Schwerpunkt Cloud Computing
19.03.2020, 14:33 Uhr
Nutanix: «Unternehmen planen ihre Business Continuity viel intensiver»
Seit fünf Jahren ist Nutanix am Schweizer Markt aktiv. Nutanix’ Landeschef Florian Köppli spricht im Interview über die Zukunft der Cloud, Business Continuity Management und die Highlights der kommenden Hausmesse .Next on Tour.
Computerworld: Nutanix hat Anfang dieses Jahres eine Studie zur Cloud-Nutzung veröffentlicht. Darin gehen Sie auch auf den Schweizer Markt ein. Welches Ergebnis hat Sie hier am meisten überrascht?
Florian Köppli: Für mich ist bemerkenswert, dass man sich offenbar in einer Multi-Cloud-Testphase befindet. Wenn 73 Prozent der Unternehmen ihre Workloads zurück ins Rechenzentrum holen, spricht das für ein empirisches Vorgehen: Man probiert aus, macht Erfahrungen und merkt dann, was ideal wäre. Ich finde, das ist ein guter Ansatz, denn Innovation heisst, Sachen auszuprobieren. Das passt auch gut zu uns, weil wir diese Brücke bauen zwischen on-Prem und Public Cloud. Wir haben eine ideale Plattform für dieses Ausprobieren.
CW: Hybride Cloud-Modelle gelten als der Königsweg zwischen der Private- und der Public Cloud. Wo stehen Schweizer Anwenderunternehmen im internationalen Vergleich bei der Planung und beim Einsatz hybrider Cloud-Modelle?
Köppli: Unternehmen in der Schweiz haben in diesem Bereich massiv aufgeholt. Alles in allem ist man hierzulande wohl etwas konservativer bezüglich Public-, Hybrid- und Multi-Cloud, aber grössere Unternehmen haben wenigstens Strategien dafür. Laut der neusten Ausgabe unseres Enterprise Cloud Index wählten 85 Prozent der im Jahr 2019 Befragten die Hybrid-Cloud als ideales IT-Betriebsmodell. In der Schweiz sehen dies 60 Prozent der Befragten so.
CW: Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz? Welches sind die grössten Bedenken und Schwierigkeiten, mit denen Sie in Kundengesprächen regelmässig konfrontiert werden?
Köppli: Nach wie vor ist die Rechtsicherheit ein grosser Diskussionspunkt. Es herrscht eine grosse Unsicherheit und die Meinungen von Experten gehen stark auseinander. Sind die Daten geschützt vor Lauschangriffen durch ausländische Behörden oder Organisationen? Der Fall Crypto AG hat das Vertrauen in andere Länder sicher nicht gestärkt. Multi-Cloud-Strategien machen absolut Sinn, sind aber heute bei vielen Herstellern noch nicht vollends umsetzbar, oder dann nur mit grossem Aufwand. Im Schlimmsten Fall bleibt das klassische Silo-Denken. Das bedeutet, ein Betriebsmodell für jede Cloud.
CW: Wie begegnen Sie den Bedenken?
Köppli: Nutanix hat mit den grossen Building-Blocks eine gute Story in Sachen Multi-Cloud. Wir können unsere Kunden schrittweise begleiten. Sie beginnen mit einer Privat-Cloud und können danach Public-Clouds anbinden. Da unsere Lösung Software-defined ist, bekommt ein Kunde mit jedem Update / Upgrade die neuesten Funktionalitäten. Das heisst, wir können unsere Kunden auf dieser Reise in die Zukunft begleiten.
CW: Welches besondere Kundenprojekt im Cloud-Umfeld haben Sie im letzten halben Jahr umgesetzt? Worum ging es dabei genau und was war daran bemerkenswert?
