Unfaire Entscheidungen durch künstliche Intelligenz
Kann uns das Gesetz helfen?
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schreibt in der EU vor, dass einer betroffenen Person bei einer rein automatisierten Entscheidung, die sie erheblich beeinträchtigt oder die für sie rechtliche Auswirkungen hat, das Recht zusteht, den eigenen Standpunkt darzulegen und den Entscheid anzufechten (Art. 22 DSGVO). Eine vergleichbare Regelung sieht in der Schweiz künftig Art. 21 im Datenschutzgesetz (DSG) vor, sobald das neue Gesetz in Kraft tritt.
Zuerst einmal muss die betroffene Person darauf hingewiesen werden, wenn ein Entscheid ausschliesslich auf automatisierter Grundlage beruht. Allerdings nur dann, wenn die betroffene Person durch den Entscheid erheblich beeinträchtigt wird oder er rechtliche Auswirkungen hat. Danach kann die betroffene Person ebenfalls beantragen, ihren Standpunkt zum automatisierten Entscheid darzulegen, und eine Überprüfung durch einen Menschen verlangen.
“Wenn es um künstliche Intelligenz geht, sollten wir uns als Gesellschaft – gerade über die Politik – an der Diskussion zu Ethik und KI beteiligen„
Matthias Ebneter
Was können wir sonst noch tun?
Als Gesellschaft haben wir wenig Einfluss darauf, welche Daten für Machine Learning verwendet und welche Trainingsmethode angewendet wird. Auch können wir die Verbreitung und den Einsatz von KI wohl kaum noch stoppen. Mit anderen Worten: Wir müssen mehr oder weniger mit dem Ergebnis leben und uns nachträglich mit gesetzlichen Mitteln gegen Fehlentscheide und Fehlurteile durch KI wehren. Wichtig scheint mir aber ausserdem, dass wir uns als Gesellschaft – gerade auch über die Politik – an der Diskussion zu Ethik und KI beteiligen. Das gilt vor allem auch im Hinblick auf automatisierte Entscheide durch Behörden, auf die wir auch politischen Einfluss nehmen können.
Verschiedene Unternehmen, die KI entwickeln, haben bereits angefangen, Ethikexpertinnen und -experten in diesem Bereich einzustellen. Allerdings dürften aus meiner Sicht auch Unternehmen noch etwas mehr Gewicht auf ethische Grundregeln und Kontrollmechanismen bei der Entwicklung von KI legen.
Der Autor
Matthias Ebneter
ist Rechtsanwalt mit Spezialisierung IT-Recht. Er hat langjährige Erfahrung in den Bereichen geistiges Eigentum, Datenschutz und Vertragsrecht. Heute ist er als Legal Department Manager im Bereich Content & Digitalization bei SAP tätig und leitet ein LegalTech-Team. Ebneter ist Mitglied der Rechtskommission von swissICT. Die Rechtskommission von swissICT berichtet in der Kolumne «Recht & IT» über aktuelle juristische Themen im digitalen Bereich.