Oracle
24.09.2013, 04:08 Uhr
Ellisons starke Strategie-Joker
Ex-HP-Mann Mark Hurd startet bei Oracle voll durch und präsentiert die Highlights der diesjährigen Oracle Open World. Aber was haben Schweizer Kunden davon? Die Analyse.
Mark Hurd, Oracle President von Ellisons Gnaden, ist vielen HPlern noch lebhaft in Erinnerung. Hurd hatte sich bei Hewlett-Packard nicht nur Freunde gemacht. Nein, wir nennen das A-Wort hier nicht, denn diese Zeiten sind Geschichte. Hurd fühlt sich bei Oracle sichtlich wohl und fasste gut gelaunt die Highlights des Unternehmens zusammen. Einige davon könnten sich bald als veritable Joker im Konkurrentkampf entpuppen. Computerworld diskutierte danach mit den Oracle Schweiz Managern Massimo Castelli und Thomas Benz den Impact auf den Schweizer Markt. Was haben die Schweizer Kunden davon?
Sparc M6-32/Supercluster M6-32
Oracles Hardware-Abverkäufe kamen in den letzten Quartalen zweistellig ins Trudeln. Eigentlich hat es seit dem Aufkauf von Sun noch nie so richtig mit der Hardware geklappt. Thomas Benz, Country Lead Systems Group bei Oracle Schweiz, hat für die Schweiz und die nordischen Märkte jedoch Erfreuliches zu berichten. «Wir hatten ein starkes erstes Quartal und sind auf Budget», sagte Benz der Computerworld. Auch das zweite Quartal gehe Richtung Budget, zum ersten Mal seit zwei Jahren.
Von den Hardware-Erlösen gehen etwa 40 Prozent auf das Konto der «Engineered Systems0187 (Exadata, Exalogics, Exalytics u.a.), 50 Prozent spülen die Sparc-Maschinen in die Kassse und die restlichen 10 Prozent bringt Storage. Die Schweiz sei schon immer ein Sparc- und Solaris-Land gewesen, meint Benz. (Solaris ist Oracles Betriebssystem, zusammen mit Linux praktisch das Windows der Business-Welt.)
Die aktuelle Sparc M6-32, eine Monstermaschine mit 32 Sparc-M6-Chips, 12 Kernen pro Chip und 32 Terabyte DRAM-Hauptspeicher, sieht Benz jedoch eher sachlich als Ergänzung der Produktpalette. Der Impact auf den Schweizer Markt dürfte sich deshalb in klar abgesteckten Grenzen halten.
Oracles Datenbank 12c - Vorteile für Schweizer
Oracle 12c Datenbank: In-Memory und Multitenant
Hinter der neuen In-Memory- und Multitenant-Datenbank 12c stecken die eigentliche Innovation. Hier spielt Oracle eine ganz starke Trumpfkarte aus: seine weltweit 400'000 Datenbank-Kunden. Die 12c sei die erste Datenbank, die speziell für die Cloud und für Big Data konzipiert wurde, sagte Oracle-President Hurd. Gemeint ist damit: Oracles neues Kronjuwel unterscheidet zwischen einer zentralen Container-Datenbank, die Kernaufgaben wie zum Beispiel die Speicherverwaltung übernimmt, und bis zu 552 Satelliten-Datenbanken (pluggable databases) pro Container, die bei Bedarf schnell erstellt und angedockt werden. Einige unserer Kunden haben tausende von Datenbanken, deren Verwaltung könne man schon etwas vereinfachen, erklärte Hurd locker. Besonders Cloud-Anbieter profitieren davon. Sie erstellen für jeden ihrer Kunden eine separate Satelliten-Datenbank. Das Ganze funktioniert natürlich auch in der private Cloud.
Performance-Vorteil: 100x
Noch stärker einschlagen dürfte die neue In-Memory-Option der 12c, die 2014 auf den Markt kommen soll. «Für unsere 400'000 Kunden ist das eine ganz grosse Sache», unterstrich Hurd zuversichtlich. Oracle spricht von Performance-Vorteile um den Faktor 100x, die mit der neuen Option realisierbar seien (Reports, Analysen etc.).
