03.08.2015, 10:50 Uhr

Abacus gegen VRSG. Oder wenn sich zwei freuen, es aber nur einen Sieger geben wird

Der Streit zwischen Abacus und den St. Galler Gemeinden ist um eine Anektdote reicher: Das Verwaltungsgericht hebt eine superprovisorische Verfügung auf - darüber freuen sich Kläger und Angeklagte.
Das St. Galler Verwaltungsgericht berät derzeit, ob Abacus bei öffentlichen Vergaben von verschiedenen Gemeinden nachteilig behandelt wurde. Der Business-Software-Hersteller wirft den Gemeinden St. Gallen, Rapperswil-Jona, Wil und Wittenbach vor, die Ausschreibungspflicht umgangen und Software-Aufträge direkt an das Verwaltungsrechenzentrum St. Gallen (VRSG) vergeben zu haben. Das ist brisant, weil die 4 Gemeinden gemeinsam mit 70 anderen Gemeinde- und Stadtverwaltungen zu den Aktionären der VRSG gehören. Sie alle arbeiten mit VRSG zusammen, von den insgesamt 77 St. Galler Gemeinden kann Abacus nur eine zu ihren Kundinnen zählen. Vor zwei Wochen ordnete das Verwaltungsgericht per superprovisorischer Verfgung an, dass die obengenannten vier Gemeinden vorläufig keine Software-Verträge mehr abschliessen dürfen. Am Donnerstag hob das Gericht die superprovisorische Verfügung auf, verpflichtete aber gleichzeitig die vier Gemeinden, künftig Vergabeverfahren durchzuführen und Zuschläge für Softwareaufträge zu veröffentlichen ? im kantonalen Amtsblatt und auf der Internetseite simap.ch. Bis zu einem definitiven Entscheid ist es den Gemeinden zudem weiter untersagt, neue Softwareverträge abzuschliessen.

Freude auf beiden Seiten

Die Gemeinden nehmen den Entscheid «mit Genugtuung» zur Kenntnis. Sie gehen davon aus, dass «der eingeschlagene Weg für die Beschaffung zur Umsetzung des neuen Rechnungsmodells der St.Galler Gemeinden» damit als zulässig erachtet werden kann. Der Entscheid bestätige auch, dass die Gemeinden das Beschaffungsrecht nicht umgangen hätten. Ein weiteres Vorgehen werde geprüft, könne aufgrund des laufenden Verfahrens aber nicht spezifiziert werden. Wenn die Gemeinden zufrieden sind, dürfte das beim Gegner nicht der Fall sein. Müsste man meinen. Doch auch Abacus zeigt sich erfreut: «Mit der Verfügung vom 30. Juli schützt das Verwaltungsgericht St. Gallen das Gesuch von ABACUS Research, ihren Beschaffungsbeschwerden aufschiebende Wirkung zu erteilen», heisst es in einer Mitteilung. Dem Tagblatt sagte Abacus-CEO Claudio Hintermann, dass der neuste Entscheid ganz im Sinne seines Unternehmens sei: «Wir mussten befürchten, dass die Gemeinden weiter ohne Publikation und somit ohne Einsprachemöglichkeit Aufträge an die Verwaltungsrechenzentrum AG St.Gallen vergeben werden ? und auch können. Doch das sollte nun nicht mehr möglich sein». Welche Partei sich zurecht freut, soll der Leser entscheiden. Die Involvierten wissen es offenbar nicht.



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