Kolumne Recht & IT
04.05.2020, 09:01 Uhr
Formvorschriften in Zeiten von Corona
In der Corona-Pandemie sind Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, Verträge und interne Dokumente unterzeichnen zu müssen, obwohl die zeichnungsberechtigten Personen vom Home Office aus arbeiten. Daher stellt sich die Frage nach Alternativen.
Der Autor: Roland Mathys ist Co-Leiter der Rechtskommission von swissICT. Der Rechtsanwalt und Wirtschaftsinformatiker leitet als Partner das Technologie- und Datenrechtsteam von Schellenberg Wittmer Rechtsanwälte in Zürich. Die Rechtskommission von swissICT berichtet in der Kolumne «Recht & IT» über aktuelle juristische Themen im digitalen Bereich. www.swissict.ch
(Quelle: swissICT)
Die Schriftform, die eine eigenhändige Unterschrift erfordert, ist für den Abschluss von Verträgen und die Unterzeichnung von Dokumenten nur dann notwendig, wenn dies durch eine gesetzliche Bestimmung oder eine vertragliche Regelung vorgeschrieben ist.
Gesetzliche Normen, die eine eigenhändige Unterschrift verlangen, finden sich vor allem im Konsumentenverkehr (B2C) wie etwa im Mietrecht. Auch Immobilientransaktionen und gewisse gesellschaftsrechtliche Vorgänge verlangen mindestens die Schriftform. Arbeitsverträge und HR-bezogene Dokumente sind demgegenüber grundsätzlich nicht formbedürftig ausser beim Lehrarbeitsverhältnis. Auch sonstige Verträge im kaufmännischen Verkehr (B2B) und geschäftliche Dokumente, wie beispielsweise Bestellungen, Auftragsbestätigungen oder Rechnungen, benötigen im Allgemeinen keine Unterschrift.
Die Parteien können den gültigen Abschluss eines Vertrags durch entsprechende Abrede von der Wahrung von Formvorschriften abhängig machen. Wenn die Parteien die Schriftform ohne weitere Präzisierung wählen – zum Beispiel ohne Hinweis, dass E-Mail dem Schriftformerfordernis genügt –, so gelten für die Erfüllung dieses Erfordernisses die gesetzlichen Schriftformvorschriften.
Alternativen zur Handschriftlichkeit
In denjenigen Fällen, wo eine eigenhändige Unterschrift gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist, kann an deren Stelle eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) treten. Diese ist der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt, wenn sie auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten im Sinne der Gesetzgebung über die elektronische Signatur beruht.
Es sind nur Zertifikate in der Schweiz anerkannter Anbieter von Zertifizierungsdiensten für die QES zulässig. Mit der kürzlichen Änderung der Verordnung über die elektronische Signatur hat der Bundesrat die Voraussetzungen zum Erhalt einer QES zeitlich befristet gesenkt, indem er auch Videoidentifikationen bei der Ausstellung von Zertifikaten zulässt. In der Corona-Ausnahmesituation dürfte es zudem zulässig sein, wenn Parteien Dokumente handschriftlich unterzeichnen, einscannen und die eingescannten Dokumente elektronisch zum Beispiel per E-Mail austauschen.
“Es sind nur Zertifikate in der Schweiz anerkannter Anbieter für die QES zulässig„
Roland Mathys
Was gilt sonst?
In Fällen, wo keine eigenhändige Unterschrift verlangt wird, können Verträge mündlich, durch übereinstimmendes Handeln oder durch jede andere Form der Willensäusserung der Parteien abgeschlossen werden. Aus Beweisgründen empfiehlt sich eine dokumentierte Form. Möglich ist etwa der Einsatz einer einfachen elektronischen Signatur durch Einfügen einer eingescannten Unterschrift in ein Dokument.
Fazit
Die Schriftform im Sinne der eigenhändigen Unterschrift ist nur vereinzelt gesetzlich vorgeschrieben, kann aber auch vertraglich vorbehalten sein. In solchen Fällen erfüllt neben der Handschriftlichkeit grundsätzlich nur die qualifizierte elektronische Signatur die Formerfordernisse.
Ansonsten gelten keine besonderen Formvorgaben. Verträge und Dokumente können auch auf anderen Wegen gültig abgeschlossen werden, etwa durch den Austausch von Nachrichten via E-Mail. Dies stellt in der gegenwärtigen Situation von «Social Distancing» und Home Office eine willkommene Erleichterung und Vereinfachung der Geschäftsabläufe dar.