Köppli: Die Herausforderung bestand in der Einführung von Cloud-nativen Applikationen. Das heisst, bestehende Anwendungen und Prozesse wurden in Container-Services integriert. Dank der API-First-Strategie (Infrastructure-as-a-Code) von Nutanix konnte die Container-Lösung äusserst einfach integriert werden. Parallel wurde mit unserem Calm-Marketplace – unserer Anwendungsorchestrierung – eine neue Self-Service Plattform für sämtliche internen Applikationen aufgebaut. Nach der erfolgreichen Pilotphase wurden die Systeme kontinuierlich ausgebaut. Skalierbarkeit, Ausfallsicherheit und zentrales Management waren ausschlaggebende Faktoren für die erfolgreiche produktive Inbetriebnahme.
CW: Von welcher Kundin sprechen wir in diesem Fallbeispiel?
Köppli: Es ist ein Kunde aus der Lifesciences-Branche. Den Namen darf ich aber nicht nennen.
CW: Welche technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Cloud-Umfeld sollten IT-Verantwortliche auf dem Radar haben?
Köppli: Was teilweise fehlt, ist eine klare Daten-Klassifizierung: Was ist hochgeheim, was ist vertraulich und was öffentlich? Ein «Lift & Shift»-Ansatz macht keinen Sinn, man soll nicht einfach Workloads von on-Prem in die Public Cloud verschieben. Es braucht ein Re-Platforming der Applikation, welche neu geschrieben werden muss. Zudem würde ich IT-Verantwortlichen nahe legen, ein Lock-in zu vermeiden. Sichern Sie sich eine maximale Flexibilität in Bezug auf Tools, Public- und Multi-Clouds. Es ist immer gut, eine Alternative zu haben, beispielsweise, wenn sich das Pricing ändert.
Florian Koeppli über fünf Jahre Nutanix Schweiz
CW: Nutanix ist inzwischen seit fünf Jahren in der Schweiz. Welches waren die Highlights in dieser Zeit?
Köppli: Da gibt es viele: Besonders in Erinnerungen bleiben die ersten Kunden, die wir gewinnen konnten welche über eine Million Umsatz gemacht haben, habe Sie bitte Verständnis, dass ich keine Namen nennen kann. Der Nutanix-Börsengang im 2016 war sicherlich auch ein Highlight. Und es macht mich sehr stolz, wenn ich sehe, wie gross und professionell die Organisation in der Schweiz heute ist.
CW: Nutanix ist als Anbieter von Hyperconverged Infrastructure (HCI) gestartet. Inwieweit haben Schweizer Anwenderunternehmen gleich verstanden, was Sie anbieten? Wieviel Aufklärungsarbeit mussten Sie leisten?
Köppli: Am Anfang war das manchmal schon viel. Wir waren immer mit demselben Pitch unterwegs. Gewisse Interessenten haben relativ schnell unseren Ansatz begriffen. Bei anderen kam nach einer halben Stunde eine Frage, bei der man merkte, dass sie es nicht wirklich verstanden haben – dann haben wir wieder von vorne begonnen. Letztlich glaube ich, dass der Fakt, dass wir im Laufe der Zeit Mitbewerber bekommen haben, es uns fast erleichtert hat. Was wir erzählten, war nicht mehr so exotisch, denn andere kamen mit der gleichen Story. Heute ist HCI quasi Mainstream.
CW: Wie hat sich das Angebots-Portfolio von Nutanix seither gewandelt?
Köppli: HCI bietet nicht nur klassisches Storage sondern auch Object- und File-Speicherung. Wir haben uns von einem Hersteller von Hyperconverged-Infrastructure-Appliances zu einem Anbieter von Services weiter entwickelt, die auf diesen Appliances aufbauen. Ich vergleich das gerne mit der Entwicklung eines iPhones. Unsere HCI Software ist das OS, auf welchem wir beliebig neue Dienste bauen können. Zum Beispiel verfügen wir über einen Marketplace, mit welchem Kunden Applikationen durch ‚one-click‘ in einer Multi-Cloud-Umgebung provisionieren können. Zudem ist Nutanix heute ein pures Software-Unternehmen, was unseren Kunden Wahlfreiheit für die Hardware gibt.
CW: Nutanix hat zu Beginn erfolgreich Appliances gebaut. Weshalb ist man aus der Hardware-Herstellung ausgestiegen?
