Steuerverschwendung
13.07.2015, 15:12 Uhr
Abacus klagt gegen St. Galler Gemeinden
St. Galler Gemeinden kaufen ohne Ausschreibung Software zu überteuerten Preisen ein, kritisiert das Softwarehaus Abacus. Dadurch würden Steuergelder verschwendet und der freie Wettbewerb ausgehebelt. Eine Beschwerde erging heute an das St. Galler Verwaltungsgericht.
Das Softwarehaus Abacus wirft St. Galler Gemeinden vor, ohne Ausschreibung überteuerte Software eingekauft zu haben. Die Programme stammten teilweise von ausländischen Herstellern, und die Preise für diese Leistungen seien massiv überhöht. Ein Vergleich zeige: Die St. Galler Gemeinden kauften Produkte ein, die zwei- bis dreimal teurer sind als andere auf dem Markt verfügbare Lösungen, schreibt Abacus in einer Pressemitteilung. Abacus hat deshalb beim St. Galler Verwaltungsgericht eine Beschwerde gegen St. Gallen, Rapperswil-Jona, Wil und Wittenbach eingereicht. Sie gehören zu den 74 St. Galler Gemeinde- und Stadtverwaltungen, die ihre Software-Lösungen vom Verwaltungsrechenzentrum St. Gallen (VRSG) beziehen. Gleichzeitig gehören die vier Gemeinden aber auch zu denAktionren des VRSG: St. Gallen hält 1100 Aktien (zu je 1000 Franken), Wil hat 180, Rapperswil-Jona 175. Sie haben daher - das ist nicht weit hergeholt - ein natürliches Interesse am prosperierenden Wohlergehen des VRSG.
Verquickung von Interessen
Diese Verquickung von Interessen könnte die Entscheidung für oder gegen eine Software-Lösung beeinflussen. "Wir würden gerne unsere Gemeinde-Lösung anbieten, aber wir bekommen keine Gelegenheit dazu", berichtet Abacus-Manager Martin Riedener. In den Ausschreibungen der Gemeinden würden Kriterien definiert, die nur die VRSG erfüllen können. So erhalte das Verwaltungsrechenzentrum wie selbstverständlich den Zuschlag. Riedener sieht durch das VRSG und seine Aktionäre, die gleichzeitig die Kunden sind, den freien Wettbewerb gefährdet. Oft werden Software-Aufträge auch ohne Ausschreibung direkt an das VRSG vergeben, kritisiert Abacus in einer aktuellen Pressemitteilung. Bereits vor einem Jahr hatte die Weko auf Anzeige von Abacus den Fall VRSG untersucht. Sie kam damals zu dem Ergebnis: Das VRSG sei keine Vergabestelle und unterstehe bei ihren Beschaffungen nicht dem öffentlichen Vergaberecht. Die Auswahl von Lieferanten und Partnern liege vollumfänglich in der unternehmerischen Freiheit der VRSG. Allerdings unterliegen die Kunden der VRSG - also die Städte und Gemeinden, die gleichzeitig Aktionäre sind - beim Abschluss neuer Verträge über IT-Dienstleistungen dem Vergaberecht.
"Jetzt bleibt nur der Gang vor Gericht"
Abacus habe daraufhin die Gemeinden angeschrieben, teilte das Unternehmen am heutigen Montag mit. Da mit einer Ausnahme keine der Gemeinden reagiert habe, bleibe jetzt nur der Gang vor Gericht. Abacus bedaure, dass diese rechtlichen Schritte notwendig wurden, um einen angemessenen Wettbewerb für alle IT-Unternehmen zu ermöglichen, so der Wortlaut der Pressemitteilung.