Die vergessene Bundesinformatik
Bund digital vernetzt
Die Bundesinformatik widmete sich unterdessen der unverfänglichen Technik. Von den anfangs 172 Angestellten arbeiteten rund 75 Prozent im «Rechenzentrum der allgemeinen Bundesverwaltung» (RZ BV). Die übrigen Kollegen waren mit Ausbildung der Benutzer, Dienstleistungen und Planung befasst. Der erste Leiter des BfI, Henri Garin, sollte das Amt bis zum Übergang in das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation im Jahr 1999 leiten.
Eines seiner ersten Projekte war der Neubau eines zentralen Verwaltungsgebäudes an der Eigerstrasse 41 in Bern. Bis dahin war das BfI an vier Standorten innerhalb der Stadt Bern untergebracht, was laut Garin diverse Nachteile hatte: Arbeitsräume und gewisse Geräte mussten mehrfach vorhanden sein, Führung sowie Kommunikation waren erschwert und die periphere Lage der EDV-Betriebe verursachte Zeitverluste beim Bringen und Holen von Datenträgern sowie umfangreichen Druckarbeiten. Damals bedruckte das Rechenzentrum jährlich mehr als 10 Millionen Seiten Papier. Ferner wurden jährlich rund 5000 Datenträger mit anderen EDV-Anlagen bei Bund, Kantonen und Privatwirtschaft ausgetauscht. Für rund 130 Millionen Franken sollte im Monbijouquartier neu gebaut werden.
Mit 200 bis 400 Millionen Franken veranschlagt war das Projekt «Datenkommunikation» in der Bundesverwaltung. Im Mai 1990 berichtete Computerworld von Garins Vorhaben, innerhalb von drei Jahren alle analogen Hauszentralen durch digitale ISDN-Anlagen ersetzen zu wollen. So wollte das BfI dem «Wirrwarr in der Bundesverwaltung» Herr werden. «Durch gezielte Koordination soll künftig verhindert werden, dass Ämter in der Informatik zu rasch vorwärtsmachen, gleichsam Brücken ohne Fundament bauen», sagte der Amtsvorsteher. Wie ein Dienstleister wollte Garin den Ämtern jeweils Projektleiter zur Verfügung stellen, die auf das Einhalten von Standards und Normen achten sollten.
EDV-Hunger der Behörden
Die neuen Projektleiter sollten den Heisshunger der Ämter und Departemente nach EDV vorerst nicht stillen können. Die für 1990 veranschlagten Ausgaben von 312 Millionen Franken waren Ende Oktober aufgezehrt. Ein Nachtragskredit in Höhe von 11,2 Millionen Franken wurde beantragt.Damit wollte unter anderem das Bundesamt für Aussenwirtschaft seine Computer für die Datenverarbeitung zum Zweiten Golfkrieg aufrüsten. Das Bundesamt für Statistik plante die Beschaffung zusätzlicher Computer für die jährliche Volkszählung. Und die Bundesanwaltschaft sowie die Bundespolizei suchten computerisierte Hilfe bei der Bewältigung des Fichenskandals. Wobei die Entwicklung eines Programms zur Schwärzung der Informantennamen schon während des Jahres ergebnislos abgebrochen werden musste. Die hängigen rund 350'000 Gesuche um Ficheneinsicht mussten weiterhin manuell geschwärzt werden.