07.06.2013, 09:00 Uhr
IT-Portfolios beherrschen
Die wachsende Komplexität und Dynamik moderner IT-Landschaften macht deren effiziente Steuerung immer schwieriger. Eine Automatisierung des IT-Managements kann CIOs diese Aufgabe erleichtern.
Der Autor hat in Wirtschaftinformatik promoviert und mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Auftragsforschung sowie dem Projekteinsatz und der Produktstrategie von Enterprise Software. Dr. Christian Weichelt ist Director Marketing & Strategy bei der alfabet AG und verantwortet dort die Marktstrategie der Software-Lösung planningIT.
Die Automatisierung von Geschäftsprozessen, also die Durchführung von Betriebsabläufen durch Applikationen, ist eines der Hauptaufgabenfelder der IT – und eines mit grossen Optimierungspotenziale: von Kostensenkung über Risikoreduzierung bis zu Produktivitätssteigerungen. Es verwundert nicht, dass Unternehmen versuchen, möglichst viele Geschäftsprozesse durch Applikationen abzubilden und ihre Applikationslandschaften dadurch unaufhaltsam wachsen. Vor diesem Hintergrund stehen IT-Abteilungen – allen voran CIOs – vor der Herausforderung, den Wirkungsgrad von IT-Investitionen ständig zu verbessern. Angesichts der wachsenden Komplexität und Dynamik der zu verwaltenden Applikationslandschaften wird das aber zunehmend schwieriger. Zudem schränken externe Regulierungen den Handlungsrahmen ein und verschärfen die Konsequenzen bei Fehleinschätzungen, bis zur persönlichen Haftbarkeit des CIOs. Die steigenden Anforderungen führen dazu, dass IT-Abteilungen die Prozesse ihrer eigenen Wertschöpfungskette anpassen und verbessern müssen; letztendlich auch durch deren automatisierte Durchführung. Doch gerade bei der Planung und Pflege der immer komplexer werdenden Applikationslandschaft ist der Automatisierungsgrad häufig sehr gering und der Anteil händischer Analyse- und Planungsprozesse sehr hoch. Dabei kann Software-Unterstützung dazu beitragen, die Komplexität der Applikationslandschaft nicht nur zu verwalten beziehungsweise im Nachhinein zu bewältigen, sondern sie in Teilen sogar zu vermeiden, weil sich damit Wildwuchs, Redundanzen etc. von vornherein reduzieren lassen. Noch sind durchgängige IT-Wertschöpfungsketten aber die Ausnahme und deren Wahrnehmung ausserhalb der IT-Abteilung oftmals kritisch. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Informationssilos sind ineffektiv
Informationssilos sind ineffektiv
Laut einer Studie von Gartner attestieren nur 30 Prozent der befragten CFOs der IT-Abteilung, ihrer Aufgabe gerecht zu werden (vgl. Gartner FEI Technology Study, June 2011). Das zeigt, dass die Folgen mangelnder Prozessoptimierung meist weit über die IT-Abteilung hinaus zu spüren sind. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Zunächst ist in der IT entlang ihrer Wertschöpfungskette eine Vielzahl von Datensilos anzutreffen. Die jeweiligen Abteilungen beschäftigen sich mit der Verwaltung und Pflege der für sie relevanten Informationen, ohne diese untereinander zu verknüpfen: alle Anforderungen in (mindestens) einem Portfolio, alle Projekte in (mindestens) einem anderen und die Dokumentation der Applikationslandschaft in wieder (mindestens) einem anderen. Oftmals gibt es keine konsolidierte Sicht innerhalb eines Portfolios, sodass zum Beispiel jede Anforderung für sich behandelt wird. Eine durchgängige Betrachtung, zum Beispiel von der fachlichen Anforderung bis zur realisierten Applikation und ihrer Abhängigkeiten, ist damit erst recht nicht möglich. Grund dafür ist, dass die jeweiligen Abteilungen ganz unterschiedliche Bezugsgrössen nutzen: Capabilities und Prozesse hier, Projekte da und Anwendungen dort. Dieses Denken und Handeln in Silos führt aber dazu, dass das Zusammenspiel zwischen den Abteilungen wenig koordiniert erfolgt und zur losen Informationsübergabe verkommt. Vor der Einführung von ERP-Systemen mögen Produktionsprozesse in der Industrie ähnlich ausgesehen haben: Die Produktentwicklung ignoriert Verpackungskosten, die Produktionsplanung kennt den Lagerbestand nicht und die Lagerverwaltung arbeitet unabhängig von den Absatzzielen. Die entstandenen Reibungsverluste führen zu höheren Produktionskosten und geringerer Produktqualität. Ähnlich sind die Auswirkungen im IT-Management. Laut einer Studie von Nucleus Research müssen sich IT-Entscheidungsträger im Durchschnitt auf Informationen über ihre Applikationslandschaft verlassen, die 14 Monate alt sind und nur in der Hälfte der Fälle korrekt (vgl. The Risks of Inaccurate Data on IT Applications, Nucleus Research, April 2011). Fragt man Finanz-entscheider, ob sie die geschäftlichen und sicherheitsrelevanten Auswirkungen von Kürzungen des IT-Budgets überblicken, so sagen 60 Prozent nein (vgl. Studie von IDG Business Research Service im Auftrag von alfabet, September 2011). Betrachtet