IT-Projekte im Bildungssektor 30.05.2022, 05:45 Uhr

Mehr digital lehren, forschen und lernen

Der Schweizer Bildungssektor machte im zweiten Pandemiejahr weitere Schritte in Richtung digitale Zukunft. Das Stichwort lautet Vernetzung: Während die Politik rechtliche Grundlagen schafft, innovieren öffentliche und private Akteure gemeinsam.
In der Bildung sollen analoges und digitales Lernen noch besser Hand in Hand gehen
(Quelle: Shutterstock/fizkes)
Kaum ein Land ist so wettbewerbsfähig wie die Schweiz. Das dürfte sie zu einem wesentlichen Teil ihrem Bildungs- und Forschungssektor verdanken. Schon 2010 konstatierte der Bundesrat in seiner BFI-Strategie, dass es massgeblich von der Leistungskraft und Anpassungsfähigkeit ihrer Wissensgesellschaft abhängen werde, wie gut und wie schnell sie sich globalen Herausforderungen und wirtschaftlichen Veränderungen werde anpassen können. Seither ist noch deutlicher geworden, dass dafür weiter digitalisiert werden muss – möglichst rasch, aber auch möglichst durchdacht.

Bewegung bei Volksschulen und Gymnasien

Um insbesondere Letzteres zu erreichen, braucht es Evaluation. Eine solche hat die Fachagentur Educa im Auftrag der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) sowie des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) im August 2021 veröffentlicht. Der umfassende Bericht zeigt unter anderem, dass die Schweiz in Sachen digitaler Schulkultur leicht hinter den übrigen OECD-Ländern liegt. Während die Ausstattung der Schulen mit Endgeräten jährlich wächst, wachsen auch die Unterschiede zwischen den Schulen. Schulleitende bewerten die digitalen Fähigkeiten der Lehrpersonen tendenziell als gut – andererseits fehlten noch vor vier Jahren den Lehrpersonen an etwa einem Drittel der Schulen der Sekundarstufe I die Kompetenzen, um im Unterricht digitale Geräte zu nutzen. Die Autoren geben zu bedenken, dass es generell noch an Daten mangelt und dass darum etwa Aussagen zur Wirksamkeit digitaler Lernressourcen in der Schweiz nur bedingt möglich sind.
Um diese Baustellen anzugehen, sind Vernetzung und Koordination zentral. Die Kantone – die im Schweizer Bildungssystem die Hauptrolle spielen – koordinieren sich im Rahmen der EDK. Diese hat Ende Januar letzten Jahres ein Mandat für ein Netzwerk von kantonalen Beauftragten für Digitalisierung in der Bildung verabschiedet. Dieses «Netzwerk Digitalisierung» ist mittlerweile konstituiert und definiert nun seine wichtigsten Handlungsfelder, wie Marius Beerli, Digitalisierungsbeauftragter der EDK, gegenüber Computerworld sagt. Mit am wichtigsten dürfte das Themenfeld Datennutzung und Datensicherheit sein, welches letztes Jahr mit Grossprojekten an Fahrt aufnahm. So stimmten die EDK und das SBFI im letzten Juni dem Aufbau einer Fachstelle und eines Programms zu: Bis 2025 wird eine Datennutzungspolitik mit Leitplanken für einen sicheren und ethisch angemessenen Umgang mit Daten im Bildungswesen angepeilt. Hierbei arbeiten EDK und SBFI eng mit ihrer Fachagentur Educa zusammen.

Edulog bietet vereinfachten Zugang zu schulischen Online-Diensten

Das laut Marius Beerli gegenwärtig wohl wichtigste Digitalisierungsprojekt im Bildungsbereich hat viel mit Datensicherheit zu tun: Edulog vereinfacht für Schülerinnen, Lernende und Mitarbeitende gleichermassen den Zugang zu Online-Diensten in Schule und Unterricht mit einem einheitlichen Login und schützt gleichzeitig die digitalen Identitäten. Es ist das Pendant zu ähnlichen Systemen auf Hochschulstufe, insbesondere SWITCHaai, und wird derzeit von EDK und Educa schweizweit eingeführt. «Die aktuelle Diskussion rund um Digital Trust zeigt, dass es zentral ist, ein gutes System zum Schutz der Daten von Schülerinnen und Schülern zu entwickeln», sagte Marius Beerli im aktuellen Newsletter der EDK.
Edulog verbindet mittlerweile elf Identitätsanbieter aus neun Kantonen mit Dienstleistungsanbietern. Die Informationen bleiben bei den Identitätsanbietern und werden von Edulog nicht gespeichert. Die Nutzenden behalten durch das mobile System ihr Login auch nach einem Schulwechsel. Das Ausrollen, wobei die beim Login-Vorgang bearbeiteten Daten genau geprüft werden, gestalte sich lehrreich, so Beerli im selben Interview: «Es entsteht ein enger Austausch mit den Tech-Firmen, welche die Programme entwickeln. Insgesamt kann durch diese ausgebauten Prüfprozesse das Vertrauen in die Digitalisierung im Bildungswesen gestärkt werden.»
Bewegung gibt es aber nicht nur bei digitalen Lernformen, sondern auch beim Inhalt der Lehrpläne. Anschaulich ist das Projekt «Gymnasium 2022», das der Zürcher Regierungsrat im letzten Herbst genehmigte (Computerworld berichtete). Es verankert ab dem Schuljahr 2023/24 das Fach Informatik bereits in der Unterstufe der Gymnasien. Am Obergymnasium, wo die EDK es neu vorschreibt, wird es in Zürich auf mindestens acht Semesterlektionen ausgebaut.



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