Interview Bill McDermott
03.08.2020, 11:00 Uhr
«ServiceNow will ich zum Meisterwerk machen»
Der Wechsel von Bill McDermott vom Branchenriesen SAP zum Nischenanbieter ServiceNow hat viel Aufsehen erregt. Im Interview erklärt er, was er mit dem Unternehmen vorhat.
Einmal mehr zeigt sich in der Krise die Abhängigkeit des Geschäfts von der IT. Der Anbieter ServiceNow möchte das Business noch viel mehr als heute mit IT unterstützen. Dieses Ziel zog schon viele Unternehmen in den Bann des US-Konzerns. Seit dem Herbst vergangenen Jahres auch den früheren CEO von SAP. Der Wechsel von Bill McDermott zu ServiceNow war vielleicht die spektakulärste Personalie 2019. Im Interview erklärt er seine Gründe und führt aus, warum ihn die Technologie so sehr fasziniert.
Computerworld: Wie gehen Sie und ServiceNow mit der aktuellen Situation um?
Bill McDermott: Durch die Corona-Krise ist eine besondere Situation entstanden. Hier in Kalifornien, wo ich wohne und wo wir unser Hauptquartier haben, gibt es die Politik des «stay at home». In den letzten anderthalb Monaten war niemand im Büro.
Wenn wir jetzt im Home Office in Amerika zuerst Europa, dann unsere eigenen Geschäfte und anschliessend den Asien-Pazifik-Raum abdecken, so haben wir sehr arbeitsreiche und lange Tage. Wie ich jetzt gelernt habe, ist das Arbeiten von zu Hause wahrscheinlich zumindest kurzzeitig produktiver als die Tätigkeit im Büro. Auch, weil wir die Flugreisen vermeiden können. Denn im Home Office kann man an einem Tag auf vier Kontinenten arbeiten.
CW: Können Sie kurz einen typischen Arbeitstag während der Krise beschreiben?
McDermott: Generell arbeitet das gesamte Unternehmen auf der «Now»-Plattform. Damit haben wir die richtigen Tools, ob es sich nun um Telefone oder um Arbeitsplätze oder Netzwerke handelt. Mit der «Now»-Plattform waren wir sofort in der Lage, sämtliche 11 200 Kollegen ins Home Office zu schicken. Das hat sehr gut geklappt, unsere Produktivität blieb wirklich bemerkenswert hoch.
CW: Führen Sie Gespräche ausschliesslich via Video oder treffen Sie jemanden von Angesicht zu Angesicht?
McDermott: Wir haben praktisch jeden Tag ein virtuelles Führungstreffen, an dem wir uns austauschen und sicherstellen, dass alles nach Plan läuft. Es handelt sich um eine Videokonferenz, genau wie dieses Interview mit Ihnen. Daneben haben wir aber auch schon virtuelle Meetings mit allen unseren Mitarbeitern veranstaltet – ebenfalls über die «Now»-Plattform. Dort sind ja bereits sämtliche Kollegen miteinander verbunden, sodass die Kommunikation sehr stringent funktioniert.
Weiter haben die Angestellten auf der Plattform auch virtuelle «Kaffee-Ecken» eingerichtet und pflegen ein eigenes soziales Netzwerk. Dort wird Spass gemacht, am Abend gespielt oder sich zum virtuellen Mittagstisch getroffen. Viele Kollegen posten auch Fotos ihrer Wohnung, Videos aus dem Alltag oder beschreiben lustige Begebenheiten. Das finde ich ziemlich spannend.
CW: Welche wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Geschäft erwarten Sie von der Krise?
McDermott: Die Aussichten für die digitale Transformation waren niemals besser. Wie Sie wissen, hat das Geschäft in den nächsten drei Jahren einen potenziellen Wert von 7,4 Billionen US-Dollar. Schon vor Covid19 war die Nachfrage gross. Durch die Krise wird der Wert der Digitalisierung noch offensichtlicher, sodass sich das Business nach Covid19 noch beschleunigen wird. Denn die Unternehmen müssen ihre Geschäftsprozesse digitalisieren, um in der globalen Wirtschaft konkurrenzfähig zu bleiben.
Dafür sind wir als Plattform der Plattformen mit einer «Out of the Box»-Integration für Hunderte verschiedener Systeme sowie Mobile- und Web-Optionen optimal positioniert. Schon heute sehen wir, dass Wertschöpfungsketten aufgebrochen und in Workflows transformiert werden. Wenn es heisst, dass Workflows zum Treiber der Wirtschaft des 21. Jahrhunderts werden, dann sind wir mit unserer Plattform krisensicher aufgestellt. Ich rechne damit, dass die Geschäfte weiterhin sehr gut laufen werden.