man die Applikationslandschaften, so sind durchschnittlich fast 20 Prozent der Anwendungen redundant (vgl. Application Landscape Report 2011, Cap Gemini, 2011). Mindestens ebenso schwer wiegt, dass durch die Informations- und Prozessbrüche im IT-Management der Rückbezug der Applikationen auf die Geschäftsziele nicht möglich ist und dadurch der Wertbeitrag der IT-Investitionen kaum gemessen werden kann. Zudem führt die isolierte Betrachtung dazu, dass gerade IT-Projekte nur hinsichtlich ihrer Kosten und Zeit beurteilt werden, nicht aber nach dem Nutzen für den Geschäftserfolg. Hier offenbart sich ein grosses Optimierungspotenzial für eine ganzheitliche Gestaltung und Software-Unterstützung der IT-Wertschöpfungskette. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Automatisierung der Prozesse
Automatisierung der Prozesse
Jedes IT-Portfolio besteht wiederum aus verschiedenen, komplexen und wechselseitig abhängigen Teilen. Unabhängig davon, ob diese Wechselwirkungen bei der Analyse und Gestaltung der Applikationslandschaft beachtet werden, so treten sie doch auf. Ungewollt können dadurch Technologieentscheidungen langjährige Projekte gefährden, Anforderungsänderungen Projektkosten in die Höhe treiben und das Abschalten von Applikationen kritische Geschäftsprozesse betreffen. Um das Optimierungspotenzial umsetzen zu können, wird eine «Hilfsregelstrecke» benötigt, die alle relevanten Bestandteile und Beziehungen als integriertes IT-Portfolio abbildet. Integriert heisst, dass das Applikationsportfolio nicht nur mit dem Technologieportfolio, sondern auch mit dem Anforderungsportfolio, dem Projektportfolio und dem Risikoportfolio verknüpft sein muss. Nur so können Änderungen in einem Portfolio in den jeweils anderen nachvollzogen werden. Ähnlich wie bei einem Zauberwürfel, bei dem sich das Verdrehen der einen Seite auf die anderen Seiten auswirkt. Auf dieser Hilfsregelstrecke, dem integrierten IT-Portfolio, lassen sich nun die Management- und Planungsprozesse abbilden. Um sie automatisieren zu können, müssen diese durch Workflows modelliert und ausgeführt werden. Dank der ganzheitlichen Betrachtung können Prozesse durchgängig gestaltet sein, ohne an den Grenzen von Informationssilos unterbrochen zu werden. Alle Beteiligten erhalten eine spezifische Sicht auf ihre Informationen und Aufgaben, werden aber durch die Prozesse und Wechselbeziehungen der Portfolios miteinander verbunden.
Vorbild ERP-Systeme
Die Einführung von ERP-Systemen erlaubt es, vormals getrennt voneinander operierende Teams entsprechend ihres realen Zusammenwirkens zu verbinden. Lagerbestellungen werden bereits anhand des Produktionsplans ausgelöst, die Kosten der Produktion lassen sich schon während der Produktentwicklung genau kalkulieren. Ähnlich ist der Nutzen eines integrierten IT-Portfolios und automatisierter Managementprozesse: Die Auswirkungen von Technologieentscheidungen auf laufende und geplante Projekte werden sofort sichtbar, fachlich redundante Applikationen können identifiziert und ihre Abschaltung unmittelbar geplant werden. Compliance-Verletzungen oder Sicherheitslücken lassen sich während der Planung im Kontext der gesamten Applikationslandschaft erkennen und vermeiden. Entscheidungsprozesse werden erleichtert und beschleunigt. Durch die Abbildung der Prozesse in einem Anwendungssystem werden diese nachhaltig implementiert. Hinzu kommt, dass durch die durchgängige Abbildung der unterschiedlichen Konzepte – von der Anforderung über das Projekt bis zur Applikation – der Rückbezug zur fachlichen Ebene und letztlich zu den Geschäftszielen sichergestellt wird. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Integriertes IT-Portfolio
Integriertes IT-Portfolio
Angesichts der wachsenden Anforderungen von Fachseite und der zunehmenden Komplexität der zu gestaltenden Applikationslandschaften wird die Software-Unterstützung der IT-Managementprozesse immer wichtiger. Die Managementaufgabe bezieht sich auf das integrierte IT-Portfolio und die Wechselbeziehungen seiner Bestandteile. Daher müssen Anwendungssysteme zur Unterstützung dieser Managementaufgabe das integrierte IT-Portfolio abbilden können, um Informationssilos und damit Brüche im Prozessablauf zu vermeiden. Unterstützt das Anwendungssystem die Automatisierung von Prozessdurchführungen, zum Beispiel durch Workflows, so können die Managementprozesse auf das integrierte IT-Portfolio abgebildet werden.
Durch die durchgängige Beschreibung der Prozesse und ihre Abbildung auf eine einheit-liche Informationsbasis können IT-Investitionsentscheidungen beschleunigt und ihr Wirkungsgrad deutlich erhöht werden.
Durch die durchgängige Beschreibung der Prozesse und ihre Abbildung auf eine einheit-liche Informationsbasis können IT-Investitionsentscheidungen beschleunigt und ihr Wirkungsgrad deutlich erhöht werden.