Köppli: Wir sehen uns nicht als Anbieter von Hardware-Lösungen, sondern eines Cloud-Operating-Systems. Dadurch erhalten unsere Kunden eine maximale Wahlfreiheit auf der Hardware-Seite.
CW: Mit welchem Satz beschreiben Sie heute das Angebot von Nutanix?
Köppli: Nutanix ist das Multi-Cloud-Operation-System aus einer Hand.
Nutanix' Schweiz über die weitere Strategie und Edge Clouds
CW: Wo wird die Reise hingehen, wie sieht die weitere Strategie von Nutanix aus?
Köppli: Heute sind die grossen Cloud-Anbieter wie beispielsweise Google Cloud Platform, Amazon Webservices oder Microsoft Azure noch sehr monolithisch strukturiert. Es spricht vieles dafür, dass diese monolithen Clouds näher zum Kunden kommen, Stichwort Edge Cloud. Anstelle einer Wolke werden wir ‚Nebel’ haben, der überall präsent sein wird.
CW: Wie muss man sich das vorstellen? Können Sie bitte Ihre Vision hierfür in wenigen Sätzen skizzieren?
Köppli: In der Vergangenheit wurden Daten vor allem in Datacenter produziert. Heute werden riesige Mengen an Daten beispielsweise im IoT-Umfeld oder auf mobilen Devices generiert. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, aus diesen Daten Wertschöpfung zu generieren. Wer das kann, ist bestens positioniert für die Zukunft. Dafür braucht es ein Operating System, welches das kann - unabhängig von Plattformen und Devices, und auch davon, wo die Daten hergestellt werden. Unsere Vision ist es, dass wir Unternehmen genau dabei helfen können, einen Sinn aus den Daten zu ziehen, egal, woher sie kommen. Die Vision ist eine Software, dank der sich diese Silos verwalten lassen.
CW: Was folgt daraus für die Verwaltung der Edge Clouds?
Köppli: Entsprechend ist das Management dieser Edge Clouds, die in viel grösserer Anzahl bestehen, noch viel wichtiger, da sonst das Skalieren nicht mehr funktioniert. Unsere Software läuft auf allen Hypervisoren, auf allen Hardwareplattformen und in unterschiedlichen Ausprägungen. Wir sehen unsere Software als das Multi-Cloud OS. Und: trotz dem oben genannten Nebel freut sich Nutanix auf weiterhin sonnige Tage (lacht).
Wie sich Covid-19 auf die Hausmesse .Next on Tour auswirkt
CW: Nutanix hat seine Schweizer Hausmesse .Next on Tour wegen der Covid19-Pandemie verschieben müssen auf den 23. Juni. Inwieweit wird sich etwas am Programm ändern?
Köppli: Momentan planen wir, dass das Event mit dem bisherigen Programm unverändert stattfinden wird.
CW: Viele Anwenderunternehmen haben Ihre Mitarbeitenden ins Home Office geschickt mit entsprechenden Folgen für die Firmen-IT. Inwieweit berücksichtigen Sie diese aktuellen Entwicklungen?
Köppli: Eventuell werden wir einen stärkeren Fokus auf das Thema Business Continuity legen. Ich denke, im Schweizer Markt hat und wird sich das Thema Remote Working und Home Office noch klar verstärken und Unternehmen planen ihre Business Continuity viel intensiver. Virtual Desktop ist ein Teil davon.
CW: Für wen lohnt sich ein Besuch der diesjährigen .Next on Tour?
Köppli: Für alle Kunden – sie erfahren alles zu unseren Neuheiten, können sich austauschen und Networking betreiben. Und natürlich lohnt sich der Besuch für alle potenziellen Neukunden. Sie bekommen an der .Next on Tour eine gute Einführung, treffen Kunden und Partner und sehen, wie viel weiter unser Angebot über Hyperconverged-Technik hinausgeht. Darüber hinaus dürften unsere Kundenvorträge für alle Teilnehmer von Interesse sein.
Hinweis der Redaktion: Wer sich für die .Next on Tour anmelden möchte, kann das auf der Event-Website von Nutanix.
CW: Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich besonders?
Köppli: Ich freue mich sehr auf den Austausch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der .Next on Tour.