31.07.2013, 09:08 Uhr
Die Macht der Open Cloud
20 Jahre Open-Source-Evolution haben gezeigt, dass offene Technologien Innovation, Flexibilität und Wahlfreiheit vorantreiben. Jetzt hat die Offenheit auch im Cloud Computing Fuss gefasst: Frameworks wie OpenStack erleben einen Hype. Wie ausgereift und businesstauglich sind diese Technologien?
Der Autor ist Regional Director Central Europe bei Rackspace International. Die Open-Cloud-Bewegung ist die jüngste der in den letzten Jahren überaus erfolgreichen Open-Source-Initiativen. Sie boomt analog zu Linux und Android – nicht nur aus der Entwicklerperspektive, sondern auch im Hinblick auf ihren Einfluss auf das Business. Heutzutage sind Open-Source-Betriebssysteme in vielen alltäglichen Gerätschaften im Einsatz: vom elektronischen Spielzeug über Medizinaltechnik bis zum Auto. Es hat allerdings einige Zeit gebraucht, ehe sich die Open-Source-Bewegung zu Cloud Computing eine Meinung gebildet hat: Erst 2009 erschien das «Open Cloud Manifest». Es stellt die Forderung auf, dass die Cloud grundsätzlich offen zu sein habe, sprich: Anwender nicht auf Gedeih und Verderb an eine bestimmte Plattform gebunden werden dürfen. Grundsätzlich liegt der Unterschied zwischen einer proprietären und einer offenen Cloud darin, dass Letztere auf offenen Programmierschnittstellen und herstellerunabhängigen Standards beruht. Konkreter wurde die Open Cloud durch die Open Cloud Initiative (OCI) definiert, die in den Open Cloud Principles (OCP) die Forderung nach Interoperabilität aufstellte, damit Anwender ihre Daten zwischen verschiedenen Anbietern verlagern und Barrieren im Zu- und vor allem im Abgang zwischen konkurrierenden Cloud-Diensten abgebaut werden können. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Keine Lizenzkosten
Keine Lizenzkosten
Gemäss OCI müssen hierfür zum einen alle Anwenderdaten sowie die Metadaten in offenen Standardformaten vorliegen und zum anderen auch die Cloud-Funktionalitäten über Interfaces auf der Basis offener Standards zu adressieren sein. Für offene Standards gelten bei der OCI sehr strikte Anforderungen: Sie müssen detailliert dokumentiert, öffentlich zugänglich, kostenlos und ohne Patentlizenzen nutzbar sein. In der Schweiz ist die Open Cloud unter anderem durch den Verein «/ch/open» vermehrt in die Diskussion gerückt. Bereits zum zweiten Mal wurde im Juni der Open Cloud Day durchgeführt. Nicht zuletzt durch die Cloud-Strategie des Bundes wird derzeit die Open Cloud vorangetrieben. Für die Bundesverwaltung standen vor allem Kostenüberlegungen im Vordergrund, wenn anstelle proprietärer interner IT-Projekte öffentlich zugängliche Cloud-Services genutzt werden: keine Lizenzkosten, keine Aufwände für Software-Entwicklung und damit kein Schielen auf den Return on Investment. Egal, ob sich ein Nutzer für ein reines Open-Source-Angebot oder für eine kommerzielle Open-Source-Lösung entscheidet, wird er im Vergleich zu einer proprietären Software Kosten sparen können.
Offene Schnittstellen
Kosten reduzieren möchte grundsätzlich jeder, allerdings sollte dies nicht das einzige Kriterium für die Open-Cloud-Alternative sein. Diese hat auch noch andere Vorteile zu bieten, beispielsweise ein hohes Mass an Flexibilität. Nutzer finden sich in Communities zusammen und entwickeln die Plattformen mit geballtem Know-how weiter, was deren Innovationsdynamik extrem steigert. Für eine Technologie, die sich dermassen schnell entwickelt und so hochkomplex ist wie die Cloud, ist es schwer vorstellbar, dass ein einzelner Anbieter das Wissen, die Erfahrung und die Vision auf sich vereinen kann, um heute bereits sagen zu können, wohin die Reise letztendlich gehen und welche Bedürfnisse die Zukunft bringen wird.
