Analyse 01.06.2021, 13:15 Uhr

Wie Banken mit steigenden IT-Kosten umgehen

Angetrieben von der Digitalisierung steigerten Banken ihre IT-Ausgaben in den letzten Jahren markant. Fintechs setzen diesbezüglich nun einen neuen Benchmark – und könnten den Druck auf die IT-Kosten der traditionellen Banken deutlich erhöhen.
(Quelle: Claudio Schwarz / Unsplash)
Die Margen der Banken sind in jüngster Zeit immer stärker unter Druck geraten. Ungeachtet davon stiegen die IT-Ausgaben der Finanzinstitute in den vergangenen Jahren zunehmend. Ab 2015 begannen einzelne Banken damit, ihre Budgets aufzustocken. Angetrieben von der Digitalisierung richteten sich inzwischen offenbar die meisten von ihnen auf steigende IT-Kosten ein. Das zeigt auch eine vom Beratungshaus Itopia durchgeführte Erhebung bei insgesamt 29 Schweizer Finanzhäusern. So steigerten die 21 befragten Retailbanken über den Zeitraum von 2015 bis 2019 ihre Informatik-Ausgaben um 20 Prozent, bei den acht Privatbanken stiegen diese um 17 Prozent.
Felix Buschor, Dozent am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern, analysierte die Entwicklung in einem Blog-Beitrag. Ihm zufolge fliessen die zusätzlichen Mittel in die Digitalisierung des Geschäfts – sei es die Digitalisierung der Kundenschnittstelle oder auch die Automatisierung von Prozessen. Den IT-Chefs würden allerdings nicht die steigenden Kosten schlaflose Nächte bereiten, sondern die Beschaffung des Know-Hows und der Kompetenzen, um den Geldsegen in sinnvolle digitale Lösungen umzuwandeln. «Denn als Verantwortliche für die Informatik möchten sie ihre Bank an der Spitze des technologischen Wandels mit dabei wissen», schreibt Buschor. Talente seien jedoch rar, immer kürzere Technologiezyklen erforderten immer schneller neue Kompetenzen und der Ruf nach IT-Leistungen werde unvermindert laut. Für den Dozent ist deshalb klar, dass Innovation bei Banken immer auch mit Investitionen in die Informatik verbunden ist.

Überlebensnotwendige Ausgaben

Buschor sieht zwei strategische Überlegungen hinter den steigenden IT-Kosten. Einerseits könnten diese quasi als «Cost-of-Doing-Business» gesehen werden, da es keine wirkliche Alternative dazu gebe. Die Ausgaben seien überlebensnotwendig, um mit der Konkurrenz mithalten und die Bedürfnisse der Kundschaft erfüllen zu können. Andererseits bietet die Digitalisierung gemäss dem Experten Chancen, sich mit smarten Produkten und Dienstleistungen Wettbewerbsvorteile zu erkämpfen. Er zeigt sich denn auch überzeugt, dass beide Argumente in bankinterne Diskussionen über die Digitalisierungs-Roadmap einfliessen dürften.
Allerdings gibt der IFZ-Dozent zu bedenken, dass bei Weitem nicht alle Aufwendungen für die Informatik automatisch auch mit Innovationen verknüpft sind. So könnten die IT-Kosten nur so lange steigen, wie dies die Ertragslage der Banken erlaube. Dies setzt laut Buschor nicht zuletzt voraus, dass die Investitionen ihre erhoffte Wirkung entfalten.

Neue Player erhöhen den Druck

Neobanken wie Yapeal oder Neon, vermutet der Finanzexperte, könnten nun den Druck auf die Informatik-Kosten der traditionellen Banken «markant erhöhen». Denn sie seien mit einer deutlich tieferen IT-Kostenbasis unterwegs. Während sich die traditionellen Finanzhäuser um ihre alten Legacy-Systeme kümmern müssen, können die Start-ups quasi «auf der grünen Wiese» starten. So werde ein neuer Benchmark bezüglich IT-Kosten gesetzt, «und zwar unabhängig vom Erfolg der Neobanken», zeigt sich Buschor überzeugt.
Obwohl die Investitionen für die Banken momentan unumgänglich sind, rechnet er auch wieder mit Zeiten, in denen der Erfolg einer Bank in hohem Mass von ihrem IT-Kostenblock abhängen wird. Bereits in der zweiten Hälfte der 0er-Jahre bauten viele Retail- und später auch Privatbanken ihre IT-Landschaft komplett um – vor allem, um die IT-Kosten zu senken. Anschliessend folgte auch da eine Phase der Stabilisierung, ohne grosse Veränderungen bei den Informatik-Ausgaben. «Die entscheidende Herausforderung für die IT-Verantwortlichen besteht deshalb darin, die Digitalisierung voranzutreiben und dabei die IT-Kosten unter Kontrolle zu halten», lautet das Fazit des IFZ-Dozenten.



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