweg thematisiert wird, zu echten Handlungen führt und quantitativ wie auch qualitativ eine Wirkung nachgewiesen werden kann». Zu berücksichtigen habe man zudem die «Tatsache, dass Veränderungszyklen in der Gesellschaft und Wirtschaft immer kürzer werden». Diese Geschwindigkeit führe bei den Mitarbeitenden teilweise zu Unsicherheit. Deshalb gehe es auch darum, ihnen die Chancen der Digitalisierung konsequent und fortwährend aufzuzeigen, fügt Aeschlimann an.
“Es ist eine Tatsache, dass Veränderungszyklen in der Gesellschaft und Wirtschaft immer kürzer werden„
Christoph Aeschlimann, CTO & CIO Swisscom
So verwundert es nicht, wenn auch Trivigno den wachsenden Handlungsdruck positiv sieht, geschehe das doch aus gutem Grund. Denn die digitale Transformation «ist ein Schlüsselfaktor zur Weiterentwicklung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung». Auch sie verweist auf die möglich werdende Effizienzsteigerung bei gleichbleibender Qualität. Dabei erinnert sie daran, dass in der Arbeit von Regierungsrat und Verwaltung datenbasierte Nutzungsmodelle und Strategien eine sehr wichtige Rolle spielen: «Sie bilden vielfach eine wichtige Voraussetzung für politische Entscheide.» Weiter gehe es darum, die Daten der öffentlichen Hand Dritten zur Nutzung zur Verfügung zu stellen (Stichwort Open Government Data). Auch dieser Aspekt werde künftig noch an Bedeutung gewinnen, prognostiziert die Staatsschreiberin.
Fazit
In der Schweizer Wirtschaft und Verwaltung herrscht eine positive Einstellung in Sachen Digitalisierung. Sie ist aus den hiesigen Betrieben nicht mehr wegzudenken, wird als Tatsache eingestuft und trotz der sich daraus ergebenden neuen Problemstellungen akzeptiert. Es dominieren Neugier und Mut. Diese sind nötig, um die Herausforderungen der digitalen Transformation erfolgreich anzugehen.