Unabhängigkeit vom Hersteller
Damit kommt eines der nächsten wichtigen Kriterien für die Open Cloud ins Spiel: die Unabhängigkeit von einem Hersteller. Wird eine Cloud auf Basis einer offenen und weitverbreiteten Open-Source-Technologie aufgebaut, hat kein Anbieter die volle Kontrolle über das Open-Source-Framework. Mit der Prävention des sogenannten «Vendor Lock-in» ist gewährleistet, dass ein Anwender jederzeit seinen Anbieter wechseln oder im Sinne einer Multi-Vendor-Strategie Dienste von verschiedenen Anbietern beziehen kann, die bestenfalls untereinander interoperabel sind. Zugleich fördert die Offenheit auch eine bessere Integration der Cloud-Dienste in bestehende offene oder proprietäre Lösungen, sodass getätigte IT-Investitionen innerhalb der neuen Architektur geschützt sind. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Support als USP
Support als USP
Im Vorteil, dass Open-Cloud-Projekte in einem offenen Prozess innerhalb einer Community weiterentwickelt werden, verbergen sich allerdings auch etliche Herausforderungen: Zum einen wächst das Ökosystem sehr dynamisch, sodass es für den Einzelnen erheblich schwieriger geworden ist, im Dschungel der unterschiedlichen Angebote zu identifizieren, welches den individuellen Business-Bedürfnissen am ehesten entspricht. Es empfiehlt sich daher, auf etablierte Referenzumgebungen wie beispielsweise OpenStack (vgl. Kasten rechts) zu setzen, um nicht Gefahr zu laufen, dass ein Open-Source-Projekt plötzlich eingestellt wird. Zum anderen steht dem Nutzer im Gegensatz zu proprietären Lösungen, in denen ein Provider um den Betrieb besorgt ist, kein Support zur Seite. Dieser erfolgt bestenfalls in Form von Chats oder Foren, was die reine Open Cloud für bestimmte Business-Cases nur bedingt tauglich erscheinen lässt. Hier lohnt es sich, auf kommerzielle Open-Source-Plattformen zu vertrauen, hinter denen ein Unternehmen steht, das für die Kontinuität des Projekts und ein professionalisiertes Komplettangebot inklusive Service steht. Der Kunden-Support wird im zunehmenden Wettbewerb der Anbieter ein wichtiger Differenzierungsfaktor für Unternehmen. Denn auch wenn Self-Service ein genuines Kriterium für Cloud Computing ist, so ist die Entwicklung und das Aufsetzen von cloudfähigen Business-Applikationen auf einer IaaS- oder PaaS-Infrastruktur noch nicht wirklich ein Kinderspiel. Entscheidet sich ein Unternehmen für eine Cloud-Lösung auf Open-Source-Basis, sollte daher ein Anbieter gewählt werden, der für Kontinuität steht und Kunden einen professionellen Support bietet.
OpenStack
! KASTEN !
OpenStack basiert auf Linux und ist freie Software unter Apache-Lizenz. Die einzelnen Komponenten sind modular aufgebaut und umfassen eine Vielzahl von Einzelaufgaben wie zum Beispiel das Berechtigungsmanagement, die Speicherverwaltung, das Netzwerk und ein Dashboard zur webbasierten Steuerung. Es kann von jedem Anbieter genutzt werden, der Cloud-Dienstleistungen anbietet, oder von jeder IT-Organisation, die damit ihre privaten Clouds kontrollieren möchte. Prominente Nutzer sind die Wikimedia Labs der Wikimedia Foundation, das CERN oder Yahoo.
www.rackspace.com/cloud/openstack
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