Selbstfahrende Autos lösen das Verkehrsproblem nicht
Optimum bei 3000 automatisierten Taxis
In einem ersten Szenario wurde das bestehende Verkehrssystem mit einer Flotte an selbstfahrenden Taxis ergänzt. In der Simulation mit rund 150’000 Agenten, was zehn Prozent der Zürcher Verkehrsteilnehmenden entspricht, erreichte der «automatisierte ÖV» mit selbstfahrenden Bussen, Bahnen und Taxis einen Anteil von über 60 Prozent am Gesamtverkehr. Gleichzeitig sank der motorisierte Individualverkehr von 44 auf 29 Prozent. Axhausens Team experimentierte dabei mit unterschiedlichen Flottengrössen. «Wenn die Flotte zu klein ist, wird der Service für die Nutzer unattraktiv», erklärt Axhausen. «Wenn sie zu gross ist, wird der Service zu teuer und verliert ebenfalls an Attraktivität.» Der Idealzustand hinsichtlich Nachfrage und Preis lag bei einer Flotte von rund 3000 automatisierten Taxis. Dadurch ergibt sich pro gefahrenen Kilometer ein Preis von 56 Rappen. Das entspricht etwa den heutigen Kilometerkosten bei einem herkömmlichen Privatfahrzeug. Der Preis ist jedoch deutlich niedriger als die 2.73 Franken pro Kilometer für ein herkömmliches Taxi.
In einem zweiten Szenario erhielten die Befragten die Möglichkeit, selbst ein automatisiertes Fahrzeug zu kaufen – anstelle dieses mit anderen zu teilen. Während im ersten Szenario ein substantieller Rückgang der Anzahl Personenwagen pro Haushalt resultierte, entsprach die Anzahl an Personenwagen im zweiten Szenario in etwa dem heutigen Stand. «Die Kombination von hoher Flexibilität und der Möglichkeit, die Zeit im Fahrzeug sinnvoll zu nutzen, macht diese Mobilitätsform sehr attraktiv – insbesondere, wenn alle Familienmitglieder das Fahrzeug nutzen können», sagt Axhausen. Das fahrerlose Privatauto erscheint in der Simulation sogar als dermassen attraktiv, dass es zu einer Mehrbelastung der Strassen kommt. Bis 250'000 zusätzliche Kilometer pro Tag legten Axhausens virtuelle Agenten in automatisierten Individualfahrzeugen zurück. Die Autoren legen den Behörden deshalb nahe, die Einführung selbstfahrender Autos regulatorisch zu begleiten.
Konkurrenz und Chance für ÖV
Die Einführung selbstfahrender Taxis hat auch weitreichende Folgen für den städtischen ÖV. Einerseits könnte dieser von der Automatisierung profitieren, indem zum Beispiel Busse automatisiert werden. Die Kosten für Busfahrten würden laut Studie um die Hälfte gesenkt. Selbst bei stark sinkenden Kosten für geteilte Taxifahrten, blieben Busse attraktiv. Andererseits zeigt das zweite Szenario, dass die hohe Attraktivität von individuellen automatisierten Fahrzeugen auch bisherige ÖV-Nutzende zum Umsteigen motiviert.
Für Axhausen drängt sich aufgrund der aktuellen Ergebnisse eine Neueinschätzung des automatisierten Stadtverkehrs auf: «Die automatisierten Taxiflotten werden alleine aus Kostengründen erst einmal relativ klein bleiben», sagt er. «Und die Annahme, dass der Individualverkehr aufgrund von geteilten, automatisierten Fahrzeugen verschwinden wird, ist falsch.» Axhausen bezweifelt deshalb auch, dass der urbane Verkehr künftig einzig durch einzelne Ridesharing-Unternehmen bedient wird. Dies im Gegensatz zu Uber oder Lyft, die gestützt auf ältere Simulationen, gerne ein baldiges Monopol durch ihre Dienste prognostizieren.
Hinweis: Dieser Artikel ist zunächst bei «ETH-News» erschienen und wurde von Samuel Schlaefli verfasst.