Da springt natürlich gleich der Vergleich mit SAPs In-Memory-Appliance Hana ins Auge. Und SAP schmeisst noch mit ganz anderen Beschleunigungsfaktoren um sich: von 1000x bis 10'000x. Aber, so wendete Hurd ein: SAP Hana müsse relativ aufwendig programmiert werden. Um dagegen Oracles In-Memory-Option zu nutzen, genüge mehr oder minder ein Knopfdruck. Eine Änderung der Datenbank-Strukturen sei nicht nötig. Alles bleibt beim Alten - nur performanter. Der voraussichtliche Impact auf den Schweizer Markt: gross. Auch der Impact auf Oracle selbst ist gross: Die neue In-Memory-Option ist eine eigenständige Entwicklung und könnte langfristig Oracles Caching-Datenbank TimesTen und das Datawarehouse Essbase ersetzen.
Oracles Appliances - so läuft's in der Schweiz
Database Backup Logging Recovery Appliance
Wem ist nur diesen sperrigen Namen eingefallen? Das waren gar nicht wir, das hat sich der Larry Ellison selbst ausgedacht, sagte Andy Mendelsohn, Senior Vice President Database Server Technology, zu Computerworld. Die neue Backup Appliance ist auf Datenbanken optimiert. Insbesondere Recovery-Prozesse, die nach einem Crash eine intakte, alte Version zurückspielen, sollen dadurch schneller ablaufen. Die Backup-Systeme der Konkurrent, wie HP oder EMC, seien nicht auf Datenbanken, sondern auf Dateisysteme (file storage oder block storage) optimiert. Das ziehe Wiederherstellungsprozesse in die Länge und riskiere Datenverluste bei komplexen Datenbank-Landschaften, betonten Oracle-Manager.
Technologisch haben Oracles optimal konfigurierte Engineered Systems, die Hardware und Software kombinieren, immer überzeugt. Trotzdem liefen die Abverkäufe schleppend. In der Schweiz habe die Datenbank-Appliance Exadata Fahrt aufgenommen, sagte Oracles Massimo Castelli zu Computerworld. Der Grund: Bei einer Datenbank-Appliance sehen Unternehmen den erzielbaren Mehrwert relativ leicht ein. Die jüngeren analytischen Appliances Exalogics und Exalytics zockeln dagegen noch hinterher.
Oracle als Komplett-Anbieter
Ein weiterer möglicher Grund für die schleppenden Abverkäufe der Engineered Systems: «Vor zwei Jahren wurden wir noch nicht als Hardware-Anbieter wahrgenommen» saget Oracles Thomas Benz. Oracle wird zum Komplett-Anbieter, der von Applikationen, Datenbanken, Betriebssystemen, Virtualisierung und Middleware bis zu Servern und Storage alles im Regal stehen hat. Auch daran müssen sich die Kunden erst einmal gewöhnen. Impact auf den Schweizer Markt: noch ungewiss, aber positiver als auf anderen Märkten.
HCM/Talend Management aus der Cloud
Oracle hat seine neuen Cloud-Releases HCM und Talend Management bisher nur in Grundzügen vorgestellt. Beide Lösungen reihen sich in die mehr als 100 Fusion Business-Apps ein, die On-Premises und in der Cloud laufen. Auch auf diesem Markt tritt Oracle in starke Konkurrenz zu SAP.
Der deutsche ERP-Weltmarktführer hatte 2011 den Cloud-Spezialisten SuccessFactors akquriert, der erfolgreich HMC und Talend Managemant aus der Cloud verkauft. SAP treibt seine mobilen Cloud-Lösungen energisch voran und hat die Cloud zum strategischen Prio-1-Ziel erklärt - ein harter Konkurrent. Impact auf den Schweizer Markt: hängt von SAP ab.