17.08.2017, 16:03 Uhr

Bella Italia beschert Swisscom schöne Gewinnsteigerung

Dank der italienischen Fastweb kann Swisscom ausserordentlich viel Gewinn einstreichen. Der Umsatz purzelte dagegen abermals.
Wie bereits im Vorjahr hat bella Italia der Swisscom im ersten Semester 2017 eine schöne Gewinnsteigerung beschert. Dank ausserordentlicher Erträge konnte der Telekomkonzern sein Ergebnis verbessern. Das Schweizer Kerngeschäft ist dagegen unter Druck.
Obwohl der Umsatz um 1,4 Prozent auf 5,69 Milliarden Franken sank, steigerte die Swisscom den Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) um 1,5 Prozent auf 2,26 Milliarden Franken. Der Anstieg sei im wesentlichen der italienischen Breitbandtochter Fastweb zu verdanken, die neben einem guten operativen Ergebnis eine Entschädigung von 95 Millionen Euro aus einem Rechtsstreit mit einem Konkurrenten erhalten habe, teilte die Swisscom am Donnerstag mit. Bereits im Vorjahr hatte Fastweb aus einem Rechtsstreit mit Telecom Italia 55 Millionen Euro Sondergewinn bekommen. Ohne den einmaligen Geldsegen aus Italien hätte der EBITDA der Swisscom heuer in etwa stagniert. Um zu sparen, baute die Swisscom in der Schweiz innert eines Jahres 780 Stellen ab. Unter dem Strich konnte der grösste Schweizer Telekomkonzern den Reingewinn überraschend um 6,5 Prozent auf 839 Millionen Franken verbessern. Die Steigerung ist tieferen Abschreibern und einem günstigeren Finanzergebnis zu verdanken. Analysten hatten mit einem Gewinnrückgang gerechnet. Nächste Seite: Euro frisst Fastweb-Erfolge weg

Euro frisst Fastweb-Erfolge weg

Ein sehr gutes Halbjahr habe Fastweb gehabt, obwohl die Konkurrenz in Italien sehr aggressiv sei, sagte Swisscom-Chef Urs Schaeppi. Der Umsatz stieg um 4,8 Prozent auf 923 Millionen Euro. Der EBITDA schoss um gut 20 Prozent auf 403 Millionen Euro in die Höhe. Auch ohne die Sondergewinne aus dem Rechtsverfahren wäre der EBITDA um 10 Prozent gestiegen. Swisscom hatte das Mailänder Unternehmen vor einem Jahrzehnt gekauft, um die begrenzten Wachstumsmöglichkeiten im Heimmarkt durch den Sprung ins Ausland wettzumachen. Die Idee ist indes nur teilweise aufgegangen Zwar hat Fastweb heuer den zweithöchsten Halbjahresumsatz und den höchsten Betriebsgewinn in Euro erzielt. Aber die ständige Schwäche des Euro hat alle Fortschritte zunichte gemacht. So hat die Swisscom gerade in den ersten Jahren nach der Übernahme mit dem Mailänder Unternehmen in harten Franken viel mehr Umsatz und etwa gleich viel Betriebsgewinn erzielt, obwohl bei Fastweb damals viel weniger Euro in der Kasse klingelten. Nächste Seite: Hauen und Stechen um Sportrechte

Hauen und Stechen um Sportrechte

In der Schweiz litt das Telekomgeschäft dagegen unter dem härteren Wettbewerb und der zunehmenden Marktsättigung: Der Umsatz sank um 2,4 Prozent. Die Hälfte des Umsatzrückgangs sei auf den Aderlass in der Festnetztelefonie zurückzuführen. So hat die Swisscom innert eines Jahres über 300'000 Festnetzkunden verloren. Immer mehr Leute würden das Festnetztelefon abbestellen und nur noch das Handy benutzen, sagte Schaeppi.
Gleichzeitig sei der Konkurrenzkampf mit Kabelnetzbetreibern und anderen Anbietern härter geworden. Dabei musste die Swisscom einige bittere Niederlagen in der Schlacht um die Übertragungsrechte von Eishockey- und Fussballspielen hinnehmen, in der mittlerweile ein Hauen und Stechen aller gegen alle im Gang ist. So entriss die Kabelnetzbetreiberin UPC der Swisscom die Übertragungsrechte für die Schweizer Eishockeymeisterschaft und die meisten Spiele der deutschen Fussball-Bundesliga. Die britische Premier League und die spanische La Liga mit deutschem Kommentar gingen an den Internetstreamingdienst Dazn. Gleichzeitig drängte der deutsche Bezahl-TV-Riese Sky selber in den Schweizer Markt, der bisher seine Live-Spiele an die Swisscom-Tochter Teleclub verkauft hatte. Mit der neuen Sky-App können somit auch Swisscom-, Sunrise- und UPC-Kunden Bundesliga und Champions League schauen, müssen dafür aber zusätzlich fast 20 Franken pro Monat bezahlen. Nächste Seite: Kein Komplettanbieter mehr

Kein Komplettanbieter mehr

Einen Komplettanbieter für Live-Spiele wie früher Teleclub gibt es nicht mehr. Für die Zuschauer, die Fussball und Eishockey sehen wollen, wird es teurer als bisher. «Die Fans gucken in die Röhre», urteilte Telekomexperte Ralf Beyeler auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Der früher sehr homogene Sportrechtemarkt sei total fragmentiert worden, sagte Schaeppi. Aber die Swisscom habe nach wie vor mit Abstand das breiteste Sportangebot. Mit einem Promotionsangebot über die ganze nächste Saison hin versucht der «Blaue Riese» die Kunden zu halten. «Aber es wird sicher so sein, dass ein paar ganz wenige Eishockeyfans die Swisscom verlassen», sagte Schaeppi. Dennoch seien die Sportrechte nicht das alleinige Erfolgskriterium im TV-Markt. Die Swisscom habe die beste TV-Plattform in der Schweiz. «Wir sehen heute keine markante Abwanderung von Kunden wegen Sportrechten.» So erfreue sich Swisscom TV weiterhin grosser Beliebtheit. Der Bestand an TV-Kunden habe innert Jahresfrist um 96'000 zugenommen. Auch in den vergangenen drei Monaten konnte die Swisscom 9000 Kunden gewinnen. Das war allerdings das schwächste Quartal seit neun Jahren.



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