Interview
17.09.2021, 12:40 Uhr
Weshalb bunte Büros kein Zukunftsgarant für jedes Unternehmen sind
Was sind die Arbeitsplätze von morgen? Die schicken Büros von Start-ups oder Internetkonzernen wie Google? Zukunftsgaranten sind das nicht, sagt Innenarchitektin Liane Ackermann. Sie erklärt, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf das künftige Bürodesign hat.
Mit der Corona-Pandemie mussten Unternehmen von heute auf morgen auf Heimarbeit und Remote Work umstellen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation, sondern auch auf die Büros selbst. Liane Ackermann, Innenarchitektin und Geschäftsführerin des Architekturbüros «Die Planstelle», erklärt im Interview, wie das Office von morgen aussieht und welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf das künftige Bürodesign hat.
Computerworld: Frau Ackermann, die schicken Büros von Start-ups oder Internetkonzernen wie Google wirken wie grosse Spielzimmer. Sind das die Arbeitsplätze der Zukunft?
Liane Ackermann: Sie können sich nicht vorstellen, wie oft wir in den vergangenen Jahren das Briefing «Das muss dann so werden wie bei Google» erhalten haben. Als wären diese bunten Räume der Zukunftsgarant für jedes Unternehmen. Das sind sie natürlich nicht. Der Typus Mensch als spielendes und dadurch schöpferisches Wesen ist für die Innovationsentwicklung ein wichtiger Aspekt. Nur braucht nicht jedes Unternehmen kreative, innovative IT-Köpfe. Google hat auch in anderen Räumen erfolgreich angefangen.
Spielplätze für Erwachsene sind Recruiting-Mittel im Kampf um die Talente und sie waren für uns Planer und Gestalter der Türöffner, um endlich intensiver über Büroarbeitsplätze nachdenken zu dürfen. Durch die Google-Büros durften, nach dem Gestaltungshoch der 1960er-Jahre, endlich wieder Farben und Formen und Materialien in Büros einziehen. Das Signal an Mitarbeitende ist enorm, denn mit der Frage: «Was brauchst Du, um gut arbeiten zu können?» wird Wertschätzung kommuniziert, die einen positiven Einfluss auf die Wertschöpfung hat.
Insofern hat es Google durch seine Büros indirekt geschafft, das Bewusstsein auf den Menschen zu legen, und diese Herangehensweise wird für die Entwicklung der Arbeitsplätze der Zukunft wesentlich sein. Der gute und zukunftsträchtige Raum entsteht dann fast von selbst.
CW: Und was unterscheidet das Büro von morgen von den heutigen Arbeitsstätten? Wie verändern sich die Arbeitsräume?
Ackermann: Die Weiterentwicklung der Arbeitsstätten erfolgt durch Covid-19 fast natürlich evolutionär. Was für viele unserer Kunden vor über einem Jahr undenkbar war, ist fast normal geworden. Das haben weder Führungskräfte noch wir von aussen als Planer und Berater schaffen können – dass die Mitarbeitenden ohne ein schlechtes Gewissen dem Büro physisch fernbleiben, von dort arbeiten, wo es Sinn ergibt, und dabei noch produktiv sein können.
Aktuelle Planungen erlauben, viel mehr über Desk-Sharing-Modelle nachzudenken, und es gibt eine grössere Offenheit der Menschen, darüber zu reden, was wo und wie möglich ist und was nicht. Das neue Büro wird Angebote aussprechen, die in Raumgrössen und Ausstattungsmerkmalen nicht anderswo dargestellt werden können.