Wie Intelligent Automation Prozesse effizient macht
Andreas Lüth von ISG im Interview
Andreas Lüth, Partner und Head of Robotic Process and Cognitive Automation DACH beim Analystenhaus ISG Information Services Group, erklärt im Gespräch mit com! professional, warum Intelligent Automation mehr ist als nur eine Weiterentwicklung von RPA.
Computerworld: Herr Lüth, was unterscheidet intelligente Automatisierung von Robotic Process Automation (RPA)?
Andreas Lüth: RPA automatisiert Prozesse, indem Daten über verschiedene Applikationen hinweg kopiert und wieder eingefügt werden. Von intelligenter Automatisierung kann man sprechen, wenn zusätzliche Technologien hinzukommen, um beispielsweise unstrukturierte Daten in strukturierte zu überführen. Beim Cognitive Reasoning, einem weiteren Aspekt der intelligenten Automatisierung, treffen Algorithmen Entscheidungen oder bereiten sie zumindest vor.
CW: Warum genügt RPA nicht, wenn Unternehmen Prozesse automatisieren wollen?
Lüth: Viele Anwender mussten erkennen, dass sie nach anfänglichen Erfolgen mit RPA kaum weitere Einsparungen erzielen, die etwa Prozesse signifikant beschleunigen konnten. Robotic Process Automation lässt sich ausserdem nur sehr begrenzt skalieren und auf weitere Prozesse ausweiten.
CW: Welche konkreten Vorteile bietet Intelligent Automation im Vergleich zu RPA?
Lüth: Intelligent Automation erlaubt es, die Automatisierung auszudehnen, sie holistischer zu machen und damit grössere Bereiche eines Geschäftsprozesses abzudecken, als dies mit reiner RPA der Fall ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verbindung verschiedener Technologien, manche Hersteller nennen dies auch Connected oder Cognitive RPA. Die Intelligent-Automation-Plattform wird zu einer der zentralen Drehscheiben nicht nur für die Automatisierung, sondern auch für die Digitalisierung an sich und kann mit Block-Chain-Anwendungen oder Big Data interagieren.
CW: Wie weit ist die intelligente Automatisierung im deutschen Mittelstand verbreitet?
Lüth: Die meisten sind hier erst vor zwei bis drei Jahren gestartet, einige steigen auch erst jetzt mit klassischem RPA ein. Aber auch sie werden schnell bei dem Thema Intelligent Automation und dem Plattformansatz landen.
CW: Wie können Unternehmen den Return-on-Invest (ROI) einer Intelligent-Automation-Plattform berechnen?
Lüth: Wir empfehlen immer eine systematische Herangehensweise über ein Assessment, bei dem man alle Aspekte eines Bereichs betrachtet und für jeden Prozess definiert, inwieweit er sich für eine Automatisierung eignet, welche Einsparungen damit verbunden wären und welche Automatisierungstechnologien dafür nötig sind.
CW: Wo sehen Sie die grössten Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines Automatisierungsprojekts?
Lüth: Nach der Pilotphase muss man sich zwingend Gedanken über eine langfristige Automatisierungsstrategie machen. Wenn man sich nicht im Klaren darüber ist, was mit der Automatisierung erreicht werden soll, welche Regeln gelten, welche Rollen und Verantwortlichkeiten es im Team gibt, dann ist nachhaltiger Erfolg sehr unwahrscheinlich. Ich kenne Kunden, die das nicht getan haben und die in der Folge auch Jahre nach der Einführung von RPA nur sehr wenige Prozesse automatisieren und nur sehr geringe Effizienzgewinne erzielen konnten.
CW: Worauf sollten Unternehmen bei der Auswahl einer Intelligent-Automation-Plattform achten?
Lüth: Die Kriterien für die Anbieterwahl ergeben sich aus der Automatisierungsstrategie eines Unternehmens. Ein aktueller Trend ist es beispielsweise, die Endanwender in den Fachabteilungen stärker über sogenannte Unattended Front End Automation in die Bot-Entwicklung mit einzubeziehen. Dafür muss die Software möglichst einfach zu bedienen sein und Module für die Automatisierung bereitstellen, etwa eine Art Makro-Rekorder zur Aufzeichnung der Prozessschritte. Ausserdem sollte man bei der Wahl des Herstellers darauf achten, welche Branchenerfahrung er mitbringt und ob er für den jeweiligen primären Anwendungsfall vorgefertigte Module und Komponenten anbietet, die eine Integration erleichtern und beschleunigen.